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Die Top-Manager der deutschen Energiewirtschaft sind der Ansicht, dass ihre Unternehmen etwa ein Viertel der Wegstrecke der digitalen Transformation absolviert haben. Der Qualität des digitalen Veränderungsprozesses beurteilen sie mit der Schulnote 2,9 und damit als befriedigend. Ansätze wie digitale Geschäftsmodelle, die Automatisierung von Prozessen, moderne Services, die Digitalisierung der Kundenschnittstelle und die Nutzung von Kundendaten sowie datengetriebene Vertriebsstrategien gehen die Unternehmen intensiv an. Dafür haben sie innovative Einheiten (digitale Hubs oder Innovationszentren) eingerichtet, die zusammen mit dem Top-Management die digitalen Themen vorantreiben. Das sind Ergebnisse der Studie „Energiewirtschaft – Die digitale Transformation und die Rolle des CHRO“ von > Heidrick & Struggles. Dafür wurden 20 Vorstandsvorsitzende, Chief Operation Officer und Personalvorstände befragt. Die Interviewpartner repräsentieren rund 35 Prozent der Branche und schließen Versorger, Stadtwerke und Netzbetreiber ein.
Nichts geht ohne Veränderung der Unternehmenskultur
Hinsichtlich des Digitalisierungsfortschritts gibt es zwischen den einzelnen Energieunternehmen allerdings große Unterschiede. Außerdem besteht oft noch Verunsicherung über die Richtung der Veränderungsprozesse. Gemeinsam ist den Firmen jedoch das Bewusstsein, dass die Veränderungsprozesse nur greifen werden, wenn gleichzeitig ein kultureller Ruck durch die Unternehmen geht – weg von der traditionell ingenieurgetriebenen Denkweise hin zu agilen, flexibleren und schnelleren Arbeitsweisen. Neben der Digitalstrategie entwickeln die befragten Firmen deshalb auch neue Personal- und Organisationsformen.
In den Unternehmen ist sehr viel im Fluss bis hin zur Einführung moderner Arbeitsmethoden wie Scrum und Design Thinking,
kommentiert Immo Futterlieb, Partner von Heidrick & Struggles, der die Interviews durchgeführt hat, die Befragungsergebnisse.
HR redet bei digitalen Veränderungsprozessen mit
Die Personalchefs sind bei der Implementierung der kulturellen Aspekte eingebunden und sitzen bei den digitalen Veränderungsprozessen mehrheitlich mit am Tisch, so die Studie. Ein weiterer Schwerpunkt der Aktivitäten im Rahmen der Digitalisierung sind Weiterbildungsangebote, die die Unternehmen in großem Umfang durchführen.
Unsicherheit über benötigte digitale Kompetenzen
Aus der Studie kristallisierten sich auch Bereiche heraus, in denen die Unternehmen der Energiewirtschaft noch Nachholbedarf haben. Das betrifft insbesondere die Besetzung digitaler Jobs. So haben die meisten Befragten noch gar keine klare Vorstellung darüber, welche konkreten Skills und Erfahrungen sie für die erfolgreiche Bewältigung der digitalen Transformation überhaupt benötigen.
Möglicher Anreiz beim Führungskräfte-Recruiting: flexible Vergütung
Auch sind die meisten Arbeitgeber der Branche – von Ausnahmen abgesehen – bei der Rekrutierung von Führungskräften, die die nötigen externen Impulse für den digitalen Wandel geben, nicht erfolgreich. Da vor allem diese Führungskräfte derzeit stark umworben sind, könnten materielle Anreize wie eine Flexibilisierung der Vergütung dabei helfen, sie anzusprechen, so die Studie. Bislang seien die Vergütungsstrukturen in der Branche unflexibel.
Employer Branding: Für junge digitale Talente frischeres Image nötig
Aber auch um für junge digitale Talente attraktiv zu sein, müssen sich die Unternehmen laut Immo Futterlieb anstrengen. Die Energiewirtschaft gelte traditionell – besonders die regionalen Stadtwerke – als zuverlässiger und beliebter Arbeitgeber und es habe kaum Engpässe geben, ausreichend Ingenieure und Betriebswirte zu finden. Doch um im aktuellen Wettbewerb zu bestehen, müssten sich die Unternehmen ein frischeres Image geben. Bei der Entwicklung eines entsprechenden Employer Brandings stünden sie jedoch erst am Anfang.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.