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IW-Chef Hüther: Kein Anlass für Corona-Testpflicht

Michael Hüther, IW
IW-Direktor Michael Hüther hält eine Verpflichtung der Unternehmen, ihre Mitarbeiter auf Corona zu testen, für kontraproduktiv. Foto: IW

UPDATE 14. April 2021: Das Bundeskabinett hat am 13. April eine Corona-Testpflicht beziehungsweise eine Angebotspflicht beschlossen.

Mehrfach wurde in den vergangenen Wochen diskutiert, ob Betriebe dazu verpflichtet werden sollten, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern kostenlose Corona-Tests anzubieten. Neben einigen Politikern fordern auch Gewerkschaften eine solche Regelung. Michael Hüther, Direktor des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), sieht darin keinen Sinn.

Fast die Hälfte der Betriebe testet freiwillig oder plant dies in Kürze

Bislang testet hierzulande rund jeder fünfte Betrieb (19 Prozent) seine Beschäftigten auf Corona. Fast drei von zehn Arbeitgebern (28 Prozent) planen, dies in Kürze zu tun. Bei knapp einem Viertel der Unternehmen, die nicht testen, arbeiten die Mitarbeiter wiederum komplett im Homeoffice. Weitere neun Prozent der Betriebe sind vom Lockdown betroffen und geschlossen. Das geht aus einer aktuellen Befragung des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) hervor, an der sich im März über die Industrie-und Handelskammern 8.000 Unternehmen aller Branchen und Regionen beteiligt haben.

Testpflicht geht an der Realität vieler Unternehmen vorbei

Einigen Poltikern ist das zu wenig, sie fordern eine gesetzliche Testpflicht für Betriebe – die ursprünglich auch geplant war. Vonseiten vieler Unternehmen hingegen wurde Protest gegen eine solche verbindliche Vorgabe laut. Auch IW-Direktor Michael Hüther spricht sich gegen eine Verpflichtung aus. Da bereits fast die Hälfte der Betriebe testen oder bald damit beginnen wollen, hätten sich die Unternehmen längst selbst verpflichtet, regelmäßig zu testen. Bei den großen Unternehmen liege die Quote laut der DIHK-Befragung zudem schon bei 80 Prozent. Für die Betriebe, die Homeoffice angeordnet oder geschlossen haben, gebe es keine Grundlage für eine Testpflicht. Ein solches Vorhaben gehe vielmehr an der Realität vieler Unternehmen vorbei. Abgesehen davon gestalte sich das Testen aus betrieblicher Sicht schwierig, so Hüther: Von den Unternehmen, die in Kürze testen wollen, hätten 43 Prozent Beschaffungsprobleme und 39 Prozent fehlten Informationen zum Umgang mit den Tests.

Anstatt die Unternehmen zu Beteiligten zu machen, indem man die Teststrategie gerade für kleinere Betriebe gemeinsam entwickelt, wird nur gedroht,

kritisiert Hüther.

Plädoyer für mehr Augenmaß und Miteinander statt Misstrauen

Er bezeichnet eine Testpflicht aktuell als pauschale Misstrauenserklärung der Politik an die Wirtschaft. Es sei an der Zeit, zu Augenmaß und einem Miteinander zurückzukehren. In diesem Zusammenhang wendet sich der IW-Direktor auch gegen eine Homeoffice-Pflicht, die ebenfalls diskutiert wird. Sie gehe an der Sache vorbei, denn Unternehmen müssten in ihren Büros schließlich die Covid19-Arbeitsschutzregeln einhalten, außerdem berge eine Anfahrt der Mitarbeiter mit dem PKW oder Fahrrad kein nennenswertes Ansteckungsrisiko. Hüther warnt überdies davor, dass durch die Arbeit von zuhause aus längerfristig auch die Unternehmenskultur sowie die Geschäftskontakte leiden könnten.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.