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SAP verabschiedet sich von Frauenquote

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UPDATE, 13. Mai 2025 (20 Uhr):

In einem ihrer seltenen Interviews rechtfertig SAP-Personalvorständin Gina Vargiu-Breuer das Vorgehen. „Wir sind keineswegs eingeknickt, sondern führen im Wesentlichen unsere DEI-Programme konsequent weiter“, sagt sie im Gespräch mit der F.A.Z. (zu deren Verlag die Personalwirtschaft gehört). Die jetzigen Anpassungen seien das Ergebnis eines intensiven, sorgfältigen Entscheidungsprozesses. „Wir haben eine Risikoanalyse durchgeführt und dann Schlüsse gezogen“, erklärt sie. „Aber wir haben Inklusion und Diversität ganz sicher nicht abgeschafft.“

Ursprungsmeldung, 12. Mai 2025, mit Ergänzungen vom 13. Mai 2025 (16:30 Uhr)

Das nächste europäische Unternehmen gibt dem Druck der US-Regierung nach. Laut einer internen Mail, die dem Handelsblatt und der Deutschen Presseagentur (dpa) vorliegt, wird SAP künftig nicht mehr das Ziel verfolgen, einen Anteil von 40 Prozent Frauen in der Belegschaft zu erreichen. Das bestätigte SAP gegenüber unserer Redaktion. Außerdem werden weibliche Führungskräfte, die in den USA tätig sind, in der Zukunft nicht mehr mit in die Quote für den Anteil von Frauen in Führungspositionen berücksichtigt und auch der Bewertungsmaßstab für die Vergütung von Vorständen, „Frauen in Führungspositionen“, wird durch den „Business Health Culture Index“ ersetzt. Darüber hinaus wird das „D&I Office“ mit dem Bereich Corporate Social Responsibility zum neuen Team „Social Responsibility, Inclusion and Communities“ im Vorstandsbereich People & Culture im Zuge einer Umstrukturierung zusammengefasst.

Einer der Hauptgründe, warum SAP dem Drängen von Trump nun nachkommt, sei wohl, dass Unternehmen in der SAP-Unternehmensgruppe Verträge mit der US-Regierung haben. Die Executive Orders, die Trump zu DEI-Programmen verfügt hatte, beziehen sich nämlich auf Behörden und Vertragspartner der Regierung. Bereits Anfang April wurde bekannt, dass SAP aus diesem Grund „intern prüft, um potenzielle Auswirkungen auf SAP einzuschätzen“, wird das Unternehmen in der Süddeutschen Zeitung zitiert.

Frauenquote vermutlich noch unter 30 Prozent

SAP hat erstmals im Jahr 2021 offiziell eine Frauenquote für Führungspositionen eingesetzt. CEO Christian Klein, der sich kürzlich über eine Vertragsverlängerung bis 2030 freuen durfte, erklärte damals, dass eine Frauenquote notwendig sei, um unbewusste Voreingenommenheit zu durchbrechen und das Thema Chancengleichheit zur Chefsache zu machen. Auch die damalige Personalchefin Sabine Bendiek betonte 2021, dass SAP eine Parität von Männern und Frauen auf allen Führungsebenen anstrebe, spätestens bis 2030. Damals lag der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei 28,3 Prozent. 2023 stieg der Anteil allerdings nur auf 29,7 Prozent. Im Geschäftsbericht für 2024 wird lediglich ein Anteil von 22,5 Prozent genannt, jedoch wird hier von leitenden Führungspositionen gesprochen. In den Jahren davor hingegen „nur“ von Führungspositionen – ob es sich hier also um die gleiche Kennzahl handelt, ist nicht klar.

Gegenwind für Diversity-Vorreiter SAP

Der Schritt des Softwareunternehmens zieht viel Kritik mit sich. So äußerte sich beispielsweise Cawa Younosi, Ex-SAP-Deutschland-Personalchef, auf Linkedin, dass die „Trump Administration nur politischen Druck weitergebe, ohne die rechtlichen Grundlagen geändert zu haben“. Er empfinde es deshalb als intellektuelle Beleidigung, wenn „Streichungen über die USA hinaus, mit der angeblich rechtlich veränderten Rechtslage durch Trump vorgenommen werden“. Außerdem seien Unternehmen wie Apple, Microsoft und andere Unternehmen, die in den USA tätig sind, auch nicht vor der US-Regierung eingeknickt. SAP wird zwar nicht direkt in seinem Post erwähnt  – das Wording und Timing des Beitrags lassen aber wenig Zweifel darüber aufkommen, wen Younosi wohl mit seinem Post meint.

In der internen E-Mail, die dem Handelsblatt vorliegt, erklärte die SAP-Führung dennoch, dass eine „vielfältige Belegschaft und integrative Führung“ für eine leistungsfähige Organisation entscheidend seien. Trotz dessen müsste SAP als „global agierendes Unternehmen mit einer starken Präsenz in den USA“ auch auf „externe Veränderungen, etwa auf aktuelle gesetzliche Entwicklungen“ reagieren. Auf Nachfrage der Redaktion hat SAP noch einmal bekräftigt, dass „Chancengleichheit und eine inklusive Kultur zentrale Ziele der SAP bleiben“. „Die bestehenden D&I-Programme laufen auch in Zukunft weiter“, versichert ein Unternehmenssprecher. Zudem solle das freiwillige globale Ziel von 40 Prozent Frauenanteil in der Belegschaft durch eine differenziertere Messung auf lokaler Ebene stattfinden. Wie das konkret aussehen soll, hat SAP jedoch noch nicht kommuniziert.

Für Wiebke Ankersen, Co-Geschäftsführerin der Allbright-Stiftung, ist das Zeichen, dass SAP mit dem Streichen des angestrebten Frauenanteils setzt, jedoch fatal. Die AllBright Stiftung ist eine gemeinnützige Stiftung mit Sitz in Stockholm und Berlin. Sie setzt sich für mehr Frauen und Diversität in Führungspositionen ein und evaluiert unter anderem jedes Jahr den Anteil der Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten. „Wir beobachten, dass Unternehmen mit konkreten Zielsetzungen und Maßnahmenplänen zur Erreichung dieser Ziele die schnellsten Fortschritte gemacht haben“, lässt sich Ankersen über die Linkedin-Seite der Allbright-Stiftung zitieren.

Frederic Haupt war Volontär der Personalwirtschaft.