Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

Wie gelangen Geisteswissenschaftler in die Wirtschaft?

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Lena Nüchter
Lena Nüchter erforscht unter anderem, welches Bild Arbeitgeber von den Geisteswissenschaften haben. (Foto: Michael Bennett)

Im Studienjahr 2021 waren rund 326.000 Studierende in geisteswissenschaftlichen Fächern eingeschrieben. Ein großer Teil von ihnen strebt in das Lehramt, auch Karrieren in der Wissenschaft sind Ziel vieler Studierender. Aber was ist mit den Geisteswissenschaftlern, die es in die Wirtschaft zieht? Mit der Employability von Geisteswissenschaftlern in der Wirtschaft beschäftigt sich Lena Nüchter, Doktorandin am International Graduate Centre for the Study of Culture (GCSC) der Justus-Liebig-Universität Gießen.

Personalwirtschaft: Geisteswissenschaftler haben es traditionell schwer auf dem Arbeitsmarkt. Woran liegt das?
Lena Nüchter: Geisteswissenschaftler haben im Vergleich mit anderen Uni-Absolventinnen längere Übergangszeiten auf den Arbeitsmarkt, verdienen schlechter und sind häufiger für ihre Jobs überqualifiziert. Der Diskurs schwankt zwischen „braucht man die überhaupt?“ und „Geisteswissenschaften bereiten ideal auf die Arbeitswelt der Zukunft vor“.

Aber immerhin wird der Diskurs geführt!
Ja, aber hauptsächlich von Wissenschaftlern und Journalisten– Arbeitgeberstimmen fehlen bislang fast vollständig, und das macht es schwierig, zu erkennen, was tatsächlich Sache ist. Wie wirken sich beispielsweise Fachkräftemangel oder eine wachsende Offenheit in HR gegenüber Quereinsteigern oder „ungeraden Lebensläufen“ auf solche Dynamiken aus?

Und das wollen Sie mit Ihrer Studie ändern?
Ja, genau. Mich interessiert vor allem, wie Arbeitgeber die Geisteswissenschaften wahrnehmen, wofür sie in ihren Unternehmen Geisteswissenschaftler schätzen und einsetzen, und wie und nach welchen Kriterien sie Einstellungsentscheidungen treffen, also wann zum Beispiel das Studienfach eine Rolle spielt, und wann es eher um Netzwerke, Vorerfahrungen oder Begeisterung für die Sache geht.

Was interessiert Sie noch?
Ich möchte zum Beispiel wissen, welches Bild Arbeitgeber von den Geisteswissenschaften haben. Welche Erfahrungen haben sie mit Bewerbern aus den Geisteswissenschaften bereits gemacht? Was kann eine Bewerbung aus den Geisteswissenschaften interessant oder uninteressant machen, und über welche Wege gelangen erfolgreiche Quereinsteiger in den Beruf? Dabei interessiert mich ganz spezifisch die persönliche Erfahrung im eigenen Tätigkeitsbereich – zwischen verschiedenen Branchen oder Unternehmen können sich dabei signifikante Unterschiede auftun.

Was passiert später mit den Ergebnissen?
Ziel ist es, Empfehlungen für Universitäten zu entwickeln, wie erfolgreiche Employability-Initiativen für Geisteswissenschaftler aussehen könnten. Damit soll die Passung von Geisteswissenschaftlern und dem Arbeitsmarkt verbessert werden, was letztendlich auch Unternehmen zugutekommt.

Personalerinnen und Personaler, die Lena Nüchter bei ihrem Vorhaben unterstützen wollen, können sich mit ihr per E-Mail in Verbindung setzen: lena.nuechter@gcsc.uni-giessen.de. Im Anschluss an die quantitative Befragung finden auch vertiefende Folgeinterviews statt – „da wird es dann gezielter und nuancierter um die Praktiken und Entscheidungsprozesse im Arbeitsalltag gehen“, sagt die Wissenschaftlerin.

Christina Petrick-Löhr betreut das Magazinressort Forschung & Lehre sowie die Berichterstattung zur Aus- und Weiterbildung. Zudem ist sie verantwortlich für die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft sowie den Deutschen Personalwirtschaftspreis.