Eine Ärztin klagte gegen ihre fristlose Entlassung an einem Helios-Klinikum in Hamburg. Der Vorwurf von Seiten des Arbeitgebers lautete: Die Mitarbeiterin habe einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst 28 Minuten zu früh beendet und damit einen Arbeitszeitbetrug begangen. Der Rechtsstreit endete nun mit einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht Hamburg. Die Anästhesistin bekommt eine Abfindung in Höhe von 400.000 Euro.
Gewerkschaftliches Engagement ausschlaggebend für die Kündigung?
Besondere Brisanz bekam der Fall dadurch, dass die Ärztegewerkschaft Marburger Bund einen anderen Grund hinter der Kündigung vermutet – nämlich das gewerkschaftliche Engagement der Ärztin. Diese war Mitglied der Verhandlungskommission des Marburger Bundes zum TV-Ärzte Helios und fungierte beim Ärztestreik im März 2023 als Streikleiterin. Auch den Streik im Jahr 2021 organisierte sie maßgeblich. „Helios hat mit der Kündigung von Franziska Schlosser meiner Meinung nach versucht, eine unbequeme und gewerkschaftlich engagierte Mitarbeiterin einfach so loszuwerden. Damit sind sie nicht durchgekommen“, sagt Dr. Pedram Emami, 1. Vorsitzender des Marburger Bund Hamburg.
Ähnlicher Fall in Freiburg
Parallelen zum Hamburger Fall weist ein fast zeitgleich verhandelter Fall vor dem Arbeitsgericht Freiburg auf. Hier geht es ebenfalls um die Kündigung einer jungen Ärztin, die im November 2023 einen Warnstreik des Marburger Bundes in Freiburg maßgeblich mitorganisiert hatte. Die Ärztegewerkschaft wollte damit den Arbeitgeber, die Artemed-Gruppe, zu Tarifverhandlungen bewegen.
Der Arbeitgeber begründete die Kündigung mit einer von der Ärztin verfassten E-Mail. Diese hatte im Vorfeld des Warnstreiks den stellvertretenden Leiter des Malteser-Hilfsdienstes über den Warnstreik per E-Mail informiert. Der Arbeitgeber sah darin eine Kompetenzüberschreitung. Die Ärztin hätte sich – anstatt die Rettungsdienste zu informieren – an den Oberarzt wenden sollen. Die Ärztin dagegen rechtfertigte ihre E-Mail als kollegialen Hinweis an den Rettungsdienst. Ob es im vorliegenden Fall zu einer gütlichen Einigung kommt, ist derzeit noch unklar.
ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.

