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Personalwirtschaft 1979: „Frau Müller, es eilt!“

Aus dem Gemenge der Bildungskatastrophenmeldungen stach im vergangenen Jahr eine positive Nachricht hervor: Die Englischkenntnisse von Jugendlichen in allen Schulformen haben sich schriftlich wie mündlich deutlich verbessert, besagt der Bildungstrend des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen.

Netflix, YouTube und Spotify sei Dank ist Englisch heute – insbesondere für junge Menschen – keine Fremdsprache mehr, sondern internationale Umgangssprache. Auch im Business-Bereich ist es die Lingua Franca des 21. Jahrhunderts, die ziemlich flächendeckend verbreiteten Englischkenntnisse vereinfachen innerhalb und zwischen Unternehmen den Umgang von Menschen unterschiedlicher Herkunftsländer ganz immens. Im Jahr 1979 sah das noch ganz anders aus. Damals beschäftigten sich die Herren Reinhard Leiter von Agfa-Gevaert, München, und Hermann Röhm von Bayer, Leverkusen, eingehend mit der Weiterbildung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in ausländischen Tochterfirmen. Hauptproblem: Die deutschen Trainer ebenso wie die Beschäftigten im Ausland sprachen ganz überwiegend eben nicht Englisch und auch nicht die jeweilige Muttersprache der anderen Seite. Wie sahen 1979 die Lösungsvorschläge aus, um die kommunikativen Grenzen zu überwinden? Mehrsprachige Schulungsunterlagen, Fragen und Aufgaben in Deutsch, Englisch und Landessprache gehörten auch damals wohl zu den konventionellen Varianten, mit dem Fremdsprachendefizit umzugehen. Wirklich originell (vermutlich aber wenig zielführend) war dieser Vorschlag: „Man schränkt die mündliche Kommunikation zwischen Trainern und Teilnehmern ein.“

Zahl des Jahres: 14 Prozent

Mit Teilzeitarbeit beschäftigte sich die Personaler auch Ende der 1970er Jahre schon. Die Dimensionen waren allerdings deutlich anders als heute. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände bilanzierte jedenfalls ein Wachstum bei den Teilzeitbeschäftigten von 6 auf 14 Prozent im Zeitraum von 1960 bis 1977. Das war nach damaliger Lesart schon eine Trendwende und eine, die die Arbeitgeber keineswegs guthießen. Zum Vergleich: Aktuell liegt der Teilzeitanteil laut Bundesamt für Statistik in Deutschland bei 28,5 Prozent.

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Die Prämissen, unter den Teilzeitarbeit betrachtet wurde, haben sich deutlich verändert: Ende der 1970er Jahre sah der Arbeitgeberverband laut einem Text in der Personalwirtschaft Teilzeitarbeit vorwiegend als Instrument, um variabel Arbeitsspitzen abfangen zu können. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Herbert Ehrenberg, plädierte demnach zudem für Teilzeitarbeit bei Älteren, um einen abrupten Übergang von der Vollzeitarbeit in die Rente zu vermeiden.

Beruf des Jahres: Chefsekretärin

Auf gleich drei Titelbildern des Jahrgangs 1979 – im April, September und November – sind Frauen zu sehen, die offenbar als Sekretärin arbeiten. Sanft lächeln sie am Telefon oder tippen auf der Schreibmaschine herum. Tatsächlich hatte der Beruf der Chefsekretärin damals den Nimbus des Erfolges – auch der Gehaltszettel konnte sich sehen lassen. In einer Fallstudie rechnet ein Professor der TU München, dass die Gehälter „der rechten Hand des Chefs“ in Frankfurt mit durchschnittlich 3610 DM monatlich bundesweit am höchsten lägen, höher als in Düsseldorf mit 3337 DM und in München mit 3005 DM (obwohl München schon damals ausweislich der historischen Datensammlung des Statistischen Bundesamtes die höchsten Lebenshaltungskosten in Deutschland hatte).  

Fall des Jahres: „Frau Müller, es eilt!“

Fallbeschreibungen gehörten Ende der 1970er-Jahre zu den Standard-Genres in der Personalwirtschaft. Wie ein Stück aus dem Klischee-Museum mutet aus heutiger Sicht eine Geschichte an, die sich in einem Pelzgeschäft zugetragen haben soll: Entweder soll die geschickte (aber leider unzuverlässige und auf dem Klo rauchende) Änderungsschneiderin Frau Müller oder die ungeschickte, aber pünktliche Kollegin Frau Meier den wertvollen Pelz einer langjährigen Premium-Kundin reparieren. Meister und Geschäftsführer (natürlich Männer) mischen sich ein. Es gibt Krach, Tränen und Entschuldigungen – und der geneigten Leserschaft wird wenig subtil vermittelt, wie problematisch und irrational Frauen doch sind.

Christina Petrick-Löhr betreut das Magazinressort Forschung & Lehre sowie die Themen Recruiting und Employer Branding. Zudem schreibt und recherchiert Sie zum Thema Transformation, Change Management und Leadership und ist verantwortlich für die redaktionelle Planung verschiedener Sonderpublikationen der Personalwirtschaft.