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Betriebsvereinbarung: Mobiles Arbeiten bei Tele Columbus

 

Bürogebäude Tele Columbus AG Berlin.
Das Tele Columbus Bürogebäude in Berlin ist aktuell nur spärlich besetzt. Foto: Tele Columbus AG

Spätestens seit Verabschiedung der neuen
Corona-Arbeitsschutzverordnung Ende Januar, nach der Unternehmen wo immer
möglich das Arbeiten von Zuhause ermöglichen müssen, wird in vielen Unternehmen
fieberhaft an der Umsetzung gearbeitet. Der Glasfasernetzbetreiber Tele
Columbus hat schon lange zuvor begonnen, gemeinsam mit dem Konzernbetriebsrat
an einer Regelung für das Mobile Working zu arbeiten.

Das Ergebnis ist eine Betriebsvereinbarung, die am 1. Januar
2021 in Kraft trat – und nach dem Ende der Corona-Pandemie weitergelten soll. Sie
besagt im Grunde, dass die mehr als 1.200 Beschäftigten bis zur Hälfte ihrer
Arbeitszeit von einem Ort ihrer Wahl aus arbeiten können, sofern sich die
jeweilige Aufgabe dafür eignet.

Remote Work ist bei Tele Columbus zwar keine Neuheit –
Außendienstmitarbeiter waren auch vor der Pandemie schon „Mobile Worker“. „Neu
ist aber die Tatsache, dass es nun ein übergreifendes und zeitlich
unbefristetes Angebot für alle gibt“, ergänzt Andreas Pieczonka, Senior
Director Human Resources bei dem Glasfasernetzbetreiber. Der Anstoß für eine
Betriebsvereinbarung kam laut Pieczonka aus vielen Richtungen: von der
HR-Abteilung, dem Betriebsrat und der Belegschaft.

Remote Work: Ein
Recht des Mitarbeiters?

„Bereits im März des vergangenen Jahres war uns klar, dass
wir für die Mitarbeiter eine Perspektive für Mobiles Arbeiten schaffen müssen“,
erinnert sich der Personalchef. Die Arbeit an der Vereinbarung begann daraufhin
im Mai und zog sich bis November. Unter anderen Umständen würde die
Ausarbeitung solch einer Regelung schneller vorangehen, doch einige
Unklarheiten verzögerten den Prozess. Pieczonka ordnet ein: „Diskussionen gab
es durchaus bei der Frage, ob das Mobile Working auch als ein Recht des
Mitarbeiters gilt.“

Dies hänge mit der noch nicht umgesetzten EU-Richtlinie zur
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zusammen, die die EU-Mitgliedsstaaten
bis August 2022 in nationales Recht umsetzen müssen. Im Oktober des vergangenen
Jahres veröffentlichte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einen
Entwurf für ein Gesetz zur mobilen Arbeit. Dieser wurde aber im Kanzleramt mit
der Begründung gestoppt, dass er in den schwierigen Zeiten der Pandemie eine
Zusatzbelastung für Unternehmen und Arbeitgeber darstelle.

Aufgrund dieser noch unklaren Rechtslage hat man sich bei
Tele Columbus auf die Formulierung geeinigt, dass grundsätzlich ein Recht
besteht, soweit entsprechende Voraussetzungen vorliegen. Inwiefern Mobile
Working dann im Einzelfall sinnvoll ist, werde im Detail zwischen Arbeits- und
Führungskraft geklärt. Schlussendlich stelle die Vereinbarung also nur einen
Rahmen dar, der nicht zu detailliert ist, um Individualvereinbarungen möglich
zu machen.

Keine Einigung mit
Betriebsrat bei Wella

Dass solch eine Einigung und Zusammenarbeit mit dem
Betriebsrat gar nicht so selbstverständlich ist, zeigt das Beispiel des Kosmetikunternehmens
Wella. Die Leitung des Werks nahe Darmstadt wollte im ersten Lockdown im
vergangenen Frühjahr für rund 60 Beschäftigte aus der Verwaltung und der IT Mobiles Arbeiten ermöglichen. Doch der Betriebsrat ging in zwei
Eilentscheidungen gerichtlich dagegen vor, da er die „einseitige Ein- und
Durchführung durch den Arbeitgeber“ beanstandet, wie es in einem Artikel der
„F.A.Z.“ heißt.

Für das Landesarbeitsgericht Hessen ist die Einführung des Mobilen
Arbeitens aber nicht mitbestimmungspflichtig, sodass der Betriebsrat in allen
gerichtlichen Verfahren unterliegt. Der Betriebsrat trete allerdings erst in
Verhandlungen, wenn der Arbeitgeber nicht weiter an seiner einseitigen
Verfahrensweise festhalte – eine Lösung
wurde also auch im zweiten Lockdown noch nicht gefunden. Nichtsdestotrotz
arbeiten nach Angaben von Wella derzeit rund 60 Beschäftigte mobil.

Unternehmen hängen an
der Präsenzkultur

In vielen Fällen dürften die „Bremser“ allerdings auf
Unternehmensseite zu finden sein. Eine Befragung des Instituts der deutschen
Wirtschaft im vierten Quartal 2020 zeigt, dass sich das Homeoffice für viele
Unternehmen nicht langfristig durchgesetzt hat: Zwei Drittel der Unternehmen
haben nicht vor, nach der Corona-Krise mehr Beschäftigten Homeoffice zu
ermöglichen.

Portrait Andreas Pieczonka.
Andreas Pieczonka, Senior Director Human Resources bei Tele Columbus. Foto: Andreas Pieczonka

Als Vermutung, weshalb andere Unternehmen noch mit einer
zeitlich uneingeschränkten Betriebsvereinbarung zögern, äußert Tele-Columbus-HR-Chef
Andreas Pieczonka: „Diejenigen, die diesen Schritt nicht wagen, befürchten wahrscheinlich
den Kontrollverlust der Führungskräfte.“ Es bestehe womöglich nicht genügend
Vertrauen in das Funktionieren der Organisation.

Aber wird das Angebot, von zu Hause oder unterwegs zu
arbeiten, auch angenommen? Aufgrund der bisherigen Erfahrungen und aufgrund der
Stimmen aus der Belegschaft schätzt Andreas Pieczonka, dass 50 bis 60 Prozent
langfristig von dem Angebot Gebrauch machen werden. In der aktuellen Lage befindet
sich der Großteil der Mitarbeiter sogar vollständig im Homeoffice. Bei
Angestellten mit technischen Tätigkeiten sei Mobile Working aber zum Beispiel
schwer umzusetzen.