Im War for Talents auf dem internationalen Arbeitsmarkt spielt das Thema Mitarbeiterbeteiligung eine immer größere Rolle. Gerade Startups fordern steuerlich und rechtlich bessere Rahmenbedingungen für solche Pläne in Deutschland. hy, die Beratungstochter der Axel Springer SE, hat inzwischen ein solches Modell umgesetzt.
Axel Springer hy ist die Beratungstochter der Axel Springer SE. Nach grundlegender Transformation erzielt das Medien- und Technologieunternehmen heute 87 Prozent seiner operativen Gewinne mit digitalen Geschäftsmodellen. Für hy war von Anfang an klar, einen innovativen Weg zu finden, um allen rund 45 Mitarbeiter*innen die Partizipation am Unternehmenserfolg zu ermöglichen. Denn über 70 Prozent dieser Mitarbeiter*innen haben vor ihrer Zeit bei hy selbst gegründet oder in Early-Stage-Startups gearbeitet.
Wahl der Aktiengesellschaft
Die Verantwortlichen bei hy haben sich für die Mitarbeiterbeteiligung diverse Modelle angeschaut und geprüft – von virtuellen Konstrukten (ESOP) bis zu Genussscheinen. Um viel Partizipation zu ermöglichen und unternehmerisches Handeln zu fördern, entschieden sie sich für die Aktiengesellschaft als Rechtsform der Mitarbeitergesellschaft und riefen die hy Team AG ins Leben. Diese hält mittlerweile rund 40 Prozent der Anteile an der Axel Springer hy GmbH. Somit gehört dem Team fast die Hälfte der Firma. Die Mehrheit an hy liegt bei der Axel Springer Digital Ventures.
Jede*r Mitarbeiter*in von hy und der Tochtergesellschaft hy Technologies kann einmal im Jahr Anteile an der hy Team AG erwerben bzw. verkaufen. Der auf die hy Team AG entfallende Anteil der Gewinnausschüttung von hy wird als Dividende an die Mitarbeiter*innen ausgeschüttet, so dass diese unmittelbar am Erfolg des Geschäftsjahres partizipieren. Im Vergleich zu klassischen Unternehmensberatungen und Rechtsanwaltkanzleien, die ausschließlich in Partnerhand sind, wirkt dieses Modell motivierend auf die Beschäftigten. Bis jetzt nimmt mehr als ein Drittel von ihnen am Aktienplan teil und kann so am Erfolg der Firma partizipieren.
Verläuft ein Geschäftsjahr besonders erfolgreich, kann das Unternehmen einen Extrabonus in Form von Aktien der hy Team AG an die Belegschaft ausgeben. Dazu hat sich die Geschäftsleitung von hy 2020 aufgrund der positiven Geschäftsentwicklung trotz Pandemie entschlossen – mit der Konsequenz, dass der Aktionärskreis um mehr jüngere Kolleg*innen wuchs, die noch keine Mitarbeiteraktionäre waren. Darüber hinaus prüft hy alternative Bonusmodelle, etwa den Umtausch des Jahresbonus zu vorteilhaften Konditionen in Aktien statt Cash-Auszahlungen.
Hauptversammlung der hy Team AG
Wie bei Aktiengesellschaften üblich, findet auch bei hy einmal im Jahr eine Hauptversammlung statt. Alle an der AG beteiligten Mitarbeiter*innen treffen sich – vor Ort oder virtuell –, um gemeinsam über die Zukunft von hy zu sprechen. Im Nachgang zur Hauptversammlung wird das Handelsfenster für Anteile geöffnet. Die Beschränkung des Aktienhandels auf Handelsfenster hält den administrativen Aufwand gering und ermöglicht allen Kolleg*innen Transparenz über den Handel mit Aktien. Ein Verkauf der Aktien an Personen außerhalb des Unternehmens sowie der direkte Handel von Aktien untereinander sind nicht möglich. Dadurch behält die hy Team AG die Kontrolle und verhindert Konflikte.
Die Aktionär*innen wählen auf der Hauptversammlung auch den Aufsichtsrat. Der legt auf Basis des Durchschnitts der letzten Umsätze und Jahresergebnisse von hy den Preis je Aktie fest. Für die Festlegung des Kurses gelten Regeln, die allen Beteiligten bekannt sein sollten, damit niemand bevorzugt oder benachteiligt wird. Kein*e Aktionär*in übt einen größeren Einfluss auf den Preis aus als eine andere Person. Nach der Öffnung des Handelsfensters haben dann alle Mitarbeiter*innen einen Monat lang die Zeit und das Recht, ihr Kauf- oder Verkaufsinteresse zu bekunden. So bildet sich ein Orderbuch. Hat sich das Handelsfenster wieder geschlossen, werden die Kauf- und Verkaufspositionen nach festen und fairen Regeln zum Ausgleich gebracht. Dabei ist wichtig: Angebot und Nachfrage bestimmen – anders als bei Aktienhandel an einer Börse – nicht den Preis. Keine Person kann den Preis senken oder treiben, indem sie oder er viele Aktien auf den internen Markt wirft oder eine große Kauforder platziert. Der Preis richtet sich ausschließlich am Wert der gemeinsamen Firma aus. Hat sie gut gewirtschaftet, steigt der Preis der Aktie. Also haben alle Aktionär*innen gemeinsam das Interesse, die Firma profitabel wachsen zu lassen. Nur der Markterfolg entscheidet über den Preis, nicht Spekulation.
Gegenwärtig legt hy Wert darauf, attraktive Dividenden zu bezahlen. Entsprechend schüttet das Unternehmen einen großen Teil seines Gewinns aus. Von dieser Politik könnte es in Zukunft abweichen, um beispielsweise zusätzlich in das Wachstum der Firma zu investieren. Die hy Team AG ist zweitgrößter Anteilseigner der Axel Springer hy GmbH, also des gemeinsamen Unternehmens, und verschafft ihrer Meinung zur Dividendenpolitik in der Gesellschafterversammlung Gehör. So können Aktionär*innen über die Ausschüttungspolitik mitbestimmen.
Fazit
Die hy Team AG existiert in ihrer aktuellen Form seit über einem Jahr. Die eigenen Erfahrungen damit sind mehrheitlich positiv. Doch es gibt auch Nachteile. So erfordert es stets die Abgabe einer schriftlichen Erklärung, wenn neue Kolleg*innen Aktien an der hy Team AG kaufen möchten. Diese Beitrittserklärung stellt sicher, dass neue Kolleg*innen die Satzung und Regeln akzeptieren.
Zusätzlich erfordert die Rechtsform der Aktiengesellschaft einen gewissen Administrations- und Dokumentationsaufwand. So müssen beispielsweise Hauptversammlungsbeschlüsse formell protokolliert und muss eine Kopie des Protokolls im Handelsregister offengelegt werden. Auch der Aktienhandel und die jährliche Ausschüttung der Dividenden bedeuten zusätzliche Arbeit.
Ist das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm den Aufwand wert? Eindeutig ja. Die hy Team AG trägt zu einem Gleichlauf der Interessen von Eigentümer*innen und Mitarbeiter*innen bei. Auch kundenseitig lassen sich positive Abstrahleffekte feststellen. Das Team von Mitunternehmer*innen weiß aus eigener Erfahrung um die Tragweite unternehmerischer Entscheidungen und bringt diese in Projekte ein. Auch lässt sich ein Gleichlauf von Interessen innerhalb des Teams erreichen, denn alle Aktionär*innen arbeiten auf das Wachstum von hy hin.
Neben der Motivation zählt für die Aktionär*innen der hy Team AG auch der monetäre Anreiz. Seit dem Aufsetzen der hy Team AG ließ sich neben einer attraktiven Dividendenrendite auch der Wert der Anteile deutlich steigern. Zusätzlich unterliegen Dividenden und Veräußerungsgewinne im Gegensatz zu virtuellen Anteilsformen der Kapitalertragsteuer statt der meist deutlich höheren Einkommenssteuer.
Sebastian Hornung
Senior Finance Manager
hy – the Axel Springer Consulting Group
sebastian.hornung(*)hy(.)co
www.hy.co
Dr. Sebastian Voigt
Senior Vice President
hy – the Axel Springer Consulting Group
sebastian.voigt(*)hy(.)co
www.hy.co