Der Fachkräftemangel hat auch die Finanzindustrie erreicht – und trifft Asset- und Pensionsmanagement in einem entscheidenden Moment. Mit komplexeren regulatorischen Rahmenbedingungen, wachsendem Innovationsdruck und steigenden Erwartungen von Arbeitgebern und Versorgungsberechtigten verschärft sich der Wettbewerb um qualifizierte Talente zusehends. Während auf der einen Seite das Volumen der verwalteten Assets kontinuierlich steigt, werden auf der anderen Seite die passenden Fach- und Führungskräfte knapp. Insbesondere im Pensionsmanagement fehlen Spezialistinnen und Spezialisten, die nicht nur aktuarielles Wissen mitbringen, sondern auch mit Kapitalmarktexpertise und ESG-Know-how überzeugen können. Der Fachkräftemangel wird für Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge (EbAV) zum Risiko.
Vor diesem Hintergrund hat die Finanzaufsicht Bafin im Rahmen ihres Aufsichtsprogramms bereits 2024 untersucht, ob und in welchen Geschäftsbereichen der EbAV ein Fachkräftemangel besteht – oder absehbar entstehen könnte. Die Aufsicht hat sich auch angeschaut, mit welchen Maßnahmen die Unternehmen auf den Mangel an qualifiziertem Personal reagieren. Denn eines ist klar: Die Leistungsfähigkeit der Pensionskassen und -fonds sowie die Einhaltung der regulatorischen Anforderungen müssen stets sichergestellt sein. Zeichnen sich durch den Fachkräftemangel Probleme ab, sollten die Unternehmen daher frühzeitig reagieren.
Aufsichtsrechtliche Anforderungen können nicht erfüllt werden
Grundlage der Untersuchung war ein mit der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung abgestimmter Fragebogen, der sich an 124 Pensionskassen und 34 Pensionsfonds richtete. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen: Bei der Besetzung von Vorständen, Aufsichtsräten und Schlüsselfunktionen erwarten die meisten Unternehmen zumindest in naher Zukunft keine Probleme. Anders sieht es in den einzelnen Unternehmensbereichen selbst aus. Von denjenigen Unternehmen, die für die Jahre 2024 bis 2026 Nach- oder Neubesetzungen planen oder geplant haben, erwartete fast jede zweite EbAV Schwierigkeiten bei der Personalgewinnung.
Betroffen sind demnach insbesondere die Bereiche Kapitalanlagen, Risikomanagement, Leistungsbearbeitung und Bestandsverwaltung. Speziell im Bereich der IT bestehe aufgrund der unzureichenden Personalausstattung die Gefahr, dass EbAV die aufsichtsrechtlichen Anforderungen nicht erfüllen können. Hauptgrund für die Probleme bei der Nachbesetzung ist laut Angabe der Unternehmen der Mangel an fachlich geeignetem Personal.
Problematisch vor allem für kleine Firmen
Barbara Thiell, Partnerin beim Personalberater Kienbaum Consultants International, weiß, wieso das so ist: „Viele EbAVs sind klein bis mittelgroß und schrumpfen weiter aufgrund sinkender Mitgliederzahlen. Dadurch bieten sie oft geringere Entwicklungsperspektiven und zahlen niedrigere Gehälter als in Banken oder Versicherungskonzernen.“
Die Branche sieht sich mit doppelten Herausforderungen konfrontiert. Einerseits gehen erfahrene Fachkräfte in den Ruhestand, andererseits gelingt es bislang nur begrenzt, Nachwuchsgenerationen für ein Berufsfeld zu gewinnen, das nach wie vor als komplex und wenig sichtbar gilt. Zugleich wirken sich Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz auf die Arbeitsprofile aus – und verändern die Anforderungen an zukünftige Berufsbilder grundlegend.
Auch Günter Nikles, Geschäftsführer beim Berater Abresa, sieht die Leistungsfähigkeit der EbAVs gefährdet und nennt die Folgen: „Regulatorische Anforderungen könnten nicht mehr fristgerecht erfüllt, Prozesse nicht mehr effizient gesteuert und Versichertenanfragen nur verzögert bearbeitet werden. Bei kleinen Einrichtungen kann dies zu strukturellen Risiken bis hin zur Aufgabe führen.“ Vor diesem Hintergrund gewinnt die Frage, wie sich Asset- und Pensionsmanagement im „War for Talents“ behaupten können, zunehmend an Bedeutung.
Info
Um das Thema geht es auch beim Networking-Forum „Recruiting-Trends im Pensions- und Asset Management 2030“ liefern, das am 23. September 2025 im Rahmen der Assets & Liabilities Convention (ALC) in Essen stattfindet. Auf der ALC diskutieren führende Entscheiderinnen und Entscheider praxisnah über Zukunftsstrategien im Recruiting:
- Tobias Bockholt, Bereichsleiter Asset Management bei SOKA-Bau, gibt Einblicke in die Personalbedarfe institutioneller Investoren.
- Nicole Möbs, Vorstandsvorsitzende der Pensionskasse Deutscher Genossenschaften VVaG, beleuchtet die spezifischen Anforderungen der betrieblichen Altersvorsorge.
- Dr. Claudia Picker, Managing Director bei Aon, analysiert die Transformation von Kompetenzprofilen angesichts regulatorischer und technologischer Veränderungen.
- Dr. Karin Schambach, Geschäftsführerin bei Indigo Headhunters, zeigt auf, wie neue Recruiting-Methoden und ein stärkerer Fokus auf kulturelle Passung die Gewinnung von Fachkräften unterstützen können.
Veranstalter sind die Deutschen Pensions- & Investmentnachrichten (dpn), eine Schwesterpublikation der Personalwirtschaft.
