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Arbeitgeber reagieren gar nicht oder unprofessionell

Ein Vorgesetzter zieht einen Käfig, in dem ein Mitarbeiter sitzt
Auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen müssen sich Unternehmen auch mit Kommentaren wie „Käfighaltung im Büro“ auseinandersetzen.
Foto: © crescendo/Fotolia.de

„Der absolute Tiefpunkt in jeder Arbeitsbiographie“, „Käfighaltung in veralteten Büros“ oder „Game of Thrones ist nichts dagegen“ – das sind Beispiele von Kommentaren, die (ehemalige) Mitarbeiter und Bewerber auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform Kununu veröffentlicht haben. Unabhängig davon, ob an den Bewertungen inhaltlich etwas dran ist oder nicht: Die Arbeitgebermarke derart kommentierter Unternehmen bekommt einen Kratzer.

Nur jeder hundertste Arbeitgeber geht in den Dialog

Doch auch wenn Employer Branding auf dem Papier meist großgeschrieben wird, nutzen viele Arbeitgeber nicht die Möglichkeit, professionell in den Dialog mit den Kommentierenden zu gehen, damit vielleicht das entstandene Bild zu relativieren, öffentlich etwas geradezurücken und möglicherweise ihr Image wieder aufzupolieren. Nur jedes hundertste bewertete Unternehmen reagiert auf die Kommentare, die auf der Arbeitgeber-Bewertungsplattform veröffentlicht wurden. Das geht aus der Studie „Arbeitgeber im Kandidatendialog“ von > Employer Telling hervor, für die rund 1300 auf Kununu veröffentlichte Statements von Unternehmen untersucht wurden.

Antworten mit Standard-Textbausteinen sind die Regel

Wenn Arbeitgeber auf der Plattform reagieren, antworten sie häufig undifferenziert und allgemein, nicht konkret auf die Bewertung bezogen. Jedes zweite Unternehmen (50,7 Prozent) verwendet Standardfloskeln wie „Liebe Kollegin/lieber Kollege, vielen Dank für Ihre Bewertung. Uns ist eine offene Feedbackkultur sehr wichtig, daher nehmen wir Rückmeldungen ernst“. Solche wie mit Copy and Paste verfassten Antworten würden zur Farce, wenn Nutzer in ihren Kommentaren faktenreich auf (vermeintliche) Missstände hinweisen oder schwere konkrete Vorwürfe gegen das Unternehmen erheben, sagen die Studienautoren Manfred Böcker und Sascha Theisen.

Geschäftsführer schießen am häufigsten zurück

Schädlicher noch als standardisierte Antworten sind aggressive Gegenangriffe. Ausgesprochen freundlich sind lediglich 44,2 Prozent der analysierten Kommentare. 7,8 Prozent der Reaktionen sind im Ton unterschwellig oder offen aggressiv. Ein Beispiel aus der Studie: „Mehr Schein als Sein … genau diese Beurteilung geben wir sehr gerne an Sie, sehr geehrte Ex-Azubine, zurück.“ Bei den angriffslustigen oder abfälligen Kommentaren fällt auf, dass mehr als die Hälfte von Geschäftsführern oder Firmeninhabern verfasst wurden. Von allen untersuchten Kommentaren kommen nur 15 Prozent direkt von der Geschäftsführung.

Echte Kontaktmöglichkeiten fehlen

In immerhin 70 Prozent der Fälle fordern Unternehmen in ihren Stellungnahmen zum Dialog auf. Das nützt allerdings wenig, da es 68,2 Prozent und damit die meisten versäumen, eine konkrete Kontaktmöglichkeit in Form einer E-Mail-Adresse oder einer Telefonnummer anzugeben. Falls doch eine Angabe erfolgt, besteht sie meist aus einer unpersönlichen E-Mail-Adresse wie „karriere@unternehmensname.de“. Beklagt sich ein Nutzer bitter über das Verhalten eines Vorgesetzten und das Unternehmen verweist ihn dann an eine allgemeine Massenadresse, wirke das nicht wertschätzend, obwohl es genau darum gehe, so die Studienautoren.

Handlungsempfehlungen für die öffentliche Kommunikation

Die Autoren empfehlen Arbeitgebern, die kostenlose Kommentarfunktion auf Kununu systematisch zu nutzen, Guidelines für den Umgang mit Bewertungen zu entwickeln, nie spontan auf Bewertungen zu reagieren und den Bewertenden echte Kontaktmöglichkeiten zu bieten.

Arbeitgebermarken entstehen immer häufiger in den Köpfen potenzieller Bewerber, nämlich genau dann, wenn Kandidaten oder Mitarbeiter sehen, wie es um die Kritikfähigkeit deutscher Arbeitgeber bestellt ist,

sagt Sascha Theisen. Die Statements auf Arbeitgeber-Bewertungsportalen wie Kununu stünden dafür in einem kommunikativen Schaufenster, daher sollten Unternehmen mit einem klaren Konzept in diesen öffentlichen Kandidatendialog einsteigen.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.