Leadership:
Wenn man nicht weiß, wo lang

Wer sich auf die Suche nach Weiterbildungsangeboten für seine leitenden Angestellten macht, stößt auch auf neue Anbieter mit innovativen Ansätzen. Wir stellen drei in einer Multimedia-Story vor.

28.03.2023 von Gesine Wagner

Round Table Outsourcing: Volle Auftragsbücher trotz Krise

18. Dezember 2024 von Ulli Pesch

Eine kriselnde Wirtschaft, der Fachkräftemangel (nicht nur, aber auch) im Payroll Segment und die Revolution der Künstlichen Intelligenz. Beim diesjährigen Round Table Outsourcing hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einige dicke Themenbretter vor sich. 

Was unternehmen Outsourcing-Dienstleister, um sich gegen den Fachkräftemangel in den eigenen Reihen zu wappnen? Noch vorhandene Unsicherheiten beim Thema Cloud beschäftigen nach wie vor die Outsourcer-Welt. Ist die Cloud wirklich alternativlos? Und seit GenAI die KI-Welt beherrscht und alle in den Bann gezogen hat, geht es auch um deren Einsatz im Outsourcing-Business, speziell bei der Payroll. Wie wirken sich hier die einschlägigen Datenschutzbestimmungen aus?

Vielschichtiges Zusammenspiel verschiedener Faktoren

Digitale Transformation ist längst kein Buzzword mehr. Auch wenn es Jahre dauerte, bis die Digitalisierung, die vor allem die Anpassung von Prozessen an eine zunehmend digitalisierte Unternehmenswelt bedeutet, richtig an Schub gewinnen konnte. Das hält das Geschäft der Outsourcer seit Jahren in Schwung und beschert ihnen nach wie vor volle Auftragsbücher. Alexander Marzen ist Senior Director & Head of Operations, Germany, bei der ADP Employer Services GmbH. Nach seiner Ansicht sind es vor allem zwei Ursachen, die die aktuell gute Geschäftslage im Outsourcing-Markt begünstigen. „Nach meiner Einschätzung muss man zur Bewertung der aktuell guten  Geschäftslage im Bereich HR-Outsourcing die gegen wärtig angespannte gesamtwirtschaftliche Situation berücksichtigen“, meint Marzen. „Der zurzeit überall spürbare Kostendruck macht weder vor den Unternehmen noch vor deren Kunden halt.“ Der könne seiner Ansicht nach tatsächlich ein Motiv für den zurzeit hohen Outsourcing-Bedarf erklären. Auch HR spüre diesen Kostendruck – flexibles, kostengünstiges Outsourcing kann eine mögliche Lösung sein. Generell sei gerade viel Bewegung, auch Unruhe, im Markt. Anbieter verlagerten ihr Angebot zunehmend in die Cloud. Mit ein Grund, warum sich Kunden nach Alternativen umschauten. Gleichzeitig verweist Marzen – neben steigenden Compliance- und Datensicherheitsanforderungen – auf die angespannte Situation bei Fachkräften, die sich für die Kunden durch den Schritt ins Outsourcing erheblich entspannen würde. „Outsourcing ist für Unternehmen strategisch und perspektivisch sinnvoll, um interne Abhängigkeiten und Aufwände zu reduzieren.“

„Man merkt deutlich, dass die Anfragen, generell die Nachfragen nach Payroll-Outsourcing, stark gestiegen sind“, kommentiert Sebastian Vornweg, Vertriebsleiter der VRG GmbH, die aktuelle Marktlage im HR-Outsourcing. Er führt dies vor allem auf die notwendige Digitalisierung zurück, die nun auch bei KMUs angekommen sei. Kunden würden sich verstärkt mit Change Management auseinandersetzen, ihr Unternehmen auf den Kulturwandel vorbereiten und entsprechend Mitarbeitende ausbilden und schulen. Um sich auf diese wertschöpfenden Themen konzentrieren zu können und entsprechende Kapazitäten aufzubauen, überlegten deshalb viele Kunden verstärkt, aufwendige Kernprozesse wie etwa Payroll auszulagern. Vornweg: „Damit verbunden erwarten Kunden verstärkt Flexibilität bei Serviceleistungen und eine gewisse HR-Empathie, sodass wir sozusagen als verlängerter Arm der bestehenden HR-Abteilung fungieren. Beispielsweise übernimmt die VRG auch fertig eingerichtete SAP-Kundensysteme – gegebenenfalls auch von Drittanbietern –, die wir dann betreuen und den Abrechnungsservice nach Kundenvorgaben durchführen.“

Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Gründe für das nach wie vor gute HR-Outsourcing-Geschäft basieren auf dem komplexen Zusammenspiel einer Reihe unterschiedlicher Faktoren.
  2. Payroll-Outsourcing ist das Hauptgeschäft der Teilnehmer der Runde. Es ist nicht nur geprägt von großen Herausfor derungen und hoher Komple xität, sondern auch von vielen Veränderungen. Der Mangel an Fachkräften, der auch Outsourcer betrifft, ist eine Hauptursache für die Auslagerung von Prozessen. Outsourcer steuern durch eigene Qualifizierungen gegen.
  3. Alles wird sich verändern: KI wird zum Gamechanger im Outsourcing-Geschäft – sowohl für die Kunden als auch für die Outsourcer-Branche.
  4. Das On-Premise-Geschäft und das Hosting in Rechenzentren (ASP) wird trotz des boomenden Cloud-Geschäfts noch länger die bevorzugte Wahl für viele Unter nehmen bleiben
  5. Selbst wenn KI erheblichen Nutzen aus der Fülle verfügbarer Personaldaten schaffen kann, hat Datenschutz nach wie vor oberste Priorität.

„Der Einsatz von KI, Fachkräftemangel, steigende Komplexität und der Kostendruck werden den HR-Outsourcing-Markt in den
nächsten Jahren signifikant verändern.“

 Thomas Walther, SD Worx

 Platzhirsch Payroll

Mittlerweile hat Entgeltabrechnung eine so hohe Komplexität erreicht, dass viele Unternehmen sowohl den Aufwand scheuen als auch Bedenken haben, Feh ler zu machen. Hinzu kommt eine gewisse Sorge vor einer zu großen Abhängigkeit vom Softwarehersteller, der die Payroll-Lösung zur Verfügung stellt. Auch der Fachkräftemangel spielt im Payroll-Outsour cing eine nicht unerhebliche Rolle: Seit Jahren ent steht vor allem durch Verrentung bei den Kunden ein Brain-Drain, der sich kaum kompensieren lässt. Und: Der Lohn- und Entgeltabrechner ist weder ein Ausbildungsberuf, noch ist er für die meisten, die neu in ein Unternehmen einsteigen, eine Wunschkarriere. „Die angespannte Situation bei den Kunden gibt uns natürlich einen starken Boost, was das Geschäft im Payroll-Outsourcing angeht“, sagt Marianne Gause, Leiterin Sales und Client Management Payroll bei SPS. Die Kunden klagten über viel zu wenige Leute, die sie aber dringend bräuchten, um den digitalen Wandel zu stemmen. „Das zwingt die Kunden fast unausweichlich dazu, die Lohn- und Gehaltsabrechnung auszulagern.“

„Die KI ist der bessere Lohnbuchhalter, schneller, schlauer und fehlerfrei. Sinnvoll eingesetzte KI kann 80 Prozent Kosten sparen, das ist längst bewiesen“

 Martin Pitzl, Infoniqa

 Fachkräfte – die Payroll-Achillesferse

Allerdings spüren auch die Dienstleister den Fachkräftemangel. Deshalb lassen sich die Outsourcer eine Menge einfallen, um ihren ständigen Bedarf zu decken. Wenn es um die Beschaffung von Fachkräften geht, hat laut Thomas Walther, Sales Director bei SD Worx Germany, jedes Unternehmen seine eigene Philosophie und Vorgehensweise. „SD Worx hat bereits vor Jahren damit begonnen, Hubs im Ausland aufzubauen, um die lokale Beschaffung von Mitarbeitern zu ergänzen. Diese werden zum Beispiel sehr erfolgreich in Backoffice-Prozessen, aber auch im Support für Kunden eingesetzt.“

Nicht zuletzt sei es wichtig, dass die Outsourcing-Kunden in ihrer jeweiligen Landessprache bedient würden. „Aufgrund der eingesetzten Technik ist es für die Kunden meist nicht relevant, von wo aus sie ihren Service erhalten. Wichtig ist die Einhaltung der Datenschutzgrundverordnung, Fachwissen und Erreichbarkeit.“

Schwieriger sei die Integration der Mitarbeitenden in virtuelle, internationale Teams, so Walther. „Das ist wirklich eine Herausforderung, und dafür müssen wir viel Zeit und Energie investieren. Wir wollen ja auch, dass die Mitarbeiter an den Hub-Standorten das Unternehmen nicht so schnell wieder verlassen. Wir arbeiten darum an Strategien, die Mitarbeiter fachlich zu entwickeln und ihnen darüber hinaus mittel- und langfristige Entwicklungsperspektiven zu bieten.“ „Wir haben vor drei Jahren eine eigene Akademie für unsere Mitarbeitenden aufgebaut, in der wir sie gezielt in der Entgeltabrechnung, die ja kein Ausbildungsberuf ist, selbst ausbilden und weiterentwickeln“, erzählt Sebastian Vornweg zu den Bemühungen, das Thema Fachkräftemangel besser in den Griff zu bekommen. „Wir bilden dort auch Junior SAP-Berater in diesem Bereich aus. Mitarbeitende, die das Metier sozusagen von der Pike auf lernen, sich entfalten und dabei Freiräume gestalten können, schaffen einen ganz anderen Mehrwert und Mitarbeiterbindung für ein Unternehmen als eingekaufte Fachkräfte.“

Das sei damals eine aus der Not geborene Maßnahme gewesen, um entsprechende Fachkräfte dort aufzubauen, wo sie benötigt werden. „Dass es eine gewisse Fluktuation gibt, ist aber normal. Genauso, wie schon mal irgendjemand in ein anderes Unternehmen wechselt, kommen aber auch neue Fachkräfte zu uns.“

„Outsourcing ist für Unternehmen strategisch und perspektivisch sinnvoll, um interne Abhängigkeiten
und Aufwände zu reduzieren“

Alexander Marzen, ADP

KI verändert das Geschäft grundlegend

Bei der Umsetzung komplexer Payroll-Outsourcing-Projekte lässt sich immer wieder feststellen, dass Kunden sich mit den unterschiedlichsten Anforderungen an die Outsourcer wenden, sind sich die Expertinnen und Experten einig. Um Prozesse zu vereinfachen und zu beschleunigen, macht deshalb Standardisierung und der Einsatz von klugen Workflows und nicht zuletzt auch der effiziente Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) Sinn.

Auch Martin Pitzl, Sales Director bei Infoniqa, favorisiert diesen Ansatz: „Wir sitzen alle im gleichen Boot. Als meinungsbildende Unternehmen müssen wir in der Lage sein, unsere Kunden von mehr Einfachheit zu überzeugen – sozusagen ,Raus aus der Komplexität, hin zur Standardisierung.“ Standardisierung sei unter anderem auch der Schlüssel zur Digitalisierung, weiß Pitzl. „Hinzu kommt der Einsatz einer KI, welche heute bereits in der Lage ist, beispielsweise Millionen Abrechnungen in Sekunden zu analysieren und daraus Schlüsse zu ziehen.“ Ein Ziel des KI-Einsatzes könnte sein, die komplexen Einstellungen und Parametersets unterschiedlicher Payroll-Engines so zu interpretieren und zu analysieren, dass es letztendlich kaum mehr Beratungsleistungen bei einem Umstieg zu einer an deren Payroll braucht, so Pitzl. Für die User Journey der Anwender, die sich ihre Abrechnung im Self Ser vice Portal abrufen, sei es sowieso völlig unerheblich, welche Payroll-Lösung die Abrechnung durchführt.

Er erläutert, wie man über KI unterschiedliche Pay roll-Engines, die bei Infoniqa im Einsatz sind, mit demselben digitalen Datensatz, in diesem Fall einem Lohnarten-Journal, gefüttert habe. Dabei habe die KI diese selbsttätig auf die einzelnen Lösungen angepasst. Laut Pitzl waren die Ergebnisse zwischen den einzelnen Engines nach einem Payroll-Lauf erstaunlich identisch, ohne dass irgendjemand eine Lohnart manuell angelegt habe. „Das bedeutet, die Interpretation einer Software (KI) ist genauer. Die Interpretation beziehungsweise die Beschreibung eines Menschen, der die nötigen Einstellungen einer Payroll-Software selbst durchführt. Und die daraus resultierenden Einstellungen sind im Vergleich fehlerhafter als das Ergebnis einer KI.“ Das habe immense Auswirkungen auf ihr Geschäft. Deshalb brauche man künftig mit den Kunden auch keine Diskussion mehr zu führen, welche Payroll-Engine letztendlich abrechnet.

„Ich glaube nicht, dass das noch drei Jahre dauert“, wirft Alexander Marzen ein. „Wir sind bereits mitten drin in diesem Wandel.“ Das werde sich seiner Ansicht nach auf mindestens zwei Ebenen auswirken: „Auf der einen Seite geht es darum, was wir unseren Kunden dadurch mehr bieten können. Und zweitens wollen wir uns selbst und unseren Mitarbeitenden damit das Leben einfacher machen können. Betrachtet man, seit wann das Thema überhaupt präsent ist und was seit zwei Jahren daraus entstanden ist, dann bin ich davon überzeugt, dass es keine drei Jahre mehr dauert, bis sich zum Beispiel das Berufsbild des Lohn- und Gehalts-Abrechners dadurch verändern wird. Ich denke, der wird schon in zwei Jahren nicht mehr das machen, was er heute macht.“

„Payroll-Outsourcing-Kunden fordern zunehmend flexible Services und HR-Empathie

 Sebastian Vornweg, VRG

 Immer mehr Neukunden fragen nach KI

Im Hinblick auf das Thema KI werde ADP als Softwarehersteller insbesondere von Neukunden immer häufiger danach gefragt, wie das Unternehmen im Bereich KI aufgestellt ist. Und wie KI-Technologie Bestandteil in deren Produkt sei. „Dann ist natürlich der Schritt zur Lohn- und Gehaltsabrechnung nicht mehr weit“, so Marzen. „Wir benutzen unsere Software ja selbst, um unsere Dienstleistungen mit KI noch intelligenter zu machen. Das ist ein unaufhaltsamer Prozess, der ebenso sowohl die Technologie- als auch die Softwareanbieter dazu zwingt, sich in diese Richtung zu bewegen.“ Marzen ist überzeugt, dass wenn KI mehr in der Breite verfügbar sein werde, sich gegebenenfalls weniger Mitarbeiter um die Payroll kümmern müssen und neue Aufgaben übernehmen könnten. Allerdings schränkt er ein: „Es wird immer eine Koexistenz sein. KI wird eine Unterstützung sein bei Prozessgenauigkeit und Effizienzgewinn. Den Menschen ersetzen wird sie in der Entgeltabrechnung nicht.“

Auch für Thomas Walther ist Standardisierung der erste Schritt in Richtung Automatisierung und damit auch für den Einsatz von KI. „Dem Zeithorizont von drei Jahren stimme ich zu“, ergänzt er. „Dann brauchen die Kunden noch Zeit, um auf die neue Lösung zu migrieren. Die Technik wird dann so weit sein, dass ein neuer Kunde schon sehr viele Automatismen nutzen kann.“ Man habe intern bereits geprüft, was an KI in einer neuen Payroll-Engine, die man in Kürze auf den Markt bringen werde, umsetzbar sei, so Walther. „Und dann kam mir die Idee, dass man die Engine doch eigentlich auch sprachsteuern könnte. Warum muss man denn eine Maske per Maus aufrufen, wenn man dasselbe per Sprachsteuerung machen kann?“

Marianne Gause zweifelt daran, dass sich die Aufgaben des Payrollers wirklich in den nächsten wenigen Jahren durch den Einsatz von KI stark verändern werden. „Der Hype um KI ist zwar enorm, doch man sollte nicht vergessen, dass die allermeisten Unternehmen ihre Abrechnungen noch selbst erledigen“, meint sie. „Und ob jede Firma in zwei oder drei Jahren diese Entwicklung so weit mitgegangen ist, dass sich der Beruf des Lohn- und Gehaltsabrechners so grundlegend verändert, das glaube ich nicht. Grundsätzlich bin ich dabei, wenn es um die Outsourcer selbst geht. Aber dass sich das Berufsbild per se bis dahin schon geändert hat, das kann ich mir nicht vorstellen.“

On Premise und ASP – Totgesagte leben länger

Mittlerweile ist zwar die Cloud der meistgenutzte Standard für Unternehmensapplikationen. Doch es gibt nach wie vor eine Vielzahl von Legacy-Lösungen, alten ERP- und HR-Systemen, die in der Regel inhouse betrieben werden. „Die kann man nur retten, wenn man dafür Hosting, also ASP, anbietet“, meint Martin Pitzl. „Das ist natürlich keine Cloud oder Software-as a-Service-Lösung. Doch man sollte den Kunden das Gefühl geben, beweglich zu bleiben und trotzdem die Vorteile moderner IT-Architektur nutzen zu können, indem man ihnen anbietet, die Software in einem Rechenzentrum mit den passenden Services rundherum zu betreiben. Kunden sprechen uns – beispielsweise im Rahmen von Payroll-Umstellungen – darauf an, wenn dort jemand ausscheidet und Wissen mitnimmt, ob wir übernehmen können.“

Welche IT-Infrastruktur, ob On Premise, ASP oder Cloud, ein Unternehmen oder eine Organisation bevorzugt, hängt auch von der Branche ab. On Premise HR-Lösungen sind laut Thomas Walther noch häufiger im öffentlichen Bereich zu finden. „Unterhält man sich insbesondere mit größeren Kunden in diesem Umfeld, fällt auf, dass dort tatsächlich noch mehrheitlich In house-Installationen bevorzugt werden“, sagt Walther. „Sehr große Organisationen, beispielsweise Sozialverbände, verfügen oft noch über eigene Rechenzentren, die sie als IT-Infrastruktur nach wie vor gegenüber der Cloud bevorzugen.“ Er vermutet, dass ein Generationswechsel in den Führungsetagen, der die Vorteile der Cloud neu bewertet, zu einem Umdenken in Richtung Cloud führen wird.

Sebastian Vornweg sieht auch bei Organisationen in der Sozialwirtschaft, etwa bei karitativen Verbänden oder Einrichtungen sowie im Gesundheitssektor, die bisher Inhouse-Lösungen betreiben, eine klare Öffnung hin zur Cloud. Dabei würden diese dazu tendieren, die gleiche Lösung, die sie zuvor On Premise lizenzierten, nun in einer Private Cloud als SaaS betreiben zu wollen. Er fügt hinzu: „Ich würde auch sagen, dass On Premise noch nicht tot ist. Für SAP sehe ich das so. Für die an deren Varianten nicht.“

„Wer über die Cloud spricht, sollte zwischen der Cloud in einem Rechenzentrum, so wie es der eine oder andere hier in der Runde anbietet, und einer Cloud in der Hyperscaler-Welt einer SAP unterscheiden“, argumentiert Marianne Gause. Sie erkennt vor allem bei großen Unternehmen Skepsis, sich in eine Abhängigkeit von SAP zu begeben, deren vollständige Auswirkungen sich noch nicht endgültig abschätzen lassen.

Den Kunden ein klassisches Hosting in einem Partner-Rechenzentrum oder in einem eigenen anzubieten, hält sie für eine gute Alternative: „Das ist absolut nicht out, und ich glaube, das wird auch noch ein paar Jahre so gehen. Es wird noch viel passieren, bis es zur Cloud keine Alternative mehr gibt.“ Bis dahin, so Outsourcing-Expertin Marianne Gause, wolle man den Kunden auf jeden Fall noch Wahlmöglichkeiten bieten. „Die Tür machen wir auf gar keinen Fall zu.“

„Die angespannte Situation bei den Kunden gibt uns einen starken Boost, was das Geschäft im Payroll-Outsourcing angeht.“

Marianne Gause, SPS

Gold des digitalen Zeitalters nutzen

Wer über die Vorteile von KI spricht und über deren enorme analytische Leistungsfähigkeit, kann das nicht ohne Berücksichtigung der aktuellen Datenschutz-Debatte tun. Denn eine der zentralen Fertigkeiten der KI ist der Umgang und die Analyse großer Mengen von Daten, die weit über das, was Menschen leisten können, hinausgeht. Allerdings: Die einschlägigen Verordnun gen und Gesetze zum Schutz von Daten, insbesondere von personenrelevanten Daten, namentlich der DSGVO und dem EU AI-Act, setzen enge Grenzen. Ungeachtet gesetzlicher Bestimmungen kann das, insbesondere in Situationen, in denen Wettbewerber ein und denselben Outsourcing-Dienstleister in Anspruch nehmen, zu skurrilen Situationen führen. Martin Pitzl berichtet in diesem Zusammenhang von Kunden im Bankensektor, bei denen zum Beispiel die Prozesse nahezu identisch sind. Aus einer für ihn unbegründeten Angst der Kunden, sich nicht in die Karten schauen zu lassen, würden sie die Anschaffung identischer Software, wie die des Wettbewerbers zur Auslagerung derselben Prozesse, zum Teil kategorisch ablehnen. „Bei einer Zusammenarbeit in diesem Bereich wären die Erkenntnisse und Vorteile, die alle daraus ziehen könnten, allerdings enorm“, so Pitzl. „Sie könnten sich unfassbar viel Geld sparen, wenn sie sozusagen über Copy and Paste ihre gleichen Prozesse in der Software übernehmen würden.“

Geht es um Datenmissbrauch, relativiert Martin Pitzl die Diskussion darüber bei Payroll-Daten ein wenig. Er hält andere Bereiche für schutzwürdiger. „Da geht es zum Beispiel um Banking-Software, die wir alle benutzen. Keine Frage, Payroll-Daten sind auf jeden Fall schutzwürdig“, sagt Pitzl. „Aber mir bereitet es mehr Sorgen, dass Versicherungs-, Bank- und Gesundheitsdaten missbraucht werden könnten, als zu wissen, wer eine Tariferhöhung erhält.“ „Ähnliche Erkenntnisse haben wir auch gemacht“, bestätigt Sebastian Vornweg die Erläuterungen seines Gesprächskollegen Martin Pitzl. „Es kamen schon Interessenten zu uns, die uns zuerst fragten, ob ein Wettbewerber in unserem Rechenzentrum gehostet werde. Wenn dem so war, gingen sie eher zu einem unserer Wettbewerber.“ „Das ist eigentlich, wie Du sagst, Martin, nicht nachvollziehbar, denn die würden tatsächlich beide aufgrund erheblicher Synergieeffekte massiv voneinander profitieren. Ich denke, das ist ein Kulturthema und eine Generationenfrage und dass sich das langsam in den Köpfen vor allem der jüngeren Menschen ändert.“

Sensible Daten schützen

Um dennoch Payroll-Daten für Auswertungen nutzen zu können, arbeitet man bei VRG mit Templates. Vornweg: „Diese VRG-Templates enthalten für gewisse Branchen fest entwickelte Standards, die Unternehmen für anonymisierte Berechnungen nutzen können.“ Auch für Vornweg sind Bankdaten eher sensibler und kritischere Daten als Payroll-Daten. „Ich würde jetzt auch nicht jedem meine Bankdaten zur Verfügung stellen wollen. Die müssen auf jeden Fall sicher sein.“

„Ich denke, wir sind uns innerhalb dieser Runde einig, dass wir die verfügbaren Daten vielseitig nutzen könnten“, ergänzt Alexander Marzen. „Schließlich sind Daten sowas wie das neue Gold des digitalen Zeitalters.“ Zwar sage man den Deutschen gerne nach, dass sie im internationalen Vergleich im Umgang mit Daten viel zurückhaltender seien, so Marzen. Und das könne nach seiner Ansicht möglicherweise ein Hemmschuh für neue Ideen in der Datenauswertung sein. Für ihn gilt jedoch: „Ich begrüße es aber grundsätzlich, dass es für die Nutzung insbesondere sensibler Daten Regelwerke wie die DSGVO und ein EU KI-Gesetz gibt, um einheitliche Spielregeln für alle Beteiligten zu haben. Ich möchte nicht, dass meine persönlichen Daten und viel weniger noch die sensitiven Informationen, die uns unsere Kunden anvertrauen, irgendwo für Unbefugte zugänglich sind.“ Selbst wenn das möglicherweise den Spielraum für kreative Ideen etwas einschränke, so Marzen.

Um das berechtigte Schutzbedürfnis dieser Daten sicherzustellen, betreibe ADP einen nicht unerheblichen Aufwand. Er sei froh, dass das in Europa reguliert sei. „Ich meine aber, man sollte ein ausgewogenes Maß an Regulierung finden. Wir sollten den Fortschritt nicht so weit regulieren, dass wir ihn komplett ausbremsen.“

Noch näher an den Kunden

Insgesamt wollen sich die Expertinnen und Experten der Runde künftig noch stärker an den Kunden zu nähern, um deren Bedürfnisse noch besser zu verstehen. Gleichzeitig wünschen sie sich von HR, die nach Ihrer Ansicht grundsätzlich mehr Wertschätzung verdienen, dass sie künftig mehr Mut und Kreativität zeigen, Neues auszuprobieren. Und HR sollte sich auch stärker als Services Provider innerhalb des Unternehmens positionieren. Weil bisher erst 20 bis 30 Prozent der Unternehmen den Weg ins Outsourcing gewählt haben, werden die Auftragsbücher der Outsourcer wahrscheinlich noch lange gefüllt bleiben.

Fotocredits (in absteigender Reihenfolge: stock.adobe.com_Business Pics, SD Worx, Infoniqa, Michael Ihle, VRG, SPS Germany GmbH)