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Digitaler Stress – Ursachen und Folgen

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Mann mit verzweifeltem Gesicht steckt in symbolischer digitalen Datenflut und streckt hilfesuchend einen Arm hoch
Viele Mitarbeiter sind von den Auswirkungen der digitalen Arbeitswelt überfordert.
Foto: © alphaspirit/StockAdobe

Berufstätige, die im Job digitalem Stress ausgesetzt sind, fühlen sich weniger leistungsfähig und schätzen ihre Gesundheit schlechter ein als andere Arbeitnehmer. Einige der möglichen Folgen sind eine schlechtere Arbeitsleistung und Unzufriedenheit mit dem Job bis hin zum häufigeren Nachdenken darüber, die Arbeitsstelle zu wechseln. Das geht aus der Studie „Gesund digital arbeiten?!“ des Projektes PräDiTec (Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien) hervor. Dafür hat ein wissenschaftliches Team aus Ärzten, Psychologen, Soziologen und Wirtschaftsinformatikern 5000 Erwerbstätige in Deutschland zu Auswirkungen und Belastungen von digitalem Stress befragt. Das Projekt wird im Rahmen der Initiative „Gesund – ein Leben lang“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Auswirkungen von digitalem Stress: von Gereiztheit bis zur Skelett-Erkrankung

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass die gesundheitlichen Folgen durch digitalen Stress von Gereiztheit und anderen psychischen Beeinträchtigungen über Erschöpfung bis hin zu Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems reichen. Je mehr digitalen Stress Mitarbeiter erleben, umso mehr sind sie von gesundheitlichen Einschränkungen betroffen.

Größte Belastungsfaktoren: Überwachung und Verletzung der Privatsphäre

Die Studie identifiziert zwölf verschiedene Belastungsfaktoren bei der Arbeit mit digitalen Technologien und Medien. Dazu gehören die Omnipräsenz, das Gefühl der ständigen Erreichbarkeit sowie eine kürzere Reaktionszeit durch das Auflösen der Grenzen zwischen Arbeits- und Privatleben. Ein weiterer Belastungsfaktor ist die Überflutung – das Gefühl, aufgrund der höheren Menge an bereitgestellten Informationen mehr und schneller arbeiten zu müssen. Am stärksten beeinträchtigt die Mitarbeiter das Gefühl, dass durch die Nutzung von digitalen Technologien und Medien die Überwachung und Bewertung ihrer Arbeitsleistung zunehmen („Leistungsüberwachung“) und ihre Privatsphäre durch digitale Medien und Technologien verletzt wird („Gläserne Person“). Jeder dritte Befragte gibt an, mindestens einem Belastungsfaktor sehr stark ausgesetzt zu sein. Knapp jeder Fünfte sagt, wegen eines Belastungsfaktors sehr starken digitalen Stress wahrzunehmen. Der digitale Stress wird durch zusätzliche Faktoren noch erhöht, so die Studie: durch Konflikte am Arbeitsplatz, hohe emotionale Anforderungen, die Arbeitsmenge, eine zu autonome Auswahl von Technologie und Medien am Arbeitsplatz sowie eine innovative Unternehmenskultur.

Geringe Nutzung neuer Technologien stresst besonders

Allerdings verursache nicht jeder Arbeitsplatz, der mit digitalen Technologien ausgestattet ist, in gleichem Maße digitalen Stress, so die Autoren. Einfluss auf die Belastung habe die Kombination aus der Anzahl genutzter digitaler Technologien und Medien, außerdem die Nutzungsintensität. Am höchsten sei die Belastung bei einer großen Anzahl an verschiedenen Technologien, die nur wenig genutzt werden, da die Fähigkeiten und Kenntnisse zur Anwendung der Technologien bei geringer Nutzung schwieriger zu erhalten seien und die Verunsicherung zunehme.

Wir brauchen wirksame Maßnahmen und Instrumente, damit digitaler Stress nicht erst entsteht und die helfen ihn abzubauen, wenn er da ist,

sagt Dr. Michael Drees von der Ias Gruppe, einem der Projektpartner.

Stress entgegenwirken: Vor allem auf die Führungskräfte kommt es an

Laut Studie ist es möglich, mit organisationalen und sozialen Faktoren digitalem Stress entgegenzuwirken. Dabei seien folgende Aspekte förderlich: ein erweiterter Handlungsspielraum für arbeitsrelevante Entscheidungen, Arbeitsinhalte und -organisation, eine gute Beziehung zum Vorgesetzten, das Verhalten der Führungskraft, Zuversicht und – entgegen der derzeit häufig propagierten flachen Hierarchien – eine Unternehmenskultur, die eher von hierarchischen Strukturen geprägt ist. Dabei sei für erfolgreiche und motivierte Teams vor allem die Führungskraft entscheidend, so Drees.

Die Studie, die Arbeitgeber und Führungskräfte für Belastungen und Auswirkungen von digitalem Stress sensibilisieren soll, kann > hier zum Download angefordert werden.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.