Eine aktuelle Studie hat sich dem Thema Inklusion gewidmet, wobei sie darunter nicht speziell die Eingliederung bestimmter Gruppen versteht, sondern in erster Linie die Wertschätzung aller Beschäftigten im Unternehmen. Inklusion sei mehr als Diversität und Gleichberechtigung, heißt es. Legt man diese Definition zugrunde, ist es mit der Inklusion nicht gut bestellt: Knapp drei Viertel (73 Prozent) der Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie geben an, dass sie selbst in den vergangenen zwölf Monaten eine Form der Ausgrenzung, also Exklusion, im Job erfahren haben. Außerdem haben fast zwei Drittel (63 Prozent) erlebt, wie jemand am Arbeitsplatz ausgegrenzt oder ungerecht behandelt wurde.
Das kann von Abwertung über die Unterdrückung von Ideen und den Ausschluss aus Team-Aktivitäten bis zu Aussonderung und Herabwürdigung und Aussonderung reichen. Von Ausgrenzung können alle Beschäftigten betroffen sein. Allerdings werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die einer Randgruppe angehören, mit größerer Wahrscheinlichkeit ausgegrenzt als andere, beispielsweise Menschen mit einer Behinderung und Angehörige der LGBTQ+-Gemeinschaft, aber auch Beschäftigte mit einem Einkommen, das nicht ihren aktuellen Anforderungen entspricht und interessanterweise häufig Beschäftigte im Pflegebereich. Für die Studie der HR- und Leadership-Beratung Kincentric wurden 4.908 Vollzeitbeschäftigte in UK, den USA, Kanada, Indien und Singapur befragt.
Blockierende statt mitnehmende Kultur
Lediglich jeder dritte Befragte denkt, dass seine Unternehmenskultur Inklusion vorantreibt. 40 Prozent sind sogar der Ansicht, in einem Umfeld zu arbeiten, das Inklusion eher blockiert als fördert. Häufig herrscht laut Studie statt einer mitnehmenden eher eine toxische Kultur vor. Merkmale einer solchen blockierenden Kultur seien etwa, so Dr. Stefan Mauersberger, Partner und Regionalchef für Zentral-, Süd- und Osteuropa bei Kincentric, dass Beschäftigte ihre Meinung aus Angst vor Repressalien nicht frei äußern. Hinzu komme oftmals das Ausüben von Druck zur Erreichung der Ziele oder das Fehlen klarer, neutraler Kriterien für eine faire Leistungsbewertung, aber auch Konkurrenzdenken spiele eine Rolle.
Vier Faktoren für ein inklusives Arbeitsumfeld
Eine inklusive Unternehmenskultur fußt laut Studie auf vier Säulen: Mitarbeitende müssen sich wertgeschätzt fühlen, können ihre Meinung offen äußern, Einfluss auf Entscheidungen nehmen und ihre Fähigkeiten in vollem Umfang einbringen, dabei seien alle vier Faktoren gleichwertig. Sind alle vier Kriterien erfüllt, ist das Mitarbeiterengagement am stärksten ausgeprägt; mit der Kombination von nur zwei Elementen lassen sich keine überdurchschnittlichen Werte erzielen. Entsprechend ist das Engagement am niedrigsten, wenn Beschäftigte gar keine dieser Möglichkeiten haben. Inklusion maximiert außerdem das Potenzial des Einzelnen und der Teams. Wenn Beschäftigte einen integrativen Arbeitsplatz erleben, sind Teams bis zu viermal besser in der Lage, schwierige Probleme zu bewältigen, alle Ideen zu äußern und zu prüfen, bevor sie eine Entscheidung treffen und bei gegensätzlichen Meinungen der Teammitglieder gemeinsam Lösungen zu finden, so die Studie. Überdies führe Inklusion zu einer besseren Mitarbeiterbindung. Die Befragung zeigt, dass Angestellte beinahe doppelt so häufig im Unternehmen bleiben, wenn sie das Gefühl haben, dass eine Kultur der Inklusion und Wertschätzung gelebt wird.
Inklusion ist Aufgabe für Führungskräfte
Es ist Aufgabe der Führungskräfte, die Bedingungen für ein inklusives Umfeld zu schaffen und für viele von ihnen hat dies auch eine hohe Priorität, doch häufig mangelt es an der Umsetzung. Vielleicht fehlt es bisweilen auch am nötigen Bewusstsein für das Thema, denn Vorgesetzte sind weniger betroffen, obwohl auch sie nicht alle positive Inklusionserfahrungen gemacht haben: So empfinden fast zwei Drittel (62 Prozent) der Führungskräfte auf Senior-Level Wertschätzung für ihre Leistungen, während dies nur auf gut ein Viertel (28 Prozent) der Mitarbeitenden zutrifft. Aber es geht bei der Etablierung einer inklusiven Arbeitsumgebung auch um die Frage der Glaubwürdigkeit der Führung. So hält gut ein Drittel aller Befragten (37 Prozent) die Maßnahmen des Managements im Bereich Inklusion für aktionistisch oder unglaubwürdig und rund ein Viertel (26 Prozent) ist sich unsicher und weiß die Maßnahmen nicht einzuschätzen.
Führungskräfte sollten sich überlegen, wie alle vier Elemente der Integration kultiviert werden können, welche Verpflichtungen eingegangen und welche Fähigkeiten entwickelt werden müssen, um sicherzustellen, dass alle ihre Stimme erheben können, Einfluss auf die Entscheidungsfindung haben und ihr Bestes beitragen können, so die Studie. Die Etablierung von Inklusion sei jedoch ein Prozess, der nicht nur Zeit benötigt, sondern authentische inklusive Führung seitens der Unternehmensleitung sowie der Personalabteilung erfordert. Normen, Verhaltensweisen und Richtlinien, die einer inklusiven Kultur im Wege stehen, gelte es kritisch zu hinterfragen und grundlegend zu verändern und Führungskräfte müssten ausgrenzendem Verhalten konsequent entgegentreten.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.

