Viele Unternehmen verzeichnen eine steigende Mitarbeiterfluktuation. Ein Grund dafür ist die fehlende Bindung der Mitarbeiter zum Arbeitgeber. Ihr Weggang ist für sie oft der einzige Ausweg. Der Marktforscher Gallup fand in einer Bestandsaufnahme der amerikanischen Arbeitswelt heraus, 51 Prozent der Mitarbeiter im Jahr 2017 einen neuen Job suchten. Mit anderen Worten: Für die andere Hälfte der Mitarbeiter besteht ein geschäftliches Risiko infolge der Fluktuation.
Mitarbeiter wollen klares Performance-Management
Laut der Studie ist die Ursache der hohen Fluktuation, dass Mitarbeiter keinen klaren Entwicklungspfad erkennen – sie wollen aber einen deutlichen Karriereweg für sich sehen. Die Folge: Potenzialträger und Top-Talente wechseln zur Konkurrenz. Verursacher der fehlenden Entwicklungsperspektive sind häufig die Manager im Unternehmen, die wissentlich oder unwissentlich Talente horten, anstatt sie zu fördern.
Die Gallup-Studie zeigt, dass bei 52 Prozent der Mitarbeiter, die in den USA ihr Unternehmen verlassen haben, die Chefs die Chance hätten, sie umzustimmen, es aber nicht getan haben. Auch in den Monaten vor dem Weggang wurden keine Gespräche über die Entwicklung und Ziele des Mitarbeiters geführt. Manager übersahen Warnsignale und erstellten keinen Entwicklungsplan – ob absichtlich oder unabsichtlich, geht aus der Studie nicht hervor.
Als Begründung nennen die Studienautoren die menschliche Natur: Manager haben oft mehr Angst, etwas zu verlieren, was sie bereits haben, als eine womöglich vage, aber bessere Gelegenheit zu nutzen (Verlustversion). So wollen Führungskräfte nicht allein an einem Top-Talent festhalten, wenn sie gleichzeitig die anderen Mitarbeiter aus dem Blick verlieren würden.
Manche Chefs stecken sogar schlechter performende Mitarbeiter in andere Teams, was dazu führen kann, dass die internen Teams stärker gegeneinander als gegen die Konkurrenz arbeiten. Deshalb sollten Mitarbeiter selbst mitentscheiden können, ob sie in ein anderes Team wechseln.
Führungskräfte brauchen ein organisatorisches Denken
Um Talente nicht mehr zu horten, sondern sie sich weiterentwickeln zu lassen, müssen Unternehmen zwei Punkte umsetzen:
- Weg von einer Team-Denkweise und hin zur Organisations-Denkweise: Chefs sollten sich nicht mehr die Frage stellen: „Was ist das Beste für mein Team?“, sondern „was ist das Beste für mein Unternehmen?“
- Eine Coaching-Denkweise entwickeln: Manager sollten die Anwälte ihrer Mitarbeiter sein. Sie sollten dem einzelnen Beschäftigten dabei helfen, die eigene Rolle und den eigenen Karriereweg auf eine Weise zu entdecken, dass beide mit den Stärken und Zielen des Mitarbeiters übereinstimmen. Eine gute Methode dafür sind Gespräche über zukünftige Leistungen und Belohnungen. Vorab sollten Führungskräfte geschult werden, wie sie als Coach agieren sollten.
Wie Talente erkannt werden
Wichtig ist auch, dass Manager erkennen, wer ein Talent ist und welcher der richtige und falsche Karriereweg für dieses Talent ist. Eine Möglichkeit, um ein Talent zu erkennen, ist, den sogenannten „Game Changer“ frühzeitig zu erkennen. „Game Changer“ sind Mitarbeiter, die schon in einem Unternehmen tätig sind, aber eine andere Rolle zugewiesen bekommen und dann in einer schwierigen Phase in der neuen Position das Ruder rumreißen sollen. Oft rekrutieren Unternehmen einen teuren externen Experten, der aber nicht unbedingt die richtige Wahl sein muss.
Auch interne Stellenbörsen sind eine Möglichkeit, um Talente zu halten und Karrierewege aufzuzeigen. Stellenbörsen sollten attraktiv, stetig gefüllt und gut kommuniziert werden. Führungskräfte sollten regelmäßig Gespräche mit ihren Leistungsträgern führen. Falls sie dabei Zustände wie Langeweile heraushören, sollten sie das Rollenprofil der betroffenen Personen anpassen. Unternehmen sollten also zuerst vor der eigenen Haustür kehren, denn nicht nur die Rekrutierung neuer Talente, sondern auch die Entwicklung der vorhandenen Mitarbeiter führt zum langfristigen Erfolg.