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Der populärpsychologische Begriff der Quarterlife Crisis kam1997 zuerst in den USA auf und wurde im Jahr 2002 vor allem durch den Bestseller „Quarterlife Crisis: Die Sinnkrise der Mittzwanziger“ zweier amerikanischer Autorinnen bekannt. Danach war es um diese Sinnkrise etwas stiller geworden. Eine Befragung des beruflichen Netzwerks LinkedIn unter 1003 Berufstätigen zwischen 25 und 33 Jahren in Deutschland hat nun jedoch ergeben, dass zwei Drittel dieser jungen Menschen bereits von der Quarterlife Crisis betroffen sind oder waren. Eine Aufschlüsselung nach Geschlechtern gibt die Untersuchung nicht.
Mit 26 schlägt die Quarterlife Crisis zu
67 Prozent der Befragten gaben an, vor ihrem vollendeten 30. Lebensjahr an einer Quarterlife Crisis gelitten zu haben. Dabei bereitete 39 Prozent die Wahl des richtigen Berufes die größten Sorgen. 34 Prozent machten sich Gedanken um die richtigen Qualifikationen, 22 Prozent beschäftigten sich mit Beförderungen und 20 Prozent fürchteten sich vor Arbeitslosigkeit. Im Schnitt setzte die Quarterlife Crisis um den 26. Geburtstag ein und dauerte ein Jahr.
Der Ernst des Lebens droht, das Internet verunsichert zusätzlich
Laut Studie liegt die tiefgreifende Verunsicherung daran, dass die Welt den jungen Menschen nach Studium oder Ausbildung nun mit all ihren Möglichkeiten offen steht – die Qual der Wahl sozusagen? Andererseits nähmen aber bestimmte Freiheiten ab und der Druck steige, der sogenannte Ernst des Lebens beginne. Das, so die Autoren, stürze die Mittzwanziger in eine tiefe Lebenskrise. Die im Rahmen der Studie zitierte Psychotherapeutin Dr. Karin Beck sagt, das Phänomen habe deutlich zugenommen. Ein Grund dafür sei unter anderem die ständige Vergleichbarkeit in Zeiten der Informationstechnologie und die damit einhergehende Flut an scheinbaren Optionen.
Die meisten reden mit Freunden und Familie über die Krise
Und wie gehen die Mittzwanziger mit ihrer Lebenskrise um? 85 Prozent wenden sich in dieser Lage an Freunde und 63 Prozent sprechen mit Familienmitgliedern. Nur 3,8 Prozent ziehen Mentoren hinzu, allerdings sagen 35 Prozent, dass sie dies tun würden, aber nicht über das nötige Netzwerk verfügen. Die neue LinkedIn-Funktion „Karrieretipps & Mentoring“ will hier Abhilfe schaffen, Mitglieder bei karriererelevanten Fragen unterstützen und passende Mentoren vorschlagen.
Berliner sind stärker betroffen als Bayern
Ob es sich bei der Quarterlife Crisis nun tatsächlich um eine ernste Krise und ein Massenphänomen handelt oder ob die ganz normalen Probleme eines bestimmten Lebensabschnitts damit einfach einen populären Namen bekommen, sei dahingestellt. Ein interessantes Ergebnis zeigt die Studie jedoch noch: In Sachen Mittzwanzigerkrise gibt es regionale Unterschiede. So gaben in Berlin (75 Prozent), Baden-Württemberg (74 Prozent) und im Saarland (71 Prozent) mehr Teilnehmer als der Durchschnitt an, diese Situation durchlebt zu haben, während das Phänomen bei jungen Berufstätigen in Bayern (54 Prozent) und in Sachsen-Anhalt (53 Prozent) seltener vorkommt.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.