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Erfolgsfaktoren: Transparenz und Fairness

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Ein Mann streckt seine Hand aus.
Mit der richtigen Kommunikation im Trennungsmanagement, finden Trennungen von Mitarbeitern häufiger ein versöhnliches Ende.

In der Praxis reduzieren viele Unternehmen Trennungsmanagement auf rein arbeitsrechtliche Aspekte mit einer Fokussierung auf die Höhe der zu zahlenden Abfindung. Psychologische und kommunikative Faktoren bleiben außen vor. Dies zeigt auch die Kienbaum Studie „Trennungsmanagement 4.0“. So antworten 70 Prozent der befragten HR-Verantwortlichen auf die Frage „Gibt es in Ihrem Unternehmen klar definierte Prozesse, Instrumente, Vorgaben, Erfolgskennzahlen oder Ähnliches?“ mit „Nein“. Zwei Drittel der Führungskräfte, die Trennungsgespräche führen sollen, werden nicht darauf vorbereitet. Wenn es im Unternehmen aber weder eine definierte Trennungsstrategie, noch -prozesse oder -kommunikation gibt, dann überrascht es nicht, dass ein Großteil der Personalverantwortlichen das Thema lieber schnell abhaken will. Doch die Praxis zeigt, dass professionelles Trennungsmanagement an Bedeutung gewinnt, da bewährte Outplacement-Konzepte an ihre Grenzen stoßen.

Trennungsmanagement ist nicht nur ein Thema für Unternehmen, sondern gleichermaßen auch für betroffene Mitarbeiter. Sie sind geleitet von der Frage: „Wie manage ich meine Trennung, damit ich mein Gesicht wahre, eine höchstmögliche Transparenz und Sicherheit habe, bevor ich „freiwillig“ der Trennung zustimme, nahtlos und finanziell abgesichert in meine neue berufliche Zukunft starte?“ Eine geräuschlose, faire und wertschätzende Trennung muss beiden Seiten gerecht werden. Nur dann kann das negativ besetzte Thema Trennungsmanagement in eine Win-Win- Situation münden.

Kommunikation ist das Zauberwort

Oftmals findet ein Personalabbau bei gleichzeitigen Rekrutierungsmaßnahmen statt. In den meisten Fällen geht es also eher um einen Personalumbau statt -abbau. Der Begriff „Umbau“ erzeugt eher ein neutrales bis positives Mindset bei allen Zielgruppen. Insbesondere Betroffene akzeptieren „Umbau“ eher als Trennungsgrund und beziehen es nicht auf sich persönlich. Führungskräfte können in Trennungsgesprächen besser argumentieren beziehungsweise Gründe erklären, schließlich sind alle mit dem Umbau einhergehenden Aktionen nach vorne gerichtet. Um die kommunikative Wirkung des Umbaus voll zu entfalten, spielen Schlüsselbotschaften eine entscheidende Rolle. Ein einheitliches Wording vom Management gegenüber Vorgesetzten, Betriebsräten, Mitarbeitern und der Öffentlichkeit sorgt für eine höhere Akzeptanz in allen Zielgruppen.

Wesentliches Element hierbei sind sogenannte „Push-Botschaften“. Durch Push- Botschaften wird der Entscheidung, den Personalumbau innerhalb eines bestimmten Zeitraums umzusetzen, Nachdruck verliehen. Push soll keine Angst erzeugen sondern erhöht in Kombination mit einem niederschwelligen Angebot (anonyme Kandidaten- Hotline, steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung, Perspektivenberatung mit Fokus auf den Arbeitsmarkt (Pull)) deutlich die Veränderungsbereitschaft der betroffenen Mitarbeiter.

In speziellen Workshops werden Schlüsselbotschaften erarbeitet und Führungskräfte für Veränderungsgespräche mit ihren Mitarbeitern sensibilisiert und befähigt. Sie können die Auswirkungen des Umbaus auf ihre künftige Arbeit besser abschätzen. Darüber hinaus können sie ihre eigenen relevanten Fragen und Bedenken zu den anstehenden Veränderungen äußern und werden befähigt, mit denen ihrer Mitarbeiter umzugehen.

Eine wichtige Entscheider-Gruppe beim Personalumbau sind die Betriebsräte. Durch ein sogenanntes Sounding Board für Betriebsräte werden Erwartungen an den Personalumbau abgeglichen und konstruktive Lösungswege erarbeitet.

Doch bevor ein Personalumbau überhaupt vollzogen werden kann, geht es darum, den Mitarbeitern im Rahmen von Betriebs- und / oder Abteilungsversammlungen zunächst die Situation und entsprechende Lösungswege vorzustellen. Folgende Punkte spielen hierbei eine entscheidende Rolle:

  • Klarheit bezüglich Inhalten und Ablauf des Beratungsangebotes
  • Verdeutlichen der Vorteile des Beratungsangebotes
  • Erstes Kennenlernen der Berater
  • Möglichkeit, Fragen zu stellen

Ergänzt wird eine Informationsveranstaltung idealerweise durch eine treuhänderische Hotline für interessierte Mitarbeiter. Über die Hotline können sich Mitarbeiter für unverbindliche und vertrauliche Perspektiven, sowie steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung anmelden. Die Hotline verfügt über die sogenannte Ausschlussliste, anhand welcher nicht beratungsberechtigte Mitarbeiter in geeigneter Form abgewiesen werden. Sie motiviert Interessierte und beratungsberechtigte Mitarbeiter, mit der Perspektiven- sowie steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Beratung zu starten. Die Hotline garantiert Vertraulichkeit und Anonymität der Mitarbeiter gegenüber ihrem Arbeitgeber und schafft somit eine niedrige Eintrittsschwelle für den Veränderungsprozess.

From Pain to Power

Soweit die wesentlichen Aspekte des Trennungsmanagement aus Sicht des Unternehmens, doch welche Themen stehen für die Betroffenen im Vordergrund? Aus Sicht der von einer Trennung Betroffenen geht es zunächst einmal um die bloße Existenzsicherung: Wie hoch ist meine Nettoabfindung? Wie lange kann ich davon leben? Was passiert wenn ich arbeitslos werde? Eine Individuelle steuer- und sozialversicherungsrechtliche Beratung für die Betroffenen ganz am Anfang des Trennungsprozesses schafft hier Abhilfe. Solange hierbei Unsicherheit besteht, kann sich dieses Vakuum schnell zu einem „Show Stopper“ für eine faire und zeitnahe Trennung erweisen.

Im Rahmen einer Perspektivberatung mit einem Beratungsstart noch vor der Entscheidung zum Aufhebungsvertrag, liegt der Fokus zunächst auf einer intensiven Entscheidungsvorbereitungsphase, in der die individuellen Belange des Mitarbeiters sowie Transparenz und Sicherheit im Zentrum stehen. Erst im zweiten Schritt erfolgt die aktive Vermarktung. Eine niedrige Eintrittsschwelle, und das Erarbeiten der Veränderungsbereitschaft erzeugt eine Win-Win- Situation für beide: den Kandidaten und das Unternehmen. Werden all diese Maßnahmen berücksichtigt, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Kandidaten mit der Beratung starten und einen Aufhebungsvertrag akzeptieren. Zusätzlich wird das Bild des Unternehmens als „Caring Company“ gestützt.

Grundsätzlich ist eine Trennungserfahrung schmerzlich, enttäuschend und wird als existenzbedrohend wahrgenommen. Zentrale Frage ist daher, wie man bei Betroffenen einen Perspektivenwechsel erzielt. Nicht das Risiko, sondern das Erkennen einer neuen Chance muss im Vordergrund steht. Dies gelingt nur, wenn der Betroffene aus der Opferrolle herauskommt. Wie erzeugt man nun eine neutrale bis positive Trennungserfahrung? Wichtig ist, dass dem Betroffenen direkt nach dem Trennungsgespräch ein Sparringspartner zur Seite gestellt wird, der mit der Perspektivenberatung startet. Inhalte der Perspektivenberatung sind unter anderem:

1. Perspektivenwechsel
„Wie wäre es gewesen, wenn ich selbst die Initiative ergriffen hätte?“ in aller Regel ist das Ergebnis das gleiche (Aufhebungsvertrag, Freistellung, Abfindung, New Placement-Beratung), „aber es ist meine Entscheidung und ich bestimme, was ich tue.“

2. Trennung als Befreiungsschlag
Was lief im aktuellen Job nicht so gut, was hat mich demotiviert? Zwar trifft einem eine Trennung oftmals wie ein Blitz aus heiterem Himmel, doch hinterfragt man die Situation, haben die meisten Kandidaten durchaus Signale empfangen, diese aber meistens verdrängt, mit entsprechender Verunsicherung und einer Performance- Minderung als Folge. Alleine die Tatsache, Klarheit zu haben, kann in vielen Fällen befreiend wirken, denn nichts ist quälender als Ungewissheit.

3. Motivation
Was motiviert mich, was konnte ich bisher im alten Job nicht erreichen? Oftmals erkennen Kandidaten, die sich im Trennungsprozess befinden, dass die Ursache für Misserfolg und Scheitern nicht in der eigenen Person liegt, sondern schlicht und ergreifend in der Tatsache, dass das Managementumfeld nicht passte oder der Job überwiegend Aufgaben mit sich brachte, die ohne Motivation oder nur mit Überwindung gemacht wurden.

4. Erzielen der Wahrnehmung
„Wenn ich bleibe, obwohl man mir gesagt hat ich soll gehen, ist das so als ob ich ein totes Pferd reite“ Tatsache ist: Hat ein Unternehmen entschieden, sich von einem Mitarbeiter zu trennen, dann wird es alles tun um dieses Ziel zu erreichen. Die Frage ist lediglich, mit welchen Mitteln und wie lange das dauert.

5. Beschäftigungssicherheit
Nicht die Entscheidung „Stay or Go“ steht im Fokus, sondern die langfristige „Employability“. Gerade im Zuge der Digitalisierung stellt sich für viele Mitarbeiter die Frage, wie sich mit bestehendem Knowhow für die nächsten Jahre so etwas wie Beschäftigungssicherheit erzielen lässt. Der Wechsel in eine andere Branche und/oder eine andere Aufgabe kann dabei ein sinnvoller Weg sein.

Trennungen: Je kürzer, desto besser

Ein weiteres wichtiges Element bei freiwilligen Trennungen ist der Faktor Zeit. Je kürzer die Entscheidungsfrist für oder gegen einen Aufhebungsvertrag ist, desto klarer und dringlicher ist die Trennungsbotschaft und desto kürzer ist der schmerzliche Trennungsprozess. Entscheidungsprozesse von zwei Monaten oder länger werden oftmals interpretiert als Unsicherheit in der Trennungsabsicht des Arbeitgebers und Kandidaten erkennen darin manchmal die Einladung, doch noch um ihren Job zu kämpfen oder, dass es sich der Arbeitgeber „nochmal anders überlegt“. So gut wie immer sind die Enttäuschung und der Trennungsschmerz hinterher umso größer. Nicht das „ob“ der Trennung sollte im Vordergrund stehen, sondern das „wie“: fair, wertschätzend und geräuschlos.

Ist schließlich eine Einigung erzielt und der Aufhebungsvertrag unterschrieben, startet die Phase zwei des Veränderungsprozesses, nämlich die eigentliche NewPlacement- Beratung. Ein gelungener und fairer Trennungsprozess zuvor trägt dann in ganz entscheidendem Maße dazu bei, inwieweit der Kandidat eine geeignete Anschlussbeschäftigung findet und wie lange das dauert: Schon in der Perspektivberatung werden schließlich Möglichkeiten recherchiert, so dass der sich anschließende Bewerbungsprozess dann strategisch und geordnet erfolgen kann.

Trennungsmanagement ist Thema für Unternehmen und Kandidaten gleichermaßen. Wenn Trennungen fair, wertschätzend und geräuschlos von statten gehen, profitieren beide Seiten. Herausforderung ist daher, eine niedrige Eintrittsschwelle zu schaffen, damit sich mit dem Thema beide Seiten konstruktiv und mit einem positiven Blick auseinandersetzen können.

Portrait von Bernd Fricke
Foto: Kienbaum Consultants International

Autor: Bernd Fricke, Director, Executive NewPlacement & Karriereberatung, Kienbaum Consultants International, bernd.fricke@kienbaum.de