Seit einigen Jahren stellen viele Unternehmen ihre Vertriebsvergütung auf den Prüfstand. Während der Corona-Krise hat sich der Trend verstärkt, und Unternehmen können gerade in unsicheren Zeiten die Chancen eines strukturellen Umbaus nutzen. Sie können neue Grundlagen für die Vertriebsvergütung entwickeln, Potenziale effektiver Plandesigns ausschöpfen und eine Transformation des Vertriebs Richtung Digitalisierung anstoßen.
Transformation der Vertriebsvergütung
Bei einer effektiven Vertriebsvergütung geht es um die strategische Fokussierung des Vertriebs und der Vertriebssteuerung, aber auch um Mitarbeitermotivation, Kosteneffizienz und administrative Effizienz. Schließlich ist, wie die Ergebnisse der „Deloitte-Vergütungsstudie 2019“ zeigen, ein hohes Einkommen sowie das Erreichen von Wohlstand für junge Mitarbeiter ein wichtiges Thema. Vergütung ist gemäß der Studie der wichtigste Grund für die jungen Generationen, einen Job zu kündigen. Über 80 Prozent der Unter-30-Jährigen sehen eine variable Vergütung im Vertrieb als Anreiz zur Erbringung hoher Leistung.
Aus diesem Grund sollten Unternehmen das Instrument der Vertriebssteuerung optimieren. Knapp die Hälfte der in der Studie befragten Unternehmen (46 Prozent) gibt an, die firmeninterne variable Vergütung substantiell verändern oder komplett neu gestalten zu wollen. Sie zweifeln daran, dass die Vertriebsvergütung heute noch ein effektives Steuerungs- und Motivationsinstrument ist. Zudem wollen sie weitere Trends berücksichtigen, etwa die Digitalisierung, die Vertriebsjobs verändern wird.
Vertriebsvergütung effektiv gestalten
Eine variable Vertriebsvergütung ist nicht generell effektiv, vielmehr müssen Unternehmen sie effektiv gestalten. Unternehmen sollten sich, so empfiehlt Marcus Minten, Director Sales Force Effectiveness bei Deloitte Consulting, die Frage stellen: Was gehört zu einem effektiven Sales Performance Management System dazu?
Unternehmen sollten dabei folgende Faktoren berücksichtigen:
- Entwicklung erfolgskritischer Kompetenzen bei den Sales-Mitarbeitern: Mitarbeiter im Vertrieb müssen Verhalten, Wissen und Fähigkeiten analog der strategischen Zielsetzung des Unternehmens umsetzen. Dafür ist das Coaching als Steuerungsinstrument zuständig, nicht die Vergütung.
- Zeit und Ressourcen optimieren: Neben den Fähigkeiten, die der Mitarbeiter mitbringt, sollen zeitliche Aktivitäten optimieret werden. Das ist ebenfalls Führungsaufgabe. So sollten Führungskräfte kontinuierlich Kennzahlen prüfen, etwa die Conversion Rate, die anzeigt, bei welchem Kunden ein Sales-Mitarbeiter wie lange unterwegs ist.
- Ergebnisse bewerten: Vertriebsergebnisse müssen schließlich strategisch bewertet werden.
Anhand von zehn Designelementen können Unternehmen ihre Vertriebsvergütung gestalten:
- Berechtigtenkreis: Welche Rollen haben einen Einfluss auf die individuellen Kaufentscheidungen eines Kunden?
- Vergütungsniveau: Wie hoch soll die Zielvergütung (bei Erreichung aller Ziele) sein, um Talente zu gewinnen und zu halten?
- Vergütungsmix: Wie hoch muss der variable Leistungsanreiz sein?
- Leverage: Wie stark wird exzellente Performance in der Honorierung differenziert?
- Bemessungskriterien: Welche strategierelevanten KPIs können von der jeweiligen Rolle beeinflusst werden?
- Bemessungsebene: Werden Ergebnisse individuell oder im Team realisiert?
- Sales Crediting: Wer hat Teil am Verkaufserfolg und wie wird dessen Einzelbeitrag honoriert?
- Form der Auszahlung: Soll die Erreichung eines Ziels durch einen Bonus honoriert werden, oder soll jeder einzelne Verlaufserfolg mittels einer Provision gewürdigt werden?
- Auszahlungskurven: Für wie viel Erfolg wird wie viel gezahlt?
- Auszahlungshäufigkeit: Wie zeitnah können Erfolge honoriert werden?
Wie effektiv eine Vertriebsvergütung letztendlich gestaltet ist, können Unternehmen mit Hilfe von sieben Fragen beurteilen:
- Unterstützt die Vergütung die Vertriebsstrategie?
- Passt sie zu den Vertriebsrollen?
- Motiviert die Vergütung zu höheren Leistungen?
- Vergütet sie die Ergebnisse, die der Mitarbeiter erzielt?
- Ist das Vergütungssystem einfach zu verstehen?
- Ist das System fair gestaltet?
- Ist das Vergütungssystem kosteneffektiv?
Digitale Transformation des Vertriebs
Die Digitalisierung verändert auch den Vertrieb weitreichend. So lassen sich durch den Einsatz von neuen Technologien etwa 20 bis 30 Prozent der Standardaufgaben eines Vertriebsjobs automatisieren. Das heißt nicht, dass diese Rollen wegfallen, vielmehr steigen die Relevanz und das Anforderungsniveau des Vertriebs, denn die Sales-Mitarbeiter übernehmen in Zukunft verstärkt werthaltigere Aufgaben statt standardisierter Tätigkeiten.
Algorithmen bereiten die Ermittlung des Bedarfs vor und geben den Sales-Mitarbeitern einen Hinweis darauf, welche Personen gute Kandidaten für ein bestimmtes Produkt sind. Durch die Hilfe der Algorithmen kann ein Sales-Mitarbeiter mehr Abschlüsse tätigen.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersvorsorge. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das Magazin "Comp & Ben". Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.