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Corona-Krise führt zur Verlagerung der Arbeitszeit

Abends im Homeoffice
Infolge der Corona-Krise arbeiten vor allem Beschäftigte im Homeoffice häufig zu anderen als den gewohnten Zeiten. Foto: © Halfpoint-stock.adobe.com

In den letzten eineinhalb Jahren haben sich die Arbeitszeiten für viele Beschäftigte verlagert. Stärker betroffen als der Umfang ist die zeitliche Aufteilung der Tätigkeit. Vor allem Mitarbeiter im Homeoffice und Frauen mit Kindern arbeiten vermehrt  zu anderen als den vorher gewohnten Zeiten.

Die Organisation der Arbeit hat sich aufgrund der Corona-Krise verändert. So waren von April bis Juli 2020 Abweichungen vom Arbeitszeitgesetz möglich, indem zum Beispiel in systemrelevanten Berufen die Höchstarbeitszeiten verlängert oder die Mindestruhezeiten verkürzt wurden. Außerdem passte jedes dritte Unternehmen hierzulande aus Gründen des Infektionsschutzes die Gestaltung der Arbeitszeiten und der Pausen an. Jeder vierte Betrieb weitete die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten aus oder führte Remote Work erstmals ein. Dadurch änderte sich vor allem die Lage der Arbeitszeiten. Das geht aus dem Bericht „“Nine to five“ war gestern: In der Pandemie haben viele Beschäftigte ihre Arbeitszeiten verlagert“ des > IAB hervor. Die Daten beruhen auf einer repräsentativen  Befragung von privatwirtschaftlichen Unternehmen ab 50 Beschäftigten sowie deren Mitarbeiter.

Zu Krisenbeginn hatte jeder Vierte andere Jobzeiten als vorher

Im April des letzten Jahres, zu Beginn der Krise, arbeitete etwa ein Viertel der Befragten (25,6 Prozent) ganz (22 Prozent) oder teilweise (3,6 Prozent) zu anderen Zeiten als früher, beispielsweise abends oder am Wochenende. Im Juni lag dieser Anteil wieder deutlich niedriger: 15,8 Prozent arbeiteten teilweise und 2,7 Prozent ausschließlich zu anderen als den gewohnten Zeiten. Im Oktober gaben dies nur noch 8,8 (teilweise) und 0,8 Prozent (ausschließlich) an. Laut den IAB-Forschern dürfte dieser Anteil ab November zwar wieder gestiegen sein, sie gehen aber davon aus, dass viele Beschäftigte in diesem Sommer wieder zur ihren normalen Arbeitszeiten zurückgekehrt sind.

Jeder dritte Homeworker arbeitete abends oder am Wochenende

Wie zu erwarten haben Mitarbeiter im Homeoffice die Verteilung ihrer Arbeitszeit häufiger geändert als jene, die nicht von zuhause aus tätig waren: Von dem Telearbeitern hatte im April 2020 mehr als jeder dritte (36,4 Prozent) nach eigener Angabe seine Arbeitszeit verschoben, während es von denen ohne Homeoffice nur 14,7 Prozent waren. Ähnlich sah die Relation im Juni und Oktober aus. Interessanterweise arbeiteten vor allem die Beschäftigten, die schon vor der Krise zumindest teilweise von zuhause aus tätig waren, häufiger zu anderen Tageszeiten oder an anderen Tagen: Im April waren es 43 Prozent gegenüber 26 Prozent der Berufstätigen, die neu ins Homeoffice gewechselt hatten.

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass Mitarbeiter, die im Job eher autonome Entscheidungen treffen können – oftmals Beschäftigte mit höherer Ausbildung – ihre Arbeitszeit häufiger verlagert haben. Im Oktober etwa traf dies auf 14 Prozent von ihnen zu, während es bei Kollegen mit weniger Autonomie nur vier Prozent waren. Zwischen kinderlosen Frauen und Männern gab es keine Unterschiede, was die Verschiebung der Arbeitszeit betrifft.

Betroffen sind vor allem Eltern und insbesondere Mütter

Anders hingegen sieht es bei Müttern und Vätern aus. Zeitweise geschlossene Kitas und Schulen zwangen Eltern dazu, ihre Kinder zuhause zu betreuen, Homeschooling inklusive. Entsprechend haben Mitarbeiter mit Kindern unter 14 Jahren mit 33 Prozent überdurchschnittlich häufig ihre Arbeitszeiten verlagert – Von den Kinderlosen gaben dies 16 Prozent an. Berufstätige Mütter haben ihren Job jedoch häufiger auf die Abendstunden und Wochenende verschoben als Väter: So sagten 50,6 Prozent der Mitarbeiterinnen mit Kindern, die hätten im April letzten Jahres ihre Arbeitszeiten geändert, während dies nur auf 27,7 Prozent der Väter zutraf. Auch im Juni blieben die Unterschiede ähnlich groß, lediglich im Oktober änderte sich das Verhältnis, allerdings berichteten zu diesem Zeitpunkt insgesamt deutlich weniger Mitarbeiter von verschobenen Arbeitszeiten. Ein weiteres Ergebnis der Befragung: Mitarbeiter, die sich letztes Jahr um pflegebedürftige Angehörige kümmerten, haben ihre bisherige Arbeitszeitverteilung beibehalten. Eine Erklärung dafür wäre, dass die Betreuung feste Zeiten voraussetzt und die Mitarbeiter ihren Job bereits vorher entsprechend angepasst hatten.

Gesundheitsrisiken durch Entgrenzung des Arbeitstags

Die IAB-Forscher weisen darauf hin, dass die erzwungene größere zeitliche Flexibilität den Berufstätigen zwar ermöglicht, Job und Betreuungspflichten zu vereinbaren, aber auch Risiken birgt. So könnten die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben noch stärker verschwimmen, als es sich tendenziell schon vor der Krise abzeichnete. Auch könne es durch die zeitliche Entgrenzung des Arbeitstags vorkommen, dass die Mitarbeiter die gesetzlichen Ruhezeiten nicht einhalten, was mit gesundheitlichen Risiken einhergehe. Mit den Auswirkungen hat sich vor ein paar Jahren auch eine > Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (Baua) befasst. Dazu kommt, dass sich laut einer anderen > IAB-Befragung ohnehin jeder zweite Berufstätige durch die Krise psychisch belastet fühlt.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.