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Im Herbst 2020 waren in den 200 umsatzstärksten Unternehmen hierzulande von insgesamt 878 Vorstandsposten 101 mit Frauen besetzt – das entspricht einem Anteil von rund zwölf Prozent. Gegenüber 2019 ist die Zahl der Vorständinnen um sieben angestiegen; das ist nur eine Zunahme von einem Prozent, nachdem die Entwicklung im Vorjahr noch dynamischer verlaufen war. In den DAX-30-Firmen gab es letztes Jahr gar keinen weiblichen Zuwachs in den Vorständen. In den Aufsichtsräten der größten Unternehmen hingegen lag der Frauenanteil im Herbst bereits bei etwa 36 Prozent. Für das Managerinnen-Barometer hat das DIW mehr als 500 Unternehmen analysiert.
In Aufsichtsräten wirken verbindliche Vorgaben
Der deutlich höhere Frauenanteil in Aufsichtsräten zeigt laut DIW, dass die dort seit 2015 gesetzlich vorgeschriebene Quote von 30 Prozent wirke, die bereits 2017 erreicht wurde – das heißt, verbindliche Vorgaben wirkten. Allerdings bleibe abzuwarten, ob eine Mindestbeteiligung für Vorstände eine ähnliche Entwicklung anstoßen könne. Katharina Wrohlich, eine der Studienautorinnen und Leiterin der Forschungsgruppe Gender Economics in der Abteilung Staat am DIW Berlin, gibt zu bedenken, dass der Pool an möglichen weiblichen Vorständen deutlich geringer sei als der an potenziellen Aufsichtsrätinnen. Der Grund sei, dass Vorstände zumeist über langjährige Managementerfahrungen verfügten und aus der Hierarchieebene direkt unterhalb des Vorstands rekrutiert würden – und damit genau dort, wo Frauen deutlich unterrepräsentiert seien.
Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen als Lösung?
Zu einer Erhöhung des weiblichen Anteils in Vorständen könnte die Mindestbeteiligung von Frauen beitragen, die Anfang des Jahres vom Bundeskabinett beschlossen wurde, so die Analyse. Falls der Bundestag das Gesetz verabschieden sollte, gälte es für 74 Unternehmen, von denen rund 30 noch nicht die Vorgabe von mindestens einer Frau in Vorständen ab vier Mitgliedern erfüllen. Damit könnte der Anteil der Vorständinnen in den betreffenden Firmen von etwa 13 auf 21 Prozent steigen.
Diskussionen in gemischten Gremien sind umfassender und facettenreicher
Nach Ansicht von Wrohlich wirkt sich mehr Geschlechterdiversität im Unternehmen meistens äußerst positiv aus. Das bestätige auch ein Forschungsprojekt der Freien Universität Berlin. Dafür befragte Anja Kirsch, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Professur für Personalpolitik, die gemeinsam mit Wrohlich die Auswertung durchgeführt hat, je 30 Frauen und Männern mit Aufsichtsratsmandaten in 75 börsennotierten Unternehmen. Die Interviewten gaben an, dass sie die Interaktion in einem gemischten Kontrollgremium als freundlicher, höflicher und wertschätzender empfinden. Diskussionen würden umfassender und facettenreicher geführt.
Frauen hinterfragen offenbar eher Vorschläge und Entscheidungen des Vorstands und fordern öfter zusätzliche Informationen. Geschlechterdiversität in Aufsichtsräten kann also dazu beitragen, Vorstände effektiver zu kontrollieren,
so Kirsch. Dass sich Frauen auf Aufsichtsratsposten durch besonders risikoscheue, altruistische und ethische Beiträge auszeichnen, wie zum Teil angenommen, habe die Befragung hingegen nicht bestätigt, so die Studie.
Weitere Informationen zum Managerinnen-Barometer stehen > hier als Download zur Verfügung.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.