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Wann ist die Vergütung einer Top-Führungskraft zu gering, angemessen oder zu hoch?

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Wie viel sollte ein Vorstandsmitglied oder eine andere Top-Führungskraft verdienen – und ist diese Vergütung zu hoch, angemessen oder vielleicht sogar zu niedrig? Auf diese Fragen gibt es unterschiedliche und oft gegensätzliche Antworten, deren Standpunkte sich mit verschiedenartigen Perspektiven erklären lassen.

 

In vielen Ländern klafft die Schere zwischen dem Durchschnittseinkommen und dem Einkommen von Executives seit der Nachkriegszeit immer weiter auseinander. Diesem langfristigen Trend und dessen politischen Folgen versuchen Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden mit zunehmender Regulierung – beispielsweise der Vergütungshöhe – und mit Veröffentlichungsvorschriften – zum Beispiel zum Verhältnis zwischen der Vergütung des CEOs und anderer Mitarbeiter, wie von der US Securities and Exchange Commission in Zukunft vorgeschrieben – zu begegnen.

 

So hat der Gesetzgeber in Deutschland durch das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vom 31. Juli 2009 den vertikalen und horizontalen Vergütungsvergleich bei der Festsetzung der Vergütung vorgeschrieben. Bei der Vergütungsgestaltung müssen die Aufsichtsräte von börsennotierten Aktiengesellschaften seither sowohl auf die Branchenüblichkeit der Vorstandsvergütung als auch auf das unternehmensinterne Gehaltsgefüge achten.

 

In der Schweiz wurde im Zuge der Volksinitiative „1:12 – Für gerechte Löhne“ sogar versucht, das maximale Einkommen auf das Zwölffache des am schlechtesten bezahlten Mitarbeiters zu begrenzen. Zwar wurde diese Volksinitiative abgelehnt und von keinem Kanton angenommen, doch immerhin stimmten 2013 über 30 Prozent der teilnehmenden Stimmberechtigten diesem Vorschlag zu. Das darf als Warnschuss für die Zukunft gewertet werden.

 

Winner-takes-all-Markt als Ursache

 

All diesen Regulierungen liegt die Annahme zugrunde, dass eine zu hoch bewertete Vergütung das Resultat mangelnder Kontrolle – Stichwort Corporate Governance – und Transparenz sei. Natürlich hat diese These Fürsprecher und Argumente, doch es gibt auch andere Thesen. So spricht vieles dafür, dass der wahre Grund für das Auseinanderklaffen der Einkommen nicht in einer mangelnden Kontrolle oder Transparenz zu suchen sei, sondern das Resultat eines Winner-takes-all-Marktes sei. Für diese These lassen sich zwei Beobachtungen an­führen:

  • Erstens sind die Anforderungen an die Veröffentlichung von Geschäftsberichten für börsennotierte Unternehmen in allen westlichen Ländern in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stark gestiegen. Niemals zuvor waren so viele Informationen bezüglich der Vergütung von Führungskräften und insbesondere Vorständen öffentlich zugänglich wie heute. Trotzdem ist die Vergütung von Executives in diesen Unternehmen im selben Zeitraum stark gestiegen.
  • Zweitens klaffen auch außerhalb börsennotierter Unternehmen die Einkommen zunehmend auseinander.

Sollten sich diese Beobachtungen als allgemein zutreffend erweisen, bedeutet dies, dass eine marktorientierte Vergütung von Executives in börsennotierten Unternehmen zielführend und im Interesse der Allgemeinheit ist, da damit eine Abwanderung von Talenten in andere Bereiche, die weniger oder nicht reguliert sind, verhindert wird. Es stellt sich sogar die Frage, ob nicht die Forderung nach mehr Transparenz indirekt dazu beigetragen hat, dass die Vergütung von Executives angestiegen ist. In anderen Märkten wie dem für Fußballprofis und andere Profisportler hat der transparente Umgang mit Jahresgehältern und Ablösesummen ebenfalls nicht dazu geführt, dass die Preise für Talente zurückgegangen sind. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall. Verschärft also die ständige Vergleichbarkeit auf nationaler und internationaler Ebene durch gesetzliche oder mediale Transparenz die Dynamik um steigende Preise, statt sie zu begrenzen?

 

Ich sehe ein weiteres Problem, wenn es darum geht, das Verhältnis der Vergütung der Unternehmensleitung oder des CEOs zur durchschnittlichen Vergütung der Belegschaft offenzulegen. Wie aussagekräftig wäre ein solcher Vergleich angesichts unterschiedlicher Geschäftsmodelle und Branchen der Unternehmen? Selbst wenn zwei Betriebe, die miteinander verglichen werden, weitgehend identisch wären, hätte beispielsweise das Unternehmen, das einen Großteil seiner Niedriglohnpositionen outsourct, eine bessere Ratio als das andere, das diese Positionen intern behält. Deshalb haben Kritiker der Schweizer 1:12-Volksinitiative im Hinblick auf die Begrenzung einer solchen Ratio zu Recht auf die massiven negativen wirtschaftlichen Folgen einer Deckelung hingewiesen.

 

CEO Return on Investment

 

Kommen wir zurück zu der Frage, wie viel ein Vorstand verdienen sollte. Obwohl sich der Wertbeitrag von Executives nicht vollständig quantifizieren lässt, lassen sich valide Kennzahlen hierfür heranziehen. Diese helfen dabei, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie viel ein Vorstand quasi wert ist, und den Wertbeitrag vergleichbar zu machen. So lässt sich ein „CEO Return on Investment“ einfach berechnen, indem man die Vergütung des CEOs – quasi das Investment – mit dem Anstieg des Unternehmenswerts oder mit einer anderen Erfolgsgröße über einen längeren Zeitraum betrachtet. Institutionelle Investoren verwenden solche Instrumente, um die Angemessenheit der Vergütung im Vergleich zum Wert des Unternehmens zu beurteilen. Zum Beispiel misst ISS die Entwicklung der Vergütung von CEOs im Vergleich zur Entwicklung des Total-Shareholder-Returns über einen Fünfjahreszeitraum.

 

Eine Untersuchung britischer börsennotierter Unternehmen von Pearl Meyer ist mit einer ähnlichen Methode im November 2014 zu dem Ergebnis gekommen, dass große Unternehmen zwar erwartungsgemäß mehr bezahlen als kleinere Unternehmen, der Unterschied aber nicht so groß ist, wie man auf Basis des geschaffenen Wertes erwarten würde. Ein weiteres Ergebnis dieser Analyse war, dass Unternehmen, bei denen es in den vergangenen Jahren einen CEO-Wechsel gab, generell mehr Wert für Aktionäre geschaffen haben als solche, die keinen Wechsel an der Unternehmensspitze hatten.

 

Um den Wertbeitrag von Top-Führungskräften zu ermitteln, empfehlen wir deshalb, analog zur Vorgehensweise institutioneller Investoren, die Entwicklung des Unternehmenswertes zu berücksichtigen und die bestehende Vergütungstransparenz um eine praxisnahe und unternehmensspezifische Betrachtung der Vergütungssituation zu ergänzen. People & Efficiency Analytics Benchmarks wie PwC Saratoga in Verbindung mit harten Finanzkennziffern des Unternehmens helfen ebenfalls dabei, den Wertbeitrag der Belegschaft oder eines Führungsteams verlässlich zu ermitteln. So lässt sich eine realistische, national und international vergleichbare Antwort auf die Frage bekommen, welche Vergütung angemessen ist.

 

Barbara Seta,

Head of Reward Consulting Germany

PricewaterhouseCoopers AG

Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

barbara.seta@de.pwc.com

www.pwc.de