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Spontanurlaub ohne Abstimmung kann zur Kündigung führen

Eine Frau steht am Strand vor einem Sonnenuntergang
Auch wenn der Urlaub gratis ist: Ohne Erlaubnis des Arbeitgebers kann die Kündigung folgen.

„Wo scheint die Sonne für so wenig Geld? In Palma, Palma de Mallorca! Urlaub mal zu zwein [sic!], oder ganz allein, Palma de Mallorca lädt uns alle ein.“ Sonnenstrahlen und Lebensfreude springen einem aus fast jeder Zeile des Chris-Wolff-Schlagers von 1987 entgegen. Wer möchte da nicht in den nächsten Flieger steigen und dem Chef einfach eine lange Nase drehen? Genau das machte eine junge Dame mit einem Beruf, der Anglophilen das Herz höherschlagen lässt: Die „Junior Business Excellence Managerin mit Controlling-Tätigkeiten“, die bei ihrem Arbeitgeber in der Abteilung „Online Performance Management“ eingesetzt war, musste den Ausflug in die Sonne aber dann doch teuer bezahlen – mit ihrem Job. Darauf einigte sie sich mit ihrem Arbeitgeber vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf.

Ganz grundlos war der Spontanurlaub nicht: Die Frau absolvierte berufsbegleitend ein Masterstudium „BWL Management“, das sie am Mittwoch, 21. Juni 2017, erfolgreich abschloss. Für die beiden folgenden Tage hatte sie wohlweislich genehmigten Urlaub genommen. Spätestens am Montagmorgen um zehn Uhr hätte sie wieder im Betrieb sein müssen. War sie aber nicht.

Spontanurlaub! Sorry!

Stattdessen lief bei ihrem Vorgesetzten um 12.04 Uhr eine E-Mail mit der Überschrift Spontanurlaub“ ein. Ihr Vater habe sie ob der bestandenen Prüfung mit einem Aufenthalt auf Mallorca überrascht. In der „Euphorie und Eile“ habe sie keine Möglichkeit gehabt, ihre Abwesenheit rechtzeitig in den Outlook-Kalender beziehungsweise das „Employee Self Service“-System einzutragen. Sie entschuldigte sich für die „Überrumpelung“, bat aber gleichzeitig um eine kurze Rückmeldung bezüglich der Abwesenheit bis zum Wochenende.

Ihr Chef reagierte vergleichsweise gefasst: Um 17.02 Uhr antwortete er seiner Mitarbeiterin, dass ihre Anwesenheit aus dringenden betrieblichen Gründen erforderlich sei. Sie könne aber Freitag sowie Montag und Dienstag der folgenden Woche frei nehmen. Dazu bestünde keine Möglichkeit, mailte sie tags darauf um 9.26 Uhr. Sie sei bereits seit dem Wochenende auf der Baleareninsel. Nachdem die Mitarbeiterin weder aus Mallorca zurückkehrte noch am darauffolgenden Montag zur Arbeit erschien, kündigte das Unternehmen ihr nach Anhörung des Betriebsrates mit Schreiben vom 11. Juli fristgerecht zum 31. August. Das Arbeitsgericht (ArbG) Düsseldorf hatte die Kündigungsschutzklage der Urlauberin abgewiesen. Sie habe eigenmächtig nicht genehmigten Urlaub angetreten und damit ihre arbeitsvertraglichen Pflichten bewusst verletzt. Die Verlängerung sei nicht abgesprochen gewesen. Außerdem kam das Gericht nach der Vernehmung des Vorgesetzten zu der Auffassung, dass die Klägerin in der betreffenden Woche tatsächlich am Arbeitsplatz gebraucht wurde: Bis zum Donnerstag hatte ein Bericht für die Finanzabteilung erstellt werden müssen, und ihre Kollegin war von Montag bis Mittwoch auf einer Fortbildung.

Sogar fristlose Kündigung möglich

Das LAG musste in der Berufungsverhandlung letztlich kein Urteil mehr fällen. Die Richter wiesen unter anderem darauf hin, dass eine eigenmächtige Inanspruchnahme von Urlaub sogar eine fristlose Kündigung rechtfertige. Die Klägerin habe spätestens von Dienstag an ernsthaft zu erkennen gegeben, dass sie nicht zur Arbeit kommen wird. Damit habe sie die falschen Prioritäten gesetzt. Die Interessenabwägung falle in Anbetracht der kurzen Beschäftigungsdauer zulasten der Frau aus.

Dieser musste daraufhin klar geworden sein, dass ihre Chancen auf ein für sie positives Urteil schlecht standen. Aufgrund der rechtlichen Hinweise des Gerichts einigten sich beide Parteien auf einen Vergleich: Das Arbeitsverhältnis wurde zum 31. August beendet. Die Klägerin erhielt aber immerhin noch ein Zeugnis sowie eine Abfindung von 4000 Euro. „Arbeitnehmer sollten ihren Urlaub immer vorab mit dem Arbeitgeber abstimmen“, rät Rechtsanwalt Dr. Mario Hoffmann von der Rechtsanwaltsgesellschaft ETL Rechtsanwälte. Insbesondere Verlängerungen eines schon gewährten Urlaubs oder sehr kurzfristige Freistellungen sollten nicht nur mündlich vereinbart oder gar einseitig angekündigt werden, um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden. „Für Arbeitgeber gilt: Bei eigenmächtigem Urlaubsantritt eines Arbeitnehmers ist zu prüfen, ob die Umstände des Falles auch eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen“, so Hoffmann weiter.

David Schahinian arbeitet als freier Journalist und schreibt regelmäßig arbeitsrechtliche Urteilsbesprechungen, Interviews und Fachbeiträge für die Personalwirtschaft.

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