Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz hat der Betriebsrat beim Gesundheitsschutz im Unternehmen ein Mitbestimmungsrecht. Doch wie aus einem neuen Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein hervorgeht, reicht dieses Mitbestimmungsrecht nicht so weit, dass eine Einigungsstelle dem Arbeitgeber Vorgaben zur personellen Mindestbesetzung machen kann.
Uneinigkeit hinsichtlich der gesundheitlichen Belastung der Mitarbeiter
Zum Sachverhalt: Ein Klinikbetreiber war sich mit seinem Betriebsrat zum wiederholten Mal uneins über die Frage der Mindestbesetzung für den Pflegedienst auf bestimmten Stationen. Schließlich wurde im Frühjahr 2013 eine Einigungsstelle zum Arbeits- und Gesundheitsschutz gebildet. Im Laufe des Einigungsstellenverfahrens schlossen die Beteiligten verschiedene Zwischenvereinbarungen. Es wurden insgesamt drei Gutachten zur Belastungs- und Gefährdungssituation des Pflegepersonals eingeholt. Weil sich der Arbeitgeber und der Betriebsrat über die Bewertung der Ergebnisse und mögliche hieraus folgende Maßnahmen nicht einigen konnten, endete das Verfahren im Dezember 2016 durch einen Spruch der Einigungsstelle. Dieser sieht eine Schichtbesetzung mit einer bestimmten Zahl von Pflegekräften für bestimmte Belegungssituationen vor.
LAG: Spruch der Einigungsstelle unwirksam
Der Arbeitgeber machte vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein erfolgreich die Unwirksamkeit des Einigungsstellenspruchs geltend (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 25.04.2018, Az. 6 TaBV 21/17). Nach Auffassung des LAG hat die die Einigungsstelle schon formal ihre Kompetenz überschritten, indem sie ihre Entscheidung auf unzulässige Feststellungen zu bestehenden Gefährdungen gründete.
Kein erzwingbares Mitbestimmungsrecht bei der Personalplanung
Der Betriebsrat habe zwar gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ein „erzwingbares Mitbestimmungsrecht“ bei betrieblichen Regelungen über den Gesundheitsschutz, so das LAG. Das beziehe sich auch auf Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers zur Verhütung von Gesundheitsschäden. Eine Handlungspflicht des Arbeitgebers, deren Umsetzung der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt, besteht laut LAG-Urteil jedoch erst, wenn entweder Gefährdungen feststehen oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung konkret festgestellt sind.
Die Einigungsstelle selbst dürfe das Bestehen einer Gefährdung nicht eigenständig feststellen. Die Einigungsstelle und in der Folge das Arbeitsgericht haben, so das LAG, die Gefährdung mit einem Gutachten begründet, das die Anforderung an eine Gefährdungsbeurteilung nicht erfüllt. Selbst bei Annahme einer konkreten Gefährdung hat die Einigungsstelle nach LAG-Ansicht ihre Kompetenzen hier überschritten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das LAG hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Abzuwarten bleibt, ob noch das Bundesarbeitsgericht über den Fall zu entscheiden hat.
ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.