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Nur ein knappes Drittel der Arbeitnehmer in Deutschland kennt das Entgelttransparenzgesetz, das im Januar in Kraft getreten ist. Dennoch gibt die Mehrheit an, damit einverstanden zu sein, wenn ihr eigenes Gehalt veröffentlicht würde. Das klingt nach neuer Offenheit in Lohnfragen, doch andererseits verrät nicht einmal jeder zweite Berufstätige seinem Partner, wie viel er verdient.
Gefragt danach, ob sie das Entgelttransparenz kennen, antwortet gut ein Fünftel (22 Prozent) mit Ja. Weitere neun Prozent kennen das Gesetz, finden die Regelung aber nicht gut. 43 Prozent haben lediglich davon gehört, wissen aber nicht genau, wie sie inhaltlich aussieht. Mehr als ein Viertel (26 Prozent) hat davon gar nichts mitbekommen. Von den Kritikern des Gesetzes monieren 55 Prozent, dass es nur für Unternehmen ab 200 Mitarbeiter gilt; das schließe zu viele Arbeitnehmer aus. 47 Prozent finden es nicht gut, dass es kein Auskunftsrecht für einzelne Kollegen gibt, sondern nur für die Durchschnittsgehälter einer Vergleichsgruppe des anderen Geschlechts. Weitere 51 Prozent kritisieren, dass eine Vergleichsgruppe mindestens sechs Personen umfassen muss, was auf viele Abteilungen gar nicht zutrifft. Schließlich finden es 44 Prozent nicht in Ordnung, dass mit der Auskunft kein konkreter Anspruch verbunden ist. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Studie der Job-Seite > Indeed. Dafür befragte das Marktforschungsunternehmen Respondi im Januar dieses Jahres 1035 Menschen in Deutschland nach ihrer Einstellung zum Thema Gehalt.
Drei Viertel der Arbeitnehmer fänden Transparenz gegenüber Kollegen okay
Nur knapp etwas mehr als jeden zweiten Arbeitnehmer (53 Prozent) hierzulande interessiert es, wie hoch das Gehalt der Kollegen ist. Aber immerhin drei von vier Befragten (76 Prozent) geben an, es okay zu finden, wenn ihre Kollegen wüssten, was sie verdienen. Von den jüngeren Menschen zwischen 16 und 29 Jahren zeigen sich sogar 86 Prozent damit einverstanden. In der Praxis sieht es jedoch anders aus: Lediglich 29 Prozent sagen, dass ihre Kollegen tatsächlich Bescheid wissen, wie viel Geld sie in der Lohntüte haben.
Jeder Vierte glaubt, dass Frauen schlechter bezahlt werden
Die neue gesetzliche Regelung soll für mehr Lohngerechtigkeit sorgen und die bestehenden Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen verringern. Von den Studienteilnehmern glaubt etwas mehr als jeder vierte (26 Prozent), dass Frauen in ihrem Unternehmen weniger verdienen als Männer. Von den Frauen geht jede dritte davon aus, während es bei den Männern nur 22 Prozent sind. Insgesamt finden vier von fünf Befragten (81 Prozent), dass die Gehälter sofort angepasst werden sollten, indem die der Frauen angehoben werden. Fünf Prozent sind der Ansicht, dass die Gehälter angepasst werden sollten, indem der Lohn von Männern entsprechend heruntergestuft wird. 14 Prozent halten die aktuelle Situation für angemessen und sehen keinen Handlungsbedarf. Immerhin fast zwei Drittel (64 Prozent) der Befragten bejahten die Frage, ob sie sich bei einem Unternehmen, das Frauen und Männer gleich bezahlt und dies nachvollziehbar offenlegt, eher bewerben würden als bei anderen Arbeitgebern.
Privat bleibt der Verdienst noch stärker ein Tabuthema
Auch wenn die Befragten der Lohntransparenz im Unternehmen weitgehend gegenüberstehen, ist das Thema Gehalt im Privatleben offenbar noch stärker mit einem Tabu behaftet. Nur bei 43 Prozent der Befragten weiß der Ehepartner, wie viel sie verdienen. Bei unverheirateten Paaren sind es gerade einmal 28 Prozent; damit liegt der Anteil niedriger als bei Freunden (30 Prozent) oder den Eltern (35 Prozent).
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.