Zum Sachverhalt: Ein Sportlehrer hatte sich im Jahr 2017 bei einer Schule in Bayern auf eine Stelle beworben, die ausdrücklich für eine „Fachlehrerin Sport (w)“ ausgeschrieben worden war. Nachdem er bei der Stellenvergabe nicht berücksichtigt wurde, verlangte er eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – mit der Begründung, die Schule habe ihn entgegen den Vorgaben des AGG wegen seines Geschlechts benachteiligt. Die Schule war dagegen der Ansicht, die Nichtberücksichtigung des Lehrers im Stellenbesetzungsverfahren sei nach § 8 Abs. 1 AGG zulässig gewesen. Gemäß § 8 Abs. 1 AGG kann eine unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts ausnahmsweise zulässig sein,wenn das Geschlecht wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder wegen der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.
Schamgefühl von Mädchen beeinträchtigt?
Die Schule argumentierte wie folgt: Das Schamgefühl von Schülerinnen könnte beeinträchtigt werden, wenn es bei Hilfestellungen im nach Geschlechtern getrennt durchgeführten Sportunterricht zu Berührungen der Schülerinnen durch männliche Sportlehrkräfte komme bzw. diese die Umkleideräume betreten müssten, um dort für Ordnung zu sorgen. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Nürnberg haben der Schule recht gegeben und die Entschädigungsklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Urteil unter anderem auf die besondere Körperlichkeit des Sportunterrichts verwiesen.
Entschädigungsklage des abgelehnten Bewerbers vor dem BAG erfolgreich
Damit war der Fall aber noch nicht beendet. Der Kläger zog vor das Bundesarbeitsgericht – und bekam dort recht (BAG, Urteil vom 19.12.2019, Az. 8 AZR 2/19). Das BAG entschied: Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts habe die Schule nicht den Vorgaben des AGG und des Unionsrechts entsprechend dargetan, dass für die streitgegenständliche Stelle ein geschlechtsbezogenes Merkmal eine wesentliche und entscheidende sowie angemessene berufliche Anforderung im Sinne von § 8 Abs. 1 AGG ist.
Das BAG hat das angefochtene Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg aufgehoben. Über die Höhe der Entschädigung konnte das BAG aufgrund der bislang vom
Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Die Sache wurde deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Quelle: Bundesarbeitsgericht
ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.