In den letzten Jahren haben technologische Fortschritte in der Personalabteilung eine wahre Revolution ausgelöst. Von Künstlicher Intelligenz bis hin zu datenbasierten Analysetools versprechen diese Technologien, den gesamten HR-Bereich zu optimieren und die Arbeitswelt zu verbessern. So weit, so gut. Aber dank ChatGPT & Co. kommt bei vielen die Frage auf: Wie sicher ist mein Job?
Dazu meine These: Trotz aller Euphorie wird HR-Technologie auch in den nächsten Jahren nicht alleine die Personalabteilung leiten. Die digitale Transformation hat zweifellos zahlreiche Vorteile gebracht: Automatisierung von wiederkehrenden Aufgaben, bessere Auswahl von Bewerbern und Bewerberinnen durch KI-gestützte Analyse, verbesserte Mitarbeitendenverwaltung. Technologie gestaltet den HR-Alltag bereits jetzt effizienter und angenehmer.
Und jetzt die “guten” Nachrichten für uns Menschen: Es gibt trotzdem noch einige entscheidende Gründe, warum die Technologie alleine nicht ausreicht, um die tiefgreifenden Herausforderungen bezüglich der Arbeitswelt von morgen zu bewältigen und uns ganz zu ersetzen. Vier davon lauten:
1. Die Gefahr, dass Technologie Vorurteile verstärkt, anstatt sie zu reduzieren
Algorithmen und KI-Modelle basieren auf historischen Daten, die bereits vorhandene Ungleichheiten in der Gesellschaft widerspiegeln können. Wenn diese Daten in die HR-Technologie einfließen, kann es zu einer Verstärkung von Vorurteilen und Diskriminierung kommen. Zum Beispiel könnten Algorithmen dazu neigen, bestimmte Kandidaten oder Kandidatinnen zu bevorzugen oder zu benachteiligen, ohne dass dies offensichtlich ist. Es ist daher entscheidend, dass HR-Verantwortliche die Technologie als Werkzeug nutzen und gleichzeitig die Entscheidungen kritisch hinterfragen, um faire und gerechte Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.
2. HR-Tech kann den persönlichen Kontakt nicht ersetzen
Insbesondere in Zeiten der Digitalisierung, in denen Remote-Arbeit immer mehr zur Norm wird, ist es wichtig, den menschlichen Aspekt nicht zu vernachlässigen. Face-to-Face-Interaktionen fördern den Teamgeist, stärken die Bindung zwischen Mitarbeitenden und fördern eine gesunde Unternehmenskultur. Technologie kann als Hilfsmittel dienen, um diese Beziehungen zu unterstützen, aber sie sollte niemals den persönlichen Austausch ersetzen.
3. Die Gefahr der Abhängigkeit von Technologie
Wenn HR-Abteilungen zu sehr auf Technologie setzen, um ihre Aufgaben zu erledigen, kann dies dazu führen, dass menschliche Fähigkeiten verkümmern. Die Fähigkeit, menschliche Beziehungen zu pflegen und kreativ Probleme zu lösen, sind jedoch essenzielle Fähigkeiten für die HR-Arbeit. Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Technologie und menschlichen Fähigkeiten ist daher von entscheidender Bedeutung.
4. Der menschliche Faktor
KI-Systeme und Algorithmen sind in der Lage, Profile von Bewerbern und Bewerberinnen zu analysieren und potenzielle Talente zu identifizieren. Dennoch können sie nicht die menschliche Intuition und soziale Kompetenz eines oder einer erfahrenen Personalverantwortlichen ersetzen. Die menschliche Interaktion und das Einfühlungsvermögen sind entscheidend für eine erfolgreiche Zusammenarbeit und die Schaffung einer positiven Arbeitskultur.
HR-Technologie ist zweifellos ein mächtiges Werkzeug, das den Personalbereich weiter revolutionieren wird. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass sie allein nicht ausreicht, um die Welt zu retten. Es bedarf der richtigen Mischung aus Technologie und menschlichen Fähigkeiten, um die Herausforderungen der modernen Arbeitswelt erfolgreich zu bewältigen. Die Technologie kann dabei unterstützen – aber es ist letztendlich die Menschlichkeit, die den Unterschied macht.
Also: Unsere Jobs als Personaler und Personalerinnen sind sicher!
Autor
Benjamin Visser prägt die Welt des Recruitings seit mehr als 20 Jahren. Er gründete den „Recruiting as a Service”-Dienstleister Searchtalent, um die Personalbeschaffung zu verändern. Mit allygatr, dem führenden operativen Venture Capitalist für HR Tech, ist Visser inzwischen in der ganzen Branche präsent: von Personalentwicklung über Mental Health bis hin zu People Analytics. Allygatr hat mittlerweile in über 22 digitale Start-ups investiert (weitere werden folgen).
In seiner Kolumne „Ben’s People Perspective“ schreibt Benjamin Visser über HR Tech und die Arbeitswelt. Dabei teilt Visser seine einzigartige Sicht auf alles, was Unternehmen und ihre Mitarbeitenden verbindet.