Ein Hund kann eine echte Bereicherung für ein Unternehmen sein. Doch bevor er Platz neben dem Schreibtisch nimmt, sollte man über mögliche Probleme nachdenken und einige Regeln beachten.
Die Vorteile eines Bürohundes scheinen auf der Hand zu liegen: Zahlreiche Studien belegen, dass Mitarbeiter weniger gestresst sind, nicht so oft ausfallen und sich stärker ans Unternehmen gebunden fühlen, wenn sie einen Hund im Büro haben. An dem jährlich stattfindenden Aktionstag „Kollege Hund“ nehmen bereits mehr als 1000 Unternehmen in Deutschland teil. Tierfreundliche Betriebe ermöglichen ihren Mitarbeitern an diesem Tag, ihre Hunde mit zur Arbeit zu bringen. Doch was sollten Personaler beachten, wenn ein Hund nicht nur einmal im Jahr mit ins Büro kommt, sondern fest zur Belegschaft gehört?
Mensch-Hund-Trainer Markus Beyer vom Bundesverband Bürohund berät seit drei Jahren Arbeitnehmer und Unternehmen. „Zunächst haben Arbeitnehmer keinen Rechtsanspruch darauf, ihren Hund mit ins Büro zu nehmen“, sagt er. Falls das Unternehmen sich für einen Bürohund entscheiden sollte, brauche der Hundehalter eine Haftpflicht. Außerdem sei es wichtig, einen schriftlichen Vertrag aufzusetzen. „Hier sollten alle Regeln und Pflichten des Halters vereinbart werden“, so der Hundetrainer. Wenn das Unternehmen noch keine Erfahrungen mit Hunden habe, sei es sinnvoll, eine Pilotphase in einer Pilotabteilung zu vereinbaren. Gerade das Thema Angst spiele eine große Rolle. „Bei vielen Mitarbeitern spielt sich schon ein innerer Film vor Augen ab, was alles Schlimmes passieren könnte“, sagt er.
Nicht mit dem Hund ins Haus fallen
Damit die Mitarbeiter das Thema Bürohund positiv aufnehmen, rät Markus Beyer, die Kollegen langsam dafür zu sensibilisieren. Einfach mit der Tür ins Haus zu fallen und ruckzuck einen Hund anzuschleppen, sei ein großer Fehler, der immer wieder gemacht werde. „Da hilft es auch nicht, wenn Sie mit Fakten aus Studien argumentieren“, erklärt Beyer. „Sie müssen die emotionale Ebene ansprechen.“ Hilfreich sei es, wenn Personaler im Unternehmen über gesundheitliche Probleme aufklärten. So könnten sie in einem Vortrag über psychische Erkrankungen darauf hinweisen, welche persönlichen Einschnitte derartige Erkrankungen zur Folge haben könnten. „Wenn Personaler im Anschluss sagen, dass ein Bürohund ein Mittel ist, Stress abzubauen, sind die Kollegen dem Thema gegenüber schon offener eingestellt“, sagt Beyer. „Dann haben Sie schon ganz andere Ergebnisse.“
Davon, dass ein Hund auf Vorbehalte trifft, kann Silke Rudolph ein Lied singen. Die Versicherungsvertreterin aus Riesa weiß noch, dass vor elf Jahren viele ihrer Freunde sagten: „Als Chefin hast du es ja einfach, deinen Hund mit ins Büro zu nehmen.“ Das sei es aber nicht gewesen, weil eine ihrer Mitarbeiterinnen Angst vor Hunden gehabt habe. Damit es zwischen der Kollegin und ihrem Mops Fanny klappte, vereinbarte Silke Rudolph von Anfang an klare Regeln. So durfte der Hund nicht alleine durch die Zimmer stromern. Zum Glück habe Fanny dazu aber eh keine Lust gehabt, sondern habe die meiste Zeit geschlafen. Und irgendwann war die Angst bei der Mitarbeiterin wie weggeblasen. Beyer findet, dass Silke Rudolph alles richtig gemacht hat. „Personaler sollten nicht nach dem Motto ‚Wir machen das schon‘ vorpreschen, sondern die Ängste nachvollziehen.“ Hilfreiche Fragen wären: Was müsste passieren, dass Sie keine Angst mehr vor dem Bürohund haben? Oder: Würden Sie sich besser fühlen, wenn der Hund auf dem Flur angeleint ist? Wäre es okay, wenn der Hund sich niemals ohne Ihre explizite Aufforderung Ihnen nähern darf? So könne man Schritt für Schritt festlegen, welche Regeln passen. Wenn es im Unternehmen zwei Fahrstühle gebe, dürfe der Hund zum Beispiel nur einen davon benutzen. Sehr oft hat Beyer erlebt, dass die Angst schnell verflogen ist. Von vielen Hundebesitzern habe er gehört, dass die Kollegen, die erst gegen den Bürohund waren, ihn nach einigen Wochen mit Leckerlis vewöhnten.
Gesundheitliche Probleme sind selten
Doch nicht nur Angst vor Hunden ist ein mögliches Hindernis. Als Elena Frateantonio, Senior Community Managerin aus Hamburg, ihren Shi-Tzu-Mischling Ludo mit ins Büro brachte, reagierte einer ihrer Kollegen allergisch auf die Hundehaare. Viele Unternehmen verbieten Bürohunde in so einem Fall. Doch die Firma fand eine Lösung: Frateantonio zog mit ihrem Hund in ein Extrabüro, das ihr Ludo nicht verlassen durfte. So war der Mitarbeiter, der eine Allergie hatte, geschützt. Die anderen Kollegen konnten den Vierbeiner besuchen, um mit ihm Bällchen zu spielen.
„Es versteht sich, dass Allergiker geschützt werden müssen. Allergien können ein Grund sein, warum keine Tiere im Büro möglich sind. Im schlimmsten Fall können Mitarbeiter Atemnot bekommen“, sagt Experte Beyer. Tränende und juckende Augen, eine laufende Nase, Husten, Hautjucken und Nesselsucht sind weitere Symptome einer Allergie. Der Hundetrainer weist allerdings auf eine Studie des Robert-Koch-Instituts aus dem Jahr 2013 hin, nach der lediglich sieben Prozent der erwachsenen Bevölkerung eine grundsätzliche Sensibilität gegen Hundeschuppen besitzen. Und nur bei 30 bis 35 Prozent davon komme es zu allergischen Reaktionen.
Feste Arbeitsplatzbeschreibung für den Hund
Doch auch auf die Gesundheit des Hundes muss Rücksicht genommen werden. „Er braucht einen geschützten Platz, der weder zu warm noch zu kalt noch zu zugig ist“, sagt Beyer. Der Hund bräuchte außerdem eine weiche Decke oder einen bequemen Korb. Wichtig für den Hund sei, dass er immer die Möglichkeit habe, sich zurückzuziehen, wenn er seine Ruhe brauche. Der Hundehalter müsse regelmäßig für Frischwasser sorgen und das Tier zu festen Zeiten füttern.
Mindestens so wichtig für das Tier ist eine feste Bezugsperson. „Ich habe auch schon erlebt, dass Unternehmen einen Hund aus dem Tierheim ins Büro bringen wollten. Das ist eine katastrophale Idee“, sagt der Hundetrainer. Der Hund sei überfordert und es gebe niemanden, der ihm Grenzen aufzeigen könne. „Es ist um Tierheimhunde besser bestellt, wenn sich ein Mitarbeiter findet, der den Hund auch langfristig in sein Leben lässt. Egal ob der Hund im Büro akzeptiert wird oder nicht.“
Hunde müssen natürlich gut sozialisiert sein. Wenn der Hund das Gefühl hat, er müsse seinen Halter beschützen und ständig zur Tür rennt und bellt, ist er fürs Arbeitsleben ungeeignet. Zu Stress können auch zu viele Vierbeiner im Betrieb führen. Da braucht es einen festen Terminplan, welcher Hund wann antreten darf. Oder feste Regeln für das Verhalten am tierischen Arbeitsplatz. Diese Erfahrung hat auch Dennis Fäckeler aus Köln gemacht, der als Marketingleiter arbeitet. Sein Labrador Casper ging schon länger mit ihm ins Büro, als der Welpe eines anderen Kollegen plötzlich auch mit von der Partie war. „Da muss man aufpassen, dass die Hunde an zwei unterschiedlichen Plätzen sind, sonst fangen sie an zu spielen“, sagt Fäckeler. Außerdem darf Labrador Casper nicht an Bosses Platz, weil er sonst mit dessen Spielzeug davonlaufen würde. Das sorge bei dem Welpen für trauriges Jaulen, was einfach zu sehr von der Arbeit ablenke.
Dennis Fäckeler rät Unternehmen, bei denen mehrere Hunde am Start sind: „Damit die Hunde sich gut verstehen, ist es wichtig, dass sie sich vorher draußen kennen- lernen und das Büro nicht als ihr Revier ansehen.“ Es könne allerdings Tage, manchmal auch Wochen dauern, ehe sie sich bürokompatibel aneinander gewöhnt hätten.