„Wer mit Vorschriften Mitarbeiter zurück ins Büro zwingt, lebt wirklich im letzten Jahrhundert.“ So kommentierte Carsten Maschmeyer vor einigen Tagen den Beschluss der Deutschen Bank, die Homeoffice-Quote von 60 auf 40 Prozent zu senken. Führungskräfte müssen sogar an vier von fünf Tagen ins Büro zurückkehren. Ein Großteil der Betriebsräte hat der Regelung bereits zugestimmt und wie ein Unternehmenssprecher gegenüber der Personalwirtschaft bestätigte, wird die Regelung ab Januar 2025 für 90 Prozent der Beschäftigten in Kraft treten.
Wie zu erwarten kam das beim Großteil der Beschäftigten nicht gut an. Der Ärger über die neue Regelung zeigte sich unter anderem im Intranet des Finanzinstituts. Nach Informationen des Handelsblatts berichtete die Deutsche Bank am 11. November im Intranet von der sich anbahnenden Einigung mit den örtlichen Betriebsräten – nachdem die Zeitung über die Einigung mit dem Betriebsrat berichtet hatte.
Deutsche Bank deaktiviert Kommentarfunktion im Intranet
Der Beitrag wurde nicht gut von den Mitarbeitenden angenommen, wie eine mit den Vorgängen vertraute Person gegenüber der Personalwirtschaft bestätigte. „Rückruf-Aktionen sind per se konfliktträchtig. Bei Mitarbeitenden kann durch eine solche Aktion der Eindruck entstehen, dass die Geschäftsleitung ihnen nicht traut. Außerdem verlieren sie etwas. Da ist Widerstand vorprogrammiert. Deshalb müssen solche Vorgänge kommunikativ gut vorbereitet werden“, kommentiert Patrick Maloney, Senior Director bei der Unternehmensberatung Mercer-HKP-Group. Neben dem Inhalt wurde ein weiterer Punkt des Beitrags kritisiert. Denn die Kommentarfunktion für den Beitrag wurde deaktiviert. Ob aus Antizipation der negativen Kommentare oder weil man aufgrund der noch laufenden Gespräche mit den restlichen Betriebsräten die Kommentare nicht aktiviert hat, wie es im Beitrag heißt, ist dabei nicht klar.
Was dabei jedoch klar ist: Das Deaktivieren der Kommentarfunktion ist nicht unbedingt das beste Vorgehen, wenn man als Unternehmen erreichen möchte, dass Change-Prozesse von der Belegschaft angenommen werden. Carsten Maschmeyer geht in seinem Linkedin-Post sogar so weit und nennt das Vorgehen der Deutschen Bank ein „Kommunikations-Desaster“. Auf Nachfrage der Personalwirtschaft sagt Maschmeyer: „Das Ergebnis kommunikativ vorwegzunehmen [bevor mit allen Betriebsräten eine Einigung getroffen wurde, Anm. d. Red.] und dann die Kommentarfunktion abzuschalten, halte ich für die falsche Entscheidung. Das führt nur zu Unzufriedenheit und man verpasst auch die Chance, aus den Kommentaren Erkenntnisse abzuleiten.“
Nicht nur der Investor Carsten Maschmeyer, auch viele Kommunikationsexperten und -expertinnen äußern sich dazu auf Linkedin – ein Pressesprecher eines Unternehmens nennt es beispielsweise eine desaströse Entscheidung. Der Titel einer der aktuellsten Kununu-Bewertungen der Deutschen Bank bringt die möglichen Auswirkungen auf den Punkt: “wie verliert man Gute Mitarbeiter? Homeofficequote☝”.
Offene Kommunikation ist der Schlüssel bei Change-Prozessen
Ähnlich sieht es Matthias Wesselmann, CEO der Unternehmensberatung Ketchum Deutschland. Für ihn ist das Intranet „ein zentraler Kanal für den internen Dialog und eine Schnittstelle zwischen dem Unternehmen und seinen Mitarbeitenden.“ Logischerweise würden dort auch Konflikte stattfinden. „Im Rahmen von Veränderungsprozessen ist es essenziell, mögliche Szenarien für kritische Diskussionen frühzeitig zu antizipieren und Lösungen zu entwickeln“, führt Wesselmann weiter aus.
Außerdem stecke gerade in der Veränderung einer Homeoffice-Regelung Konfliktpotenzial. „Veränderungen, die von Mitarbeitenden möglicherweise als Verlust wahrgenommen werden, erfordern eine klare Einbindung der Belegschaft“, sagt Wesselmann. Maloney mahnt zudem eine klare Positionierung von HR an: „Die angeordnete Rückkehr ins Büro hat nicht nur Folgen für die Reputation des Unternehmens als Arbeitgeber, sondern auch für den Ruf von HR. Steht HR sonst für eine Funktion, die Employee Experience, Diversity und Lebensphasenorientierung großschreibt, muss sie sich angesichts einer Anwesenheitspflicht im Büro die Frage gefallen lassen, wie das eine zum anderen passt.“ Dazu bräuchte es von HR überzeugende Antworten, die sicherstellen, dass der eigene Markenkern als mitarbeitendenorientierte Unternehmensfunktion nicht nachhaltig beschädigt wird, führt der Experte für HR-Kommunikation weiter aus.
Sollte man also gerade bei vermutlich schlechten Nachrichten die Kommunikation einschränken? „Eine transparente, konsistente und dialogorientierte Kommunikation ist entscheidend, um Akzeptanz und Engagement zu fördern. Ein Verlust von Motivation bei den Mitarbeitenden, vielleicht sogar resignierende Mitarbeitende in innerer Emigration oder gar im Zustand der inneren Kündigung, würde der Sache einen Bärendienst erweisen. Genau das gilt es zu vermeiden“, schließt Wesselmann ab.
Info
Nach Meinung des Ketchum CEOs sollte jede Kommunikation zu Change-Prozessen folgende Fragen sinnvoll beantworten und in verständlicher Weise vermitteln:
- Warum ist die Veränderung jetzt notwendig?
- Was ist das Zielbild, und wie sollen Mitarbeitende zur Zielerreichung beitragen?
- Welche Konsequenzen hätte ein Scheitern der Veränderung?
- Welche Alternativen wurden geprüft, und warum fiel die Entscheidung so aus?
- Was bedeutet die Veränderung konkret für die Mitarbeitenden?
- Welche Erwartungen bestehen an die Mitarbeitenden?
Frederic Haupt war Volontär der Personalwirtschaft.

