Die Arbeitswelt verändert sich, auch vor dem Hintergrund der Digitalisierung. Das bringt für HR neue Herausforderungen mit sich. Die Studie „HR Future Trends“, den die Bonner Agentur ohne Namen in diesem Jahr zum vierten Mal durchführte, fasst diese Herausforderungen mit dem Wort „VUCA“ zusammen. VUCA steht für volatil, ungewiss, komplex und mehrdeutig und bedeutet das Agieren in einem veränderungsreichen und wenig planbaren Unternehmenskontext. Dieser Dynamik müssen sich Personalabteilungen anpassen, so die Studie. Das Thema der diesjährigen Umfrage lautet „Veränderung und Transformation im Windschatten von Industrie 4.0 und Digitalisierung“. An der Befragung von März bis Ende Mai nahmen 103 Unternehmen aus Deutschland, davon über 40 Prozent KMU und 27 Prozent große Betriebe mit über 5.000 Mitarbeitern.
Gut jedes zweite Unternehmen hat zu wenige geeignete Bewerber
54 Prozent der befragten Unternehmen gaben an, nicht genügend qualifizierte Bewerbungen zu bekommen, 42 Prozent klagen über akuten Fachkräftemangel. Zwar bleibt das Recruiting-Budget bei 65 Prozent der Firmen gleich und nimmt bei 27 Prozent zu, doch erstmals sinkt es lediglich bei acht Prozent der Unternehmen, während dieser Wert in den letzten drei Jahren noch fast doppelt so hoch war. Laut Studie ist das ein Indiz dafür, dass sich der Fachkräftemangel zuspitzt.
Gefordert: Flexibilität vor Fleiß
61 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass Studienabgänger nicht ausreichend auf die Arbeitswelt vorbereitet seien. Laut Studie mangelt es ihnen an Praxiserfahrung, Sozialkompetenz und persönlicher Reife. Erschwerend hinzu komme eine Kompetenzverschiebung, so Melanie Vogel, Geschäftsführerin der Agentur, die ein „Aussterben der deutschen Tugenden“ konstatiert. Die Unternehmen würden Fleiß, Pünktlichkeit und fehlerfreiem Arbeiten heute am wenigsten Bedeutung beimessen. Stattdessen verlangten sie vor allem Veränderungsbereitschaft, Querdenken, mentale Flexibilität und interkulturelle Kompetenzen von ihren Mitarbeitern – eine Antwort auf die momentane Veränderungsdynamik in der Wirtschaft. Vogel befürchtet eine neue Form der Diskrepanz zwischen Arbeitgebererwartungen und Bewerberkompetenzen, denn die Bildungssysteme belohnten nach wie vor die deutschen Tugenden, während die von den Unternehmen geforderten Kompetenzen im Bildungssystem noch viel zu wenig verankert seien.
Change-Prozesse bewirken höhere Anforderungen an Mitarbeiter
Sechs von zehn der befragten Unternehmen gaben an, vor Umstrukturierungs- und Transformationsprozessen zu stehen. Der Hauptgrund sind Kosteneinsparungen, aber auch die Digitalisierung von Geschäftsprozessen und der zunehmende Wettbewerbsdruck treiben Veränderungen an. 70 Prozent der Befragten stimmten zu, dass die Anforderungen an Mitarbeiter steigen. In circa jedem zweiten Unternehmen nimmt die Arbeitszeit der außertariflich beschäftigten Mitarbeiter zu. Gleichzeitig zeichnet sich der demografische Wandel schon deutlich in den Unternehmen ab: In knapp 51 Prozent der Betriebe ist die Belegschaft älter als 40 Jahre. In rund 17 Prozent der Firmen werden in den kommenden fünf Jahren 20 bis 30 Prozent der Mitarbeiter in Rente gehen. Darüber hinaus gaben 45 Prozent der Teilnehmer an, dass die psychische Belastung der Belegschaft wächst. 39 Prozent stellen einen vermehrten Anstieg psychischer Erkrankungen fest.
Die diesjährige Umfrage erweckt den Eindruck, ein Großteil der Belegschaften wandelt auf einem schmalen Grad zum Burnout,
sagt Melanie Vogel. Ihrer Meinung nach gibt es hier deutlichen Handlungsbedarf, denn eine hohe Veränderungsdynamik und steigende Arbeitszeiten sorgten für Überlastungen und wirkten sich produktivitätsmindernd aus. Allerdings begleiten fast 40 Prozent der Unternehmen Veränderungsprozesse nicht durch entsprechende Personalentwicklungs- und Weiterbildungsprogramme.
Handlungsbedarf durch gestiegene Erwartungen und Überforderung
Die drei größten Herausforderungen, die sich für HR abzeichnen, sind laut Studie eine steigende Erwartungshaltung der Arbeitnehmer, die Überforderung der Führungskräfte und die flexiblere Arbeitsgestaltung. Es folgen die Personalengpässe, Führen auf Distanz und ein zunehmender Individualismus innerhalb der Belegschaft. Umso größer der Kampf um die Talente werde und umso stärker die Auswirkungen des demografischen Wandels zu spüren seien, desto stärker würden die sich daraus ergebenden Handlungsfelder in den Vordergrund drängen, so Melanie Vogel.
Die Ergebnisse der Studie stehen > hier zum Download bereit.