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Klage eines Leiharbeiters auf Equal Pay abgewiesen

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Equal Pay
Bei der Leiharbeit gilt zwar grundsätzlich das Prinzip „Equal Pay“ – per Tarifvertrag kann aber davon abgewichen werden. Bild: © gguy/Fotolia.de

Grundsätzlich haben Leiharbeitnehmer gemäß § 8 Abs. 1 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) Anspruch auf gleiche Arbeitsbedingungen und gleichen Lohn wie vergleichbare Stammarbeitnehmer im Betrieb des Entleihers (sog. Gleichstellungsgrundsatz bzw. Equal Pay). Warum viele Leiharbeiter dennoch weniger verdienen als ihre festangestellten Kollegen, liegt an Folgendem: Die Tariföffnungsklausel in § 8 Abs. 2 AÜG erlaubt ein Abweichen vom Equal Pay per Tarifvertrag. Das heißt: Auf tariflicher Ebene dürfen auch niedrigere Löhne für Zeitarbeiter festgelegt werden, wobei der gesetzliche Mindestlohn nicht unterschritten werden darf. Nach neunmonatiger Beschäftigung im Einsatzbetrieb – in bestimmten Fällen auch erst nach 15 Monaten – hat der Leiharbeitnehmer dann einen Rechtsanspruch auf Equal Pay. Diese gesetzliche Sytematik wurde nun vom Arbeitsgericht Gießen bestätigt. 

Zu großer Unterschied beim Lohn?

In dem Fall vor dem Arbeitsgericht Gießen ging es um einen Leiharbeitnehmer, der im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung bei einem Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie eingesetzt wurde. In diesem Betrieb galten die Tarifverträge  der Metall- und Elektroindustrie in Hessen. Auf das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers waren jedoch die Tarifverträge der Leiharbeitsbranche anwendbar, welche der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister e.V. (BAP) und die DGB-Tarifgemeinschaft ausgehandelt hatten. Außerdem waren Tarifverträge über Branchenzuschläge anzuwenden. .

Der Leiharbeiter wollte den Lohnunterschied zu den festangestellten Kollegen im Einsatzbetrieb nicht akzeptieren. Er machte geltend, die Vergütung auf der Grundlage der auf sein Arbeitsverhältnis anwendbaren tarifvertraglichen Regelungen bleibe in einem Maße hinter der aufgrund der Tarifverträge in der Metall- und Elektrobranche zu zahlenden Vergütung zurück, dass jedenfalls bei gebotener richtlinienkonformer Auslegung der Tariföffnungsklausel in § 8 Abs. 2 S. 1 AÜG die Abweichung des Lohns hiervon nicht gedeckt sei. Er beanspruchte daher eine Vergütung nach den in der Metall- und Elektrobranche geltenden Regelungen. 

Zulässige Abweichung vom Equal Pay

Das Arbeitsgericht Gießen hat die Klage abgewiesen (ArbG Gießen, Urteil vom 14.02.2018, Az. 7 Ca 246/17). Durch die Tarifverträge der Leiharbeitsbranche in Verbindung mit dem Branchenzuschlagstarifvertrag für die Metall- und Elektroindustrie werde in zulässiger Weise vom Grundsatz des Equal Pay abgewichen, so das Gericht. Die Richtlinie 2008/104/EG (Leiharbeitsrichtlinie) ermögliche es dem nationalen Gesetzgeber, die Abweichung vom Grundsatz der gleichen Vergütung bei Leiharbeit durch Tarifvertrag zuzulassen. 

Systematik des § 8 AÜG bestätigt

Nach Ansicht des Arbeitsgerichts Gießen berücksichtigt § 8 AÜG den von der Richtlinie geforderten Gesamtschutz der Leiharbeitnehmer in ausreichendem Maße, indem das Gesetz die Tarifvertragsparteien auf die Einhaltung jedenfalls der Lohnuntergrenze in der Leiharbeit verpflichtet und ihnen gleichzeitig eine zeitliche Grenze zur Abweichung vom Equal Pay Grundsatz sowie einen Anreiz zur zeitnahen Heranführung der Löhne an diejenigen der Stammarbeitnehmer setzt. 

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.