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Offenes Ohr haben ja, Privates anhören nein

Folge 10 unserer Tipps für gute Führung: Wie Sie ein offenes Ohr behalten und gleichzeitig Grenzen ziehen, wenn Privates an Sie herangetragen wird.

Mann wehrt mit Hand eine Informationsweitergabe ab
Bild: cineberg/Fotolia.de

Kennen Sie das?

„Als Führungskraft ist es mir wichtig, ein offenes Ohr für meine Mitarbeiter zu haben. Dieses Angebot wird auch angemessen genutzt, aber ein Mitarbeiter gibt sehr persönliche, manchmal etwas zu intime Auskünfte, die mich peinlich berühren. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.“

Das können Sie tun!

Kommunizieren Sie Ihre persönlichen Grenzen. Dabei können Sie zwischen der konfrontativen, der einfühlsamen oder der „Sowohl-als-auch“-Variante wählen.

Vorab: Nehmen Sie die Wertschätzung wahr!

Betrachten Sie es zunächst positiv: Ihre Mitarbeiter sehen in Ihnen eine Person, an die sie sich vertrauensvoll wenden können. Zudem ist positiv zu bemerken, dass Sie bei Gesprächen mit dem „mitteilsamen“ Mitarbeiter Ihre eigenen Grenzen wahrnehmen. Ihre Reaktion, peinlich berührt zu sein, weist darauf hin.

Wenn die Rede von Grenzen ist, dann geht es um persönliche, unsichtbare Grenzen, die von Mensch zu Mensch ganz unterschiedlich gezogen werden können. In diesem Sinne handelt es sich also um eine Art „rote Linie“, die das mentale Hoheitsgebiet eines Menschen markiert. Im Extremfall erweist sie sich als „wunder Punkt“.

Wo eine individuelle Grenze verläuft, hängt von sozialen Normen und Werten der jeweiligen Person ab. Diese Verschiedenheit ist der Grund, warum jeden Tag persönliche Grenzen missachtet werden – nicht aus Böswilligkeit, sondern aus Unwissenheit; sie sind für Außenstehende einfach schwer zu erkennen. Deshalb ist es so wichtig, persönliche Grenzen im Dialog zu erläutern.

Kommunizieren Sie persönliche Grenzen im Einführungsgespräch!

Im Idealfall führen Sie dieses Gespräch, wenn ein neuer Mitarbeiter in Ihre Abteilung eingeführt wird. Weisen Sie bei dieser Gelegenheit darauf hin, was der Neue von Ihnen als Führungskraft erwarten kann und was nicht. Dann wissen alle Beteiligten von vornherein, mit wem sie es zu tun haben und woran sie bei Ihnen sind.

Wählen Sie eine Variante der Abgrenzung!

Da in Ihrem Fall dieser Dialog anscheinend nicht geführt wurde, kommen Sie nicht umhin, bei nächstbester Gelegenheit auf Ihre Grenzen hinzuweisen. Dies dürfte Ihnen leichter fallen, wenn Sie sich sicher sind, für was Sie als Führungskraft stehen und für was nicht. Vor allem dann, wenn Sie sich darüber im Klaren sind, dass ein Nein zu etwas, das Sie nicht wollen, gleichzeitig ein Ja zu dem ist, das Sie wollen. Und sei es „nur“ der Schutz Ihres Schamgefühls.

1. Die konfrontative Variante

Wenn Sie sich abgrenzen wollen, dann ist es für Sie und Ihren Mitarbeiter einfacher, wenn Sie nicht lange um den heißen Brei herumreden. Beginnen Sie Ihre Aussage mit der Kernbotschaft, die da heißt: „Stopp! Das geht mir jetzt zu weit!“. Wenn Ihnen an einer guten Beziehung zu Ihrem Mitarbeiter gelegen ist, können Sie im Anschluss noch eine positive Bemerkung machen, zum Beispiel: „Vielleicht ein andermal, wenn ich mehr Zeit habe.“ Oder: „Das hat nichts mit Ihnen und Ihrer Leistung zu tun, sondern das ist mir einfach zu privat.“ Ein schlichtes Nein ist wesentlich einfacher zu behalten, als all die Ausreden, die Sie sich eventuell ausdenken müssten.

2. Die einfühlsame Variante

Weniger konfrontativ fällt Ihre Grenzziehung aus, wenn es Ihnen gelingt, diese nachvollziehbar zu verpacken, zum Beispiel: „Es schmeichelt mir, dass Sie mir (zum wiederholten Male) Ihr Vertrauen entgegenbringen. Ich kann auch gut nachempfinden, dass Ihre private Situation momentan schwierig ist. Aber ich bitte Sie, dieses Thema außerhalb der Arbeit oder mit einem Kollegen zu besprechen, der Ihnen näher steht. Denn ich glaube nicht, dass ich der geeignete Ansprechpartner für Ihre privaten Sorgen bin. Bitte haben Sie Verständnis.“

3. Die „Sowohl-als-auch“-Variante

Eine dritte Variante der Grenzziehung kann mithilfe eines Zeitlimits erfolgen, innerhalb dessen Sie die (persönlichen) Belange der Person besprechen können, zum Beispiel: „Ich habe nur wenige Minuten Zeit, bitte beschränken Sie sich auf Ihre wichtigste Frage.“

Unabhängig davon, für welche Variante Sie sich entscheiden, anfangs dürfte Ihnen noch flau im Magen sein, wenn Sie sich einem Mitarbeiter gegenüber abgrenzen. Rufen Sie sich in solchen Momenten Ihre Prioritäten in Erinnerung – das macht es leichter. Mit der Zeit werden Sie und auch der Mitarbeiter sich daran gewöhnen. Und bald haben Sie nicht nur mehr Zeit für sich selbst, sondern auch für jene Belange der Mitarbeiter, für die Sie gerne ein offenes Ohr haben.

+++ Dieser Beitrag ist der 10. Teil unser › Serie „Tipps für gute Führung“. Alle 14 Tage gibt es eine neue Folge.+++