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Was ist, wenn man wegen Hochwasser nicht zur Arbeit kann?

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Personalwirtschaft: Herr Hammes, sind Mitarbeitende von ihren Pflichten auf der
Arbeit entbunden, wenn sie nicht zur Arbeit kommen können, weil ihr Weg
überschwemmt ist und kein Arbeiten von zu Hause oder unterwegs möglich ist?

Daniel Hammes: Ja! Niemand kann zu etwas verpflichtet sein, was ihm nicht möglich ist. Kann der Arbeitnehmer also schlicht und ergreifend nicht zur Arbeit kommen, wird er automatisch gesetzlich von seiner Arbeitspflicht entbunden und kann deshalb nicht etwa abgemahnt oder gar gekündigt werden. Zumutbare Umwege muss der Mitarbeiter aber grundsätzlich in Kauf nehmen und hierfür auch so viel Zeit einplanen, dass er trotzdem pünktlich zur Arbeit gelangt. Der Mitarbeiter trägt nämlich das sogenannte „Wegerisiko“. Es liegt also in seiner alleinigen Verantwortung, dass er pünktlich zur Arbeit erscheint.

Hat der Mitarbeitende trotzdem Anspruch auf sein Gehalt?
Ist der Weg zur Arbeit abgeschnitten und kann der Mitarbeiter nicht zur Arbeit gelangen, ist er nicht nur von der Arbeitspflicht entbunden, sondern verliert auch seinen Lohnanspruch. Das ist dann die letzte Konsequenz aus dem beschriebenen „Wegerisiko“ des Arbeitnehmers.

Müssen Arbeitnehmer zur Arbeit kommen, wenn sie evakuiert wurden oder ihr Heim verloren haben und erst einmal Privatangelegenheiten regeln müssen?
Mitarbeiter müssen hier selbstverständlich nicht zur Arbeit kommen, auch wenn ihnen das theoretisch möglich wäre. Die Arbeitspflicht kann nämlich nicht nur entfallen, wenn einem Mitarbeiter das Arbeiten unmöglich ist, sondern auch dann, wenn ihm das nicht zugemutet werden kann, was hier der Fall ist. Arbeitnehmer behalten sogar für einige Tage ihren Lohnanspruch, müssen also keinen Urlaub nehmen. Denn es besteht eine gesetzliche Regel, wonach Arbeitnehmer ihren Lohnanspruch dann nicht verlieren, wenn sie aus einem persönlichen Grund nicht arbeiten können. Eine Flut oder – wie im vorherigen Beispiel – ein abgeschnittener Arbeitsweg stellen zwar keinen persönlichen Grund dar, weil hierdurch große Teile der Allgemeinheit betroffen sind. Die persönliche Betroffenheit entsteht aber dann, wenn der Mitarbeiter sein Heim verloren hat oder evakuiert worden ist. Zu beachten ist jedoch, dass der Anspruch nur für 3 bis 5 Tage besteht und arbeitsvertraglich ausgeschlossen sein kann.

Daniel Hammes ist als Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei FPS tätig. Er berät und
vertritt nationale und internationale Unternehmen in allen Angelegenheiten des Arbeitsrechts. Lesen Sie auch das Interview zum Fernbleiben von Mitarbeitern wegen ehrenamtlicher Tätigkeiten und Unterstützungsaktionen von Unternehmen.

(Der Artikel wurde ursprünglich am 2. August 2021 veröffentlicht und am 4. Juni 2024 aktualisiert.)

Tim Stakenborg war bis Sommer 2024 Redakteur bei der Personalwirtschaft.