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Kommunikation verbindet

Foto: Anastasiya Gepp/Pexels.com
Foto: Anastasiya Gepp/Pexels.com

Der Wettbewerb um die besten Kandidaten der jungen Arbeitsmarktgenerationen – der Generation Y respektive Z – ist härter denn je. In einem Recruiting- Umfeld, das sich längst zu einem Kandidatenmarkt entwickelt hat, formulieren Nachwuchskräfte selbstbewusst ihre Forderungen an Arbeitgeber und suchen sich die Unternehmen, bei denen sie in den Beruf starten möchten, selbst aus. Während früher von kaffeekochenden Praktikanten die Rede war, spricht man heute von „Future Talents“ – dem Nachwuchs für Topmanagement-Positionen.

Clevis hat bereits in den vergangenen Jahren mit dem „Clevis Praktikantenspiegel“ die größte Studie im deutschsprachigen Raum vorgelegt, was die Erwartungen junger Nachwuchskräfte an Arbeitgeber in Deutschland betrifft. Seit diesem Jahr firmiert die Studienserie mit diesmal mehr als 7600 Teilnehmern unter dem Begriff „Future Talents Report“. Sie gibt Antworten auf die Fragen, was junge Menschen auf ihrem Weg in Spitzenpositionen antreibt, was sie von Arbeitgebern erwarten und was sie beim Kennenlernen von Unternehmen und Berufsfeldern stört.

+++ Die wichtigsten Punkte der Studie finden Sie in der › Bilderstrecke. +++

Fakt: Deutsche Arbeitgeber beklagen zwar ausdauernd den Fachkräftemangel, vernachlässigen aber die Kontaktpflege zu jungen Talenten, die bereits im Unternehmen waren und dort ein Praktikum absolviert haben. Neun von zehn Berufsstartern sind nach dem ersten Kennenlernen eines Arbeitgebers im Rahmen eines Praktikums an einer Stelle interessiert. Diese Top-Rekrutierungschance lassen allerdings 49 Prozent der Unternehmen fahrlässig verstreichen, indem sie schlicht den Kontakt zu ihren ehemaligen Praktikanten abreißen lassen. In kleinen und mittelständischen Unternehmen liegt dieser Anteil sogar bei alarmierenden 61 Prozent.

Transfer: Deutlich zu viele Arbeitgeber verzichten darauf, auf einen konstanten Bewerberpool, der sich aus ehemaligen und vor allem nachweislich zufriedenen Mitarbeitern speist, zurückzugreifen. Regelmäßige Informationen und Angebote des Arbeitgebers wären in dieser hoch attraktiven, bereits bewährten Kandidatengruppe unbedingt angesagt. Diese Steilvorlage wird von Arbeitgeberseite nicht nur knapp vergeben, sondern fahrlässig vertändelt.

Fakt: In vielen Unternehmen beginnt der Abbruch des Kontaktes zu den Future Talents bereits in den letzten Tagen eines Praktikums. Denn in 40 Prozent der Fälle endet das Arbeitsverhältnis ohne jedes abschließende Feedbackgespräch. Auch Alumni-Netzwerke als Kontaktpflege-Tool sucht man in Zeiten der Digitalisierung in den meisten Unternehmen vergebens. Nur jede zehnte Nachwuchskraft wird über ein solches an den Arbeitgeber gebunden. In den besonders gefragten MINT-Fächern ist es sogar nur jede zwanzigste Nachwuchskraft.

Transfer:
Die Kommunikation mit jungen Talenten auf dem deutschen Arbeitsmarkt ist besorgniserregend schlecht. Zwar unternehmen Arbeitgeber erhebliche Anstrengungen, um die begehrten Nachwuchskräfte während eines Praktikums von sich zu überzeugen und frühzeitig zu binden. Allerdings operieren sie anschließend nach dem Motto „Aus den Augen aus dem Sinn“. So drängt sich der Eindruck auf, dass der oft beklagte Fachkräftemangel ein hausgemachtes Problem vieler Unternehmen ist. Emotionale Bindung und Wertschätzung am Ende der Arbeitsbeziehung – Fehlanzeige.

Fakt: Gemäß „Future Talents Report“ absolviert jeder dritte Praktikant Überstunden. In zahlreichen Mangelberufen ist der Anteil sogar noch höher. 40 Prozent der Maschinenbauer, 41 Prozent der Wirtschaftsingenieure und gar 52 Prozent der Chemiker arbeiten demnach schon in der beruflichen Kennenlernphase länger als vertraglich vereinbart.

Transfer: Ein Praktikum bedeutet oft das erste Kennenlernen eines Arbeitgebers. Dabei gilt: Je höher die Anzahl der Überstunden, desto größer der Grad der Unzufriedenheit. Wer seine auserkorenen Nachwuchskräfte also von Beginn an zeitlich zu sehr fordert, läuft Gefahr, gleich an Anziehungskraft zu verlieren. Wichtig wären stattdessen flexible Arbeitszeitmodelle auch für Future Talents, die auf diese Weise schon sehr früh mit Work-Life-Balance-Programmen in Berührung kommen können.

Fakt: Die Zeit der unbezahlten Praktika ist längst vorbei: 91 Prozent aller Praktika werden mittlerweile vergütet. Die Höhe der Bezahlung ist durchaus angemessen. Während in Konzernen durchschnittlich 1318,75 Euro brutto monatlich gezahlt werden, sind es in den KMU 1087,36 Euro. Für die Nachwuchskräfte ist das allerdings weniger wichtig und kein maßgeblicher Entscheidungsfaktor in der beruflichen Orientierungsphase. Während dieser stehen das Lernpotenzial, die Umsetzbarkeit der Studieninhalte sowie die Attraktivität der Arbeitsaufgabe ganz vorne.

Transfer: Über die Höhe des Gehalts sind wenige Pluspunkte bei Future Talents zu machen. Ein zufriedenstellendes Gehalt ist vielmehr eine Voraussetzung, die zwar positiv aufgenommen wird, aber nicht entscheidend zur Bindung der Nachwuchskräfte beiträgt. Wichtiger sind dagegen greifbare Benefits. Besonders hoch im Kurs steht beispielsweise eine zeitgemäße ITAusstattung in Form von Gadgets und Devices, die den Talenten suggerieren: Das bist Du uns wert.

Fakt: Ob junge Talente zufrieden mit ihrem Praktikum sind, hängt in erster Linie mit der Betreuung und der Einarbeitung zusammen. Nachwuchskräfte, die zufrieden mit ihrer Führungskraft sind, können sich eine erneute Bewerbung beim jeweiligen Unternehmen vorstellen. Im Umkehrschluss ist der Anteil derjenigen, die sich nicht noch einmal bei einem Arbeitgeber bewerben würden, größer, wenn zuvor schwache Führungsarbeit geleistet wurde.

Transfer: Future Talents ist es extrem wichtig, bereits zu Beginn ihres Berufslebens spürbar und aktiv gefördert zu werden. Wer Aufgaben nur an sie delegiert, verliert die jungen Talente sehr schnell. Wer ihnen dagegen Verantwortung überträgt und dadurch Selbstständigkeit einfordert und auch fördert, wird honoriert. Inhaltliche Schulungen und methodische Weiterbildungen können zur Bindung beitragen.

Unser Fazit:
Selten waren Future Talents zufriedener mit ihren ersten Arbeitsverhältnissen als momentan. Die „Generation Praktikum“ gibt es nicht mehr. Future Talents lernen Arbeitgeber kennen, bewerten sie und können entsprechend gebunden oder im schlimmeren Fall auch verloren werden. Auf der anderen Seite ist die Kommunikation nach Beendigung des Praktikums von Unternehmensseite aus extrem schwach und besorgniserregend. Während horrende Budgets investiert werden, um genau die Future Talents zu gewinnen, die bereits im Unternehmen waren, wird weder genug Zeit, Geld noch Mühe investiert, um genau diese wichtige Kandidatengruppe durch gelungene Mitarbeiterbindung langfristig zu gewinnen. Wer hier Lösungen entwickelt, macht im so oft beklagten War for Talents einen wichtigen Schritt.


+++ Die wichtigsten Punkte der Studie finden Sie in der › Bilderstrecke. +++