Befindet sich die duale Ausbildung in einer Krise? Die Lage ist härter geworden, die Unternehmen müssen sich mehr als früher um Auszubildende bemühen. Doch eine Krise, so wie in der Presse vielfach berichtet, können die Teilnehmer des Round Table nicht bestätigen. Fest steht aber: Die Ausbildung in Deutschland hat ein Imageproblem, – unter anderem, weil die Bildungspolitik das Studium jahrelang als höherwertig herausgestellt hat. So gesehen steckt die duale Ausbildung eher in einer Kommunikationskrise: Die Unternehmen sind gefordert klarzumachen, dass althergebrachte Vorstellungen, eine Ausbildung sei langweilig und führe in eine Karrieresackgasse, nicht stimmen. Sie müssen Transparenz schaffen und die Stärken einer betrieblichen Ausbildung herausstellen, damit diese mehr an Attraktivität gewinnt.
Ausbildung erlebbar machen
Darüber hinaus geht es auch zunehmend mehr um eine beratende Rolle, die den Unternehmen zukommt. Denn neben falschen Vorstellungen haben viele Jugendlichen auch schlicht keine Vorstellung von einzelnen Berufen und davon, was man in einer Ausbildung macht. Sie brauchen Orientierung bei der Berufswahl. Aufgabe der Unternehmen ist es, diese zu geben. Gelingen kann ihnen dies insbesondere, indem sie Ausbildung erlebbar machen – etwa, indem sie Informationstage veranstalten oder Praktika anbieten. Auch das Konzept „Azubis werben Azubis“ funktioniert gut: Die Auszubilden berichten direkt aus ihrem Arbeitsalltag, so bringen sie potenziellen Bewerbern die Ausbildung sehr nah. Zudem sind sie auf Augenhöhe mit den Jugendlichen, standen sie vor ihrer eigenen Ausbildung doch vor den gleichen Fragen wie diese. Daher können sie die Jugendlichen auch emotional gut abholen“.
Langfristiges Azubimarketing
Was gehört noch zu einem guten Ausbildungsmarketing? Dass es weniger wichtig ist, Kampagnen zu organisieren, als sich als Ausbildungsbetrieb langfristig und kontinuierlich zu präsentieren, wurde beim Round Table sehr deutlich. Schulkooperationen spielen in diesem Zusammenhang eine besondere Rolle. Manche Unternehmen starten ihr Bewerbermarketing gar schon in den Grundschulen. Doch auch kurzfristige Aktionen sind sinnvoll: Last-Minute-Ausbildungsplätze gewinnen Jahr für Jahr mehr an Bedeutung. Viele Unternehmen, die bis kurz vor Ausbildungsstart immer noch nicht alle Azubi-Plätze besetzt haben, finden so immer noch gute Bewerber.
Die Bedeutung der sozialen Medien beim Azubimarketing ist indes nicht eindeutig. Den Ergebnissen der aktuellen Azubi-Recruiting-Studie von U-Form-Testsysteme zufolge nutzen die Jugendlichen die Social Media kaum für ihre Berufswahl. Die Erfahrungen einiger Round-Table-Teilnehmer sind jedoch konträr hierzu: Ihrer Erfahrung nach ist der Einsatz der sozialen Medien beim Azubimarketing durchaus erfolgreich – vorausgesetzt, die Story dahinter stimmt, und es werden Azubis als Influencer eingesetzt.
Anpassung an die neue Generation
In einem sind sich die Round-Table-Teilnehmer wiederum einig: Die Unternehmen müssen sich mehr in die Jugendlichen hineinversetzen und die eigene Haltung überdenken. Denn: Die Generation Z tickt anders als die Generationen davor. Sie ist die erste Generation, die mit den Social Media aufgewachsen ist und mobile Geräte mit großer Selbstverständlichkeit nutzt.
In Sachen Digitalisierung in der Ausbildung haben die Unternehmen aber noch großen Nachholbedarf. Ausnahme: das Bewerbungsverfahren. Dieses läuft bereits vorwiegend digital. Online-Bewerbungen sind die Regel, Bewerbungen per Smartphone werden immer gängiger. Dabei gilt die Regel: Je einfacher der Bewerbungsprozess, desto besser. Die Hemmschwelle, sich zu bewerben, soll für die Jugendlichen möglichst niedrig gehalten werden. Immer mehr Unternehmen fordern daher kein klassisches Anschreiben mehr, dessen Aussagekraft nach Meinung der Round-Table-Teilnehmer ohnehin fraglich ist.
Bei den Stellenanzeigen sind die Hemmschwellen für eine Bewerbung indes oft noch zu groß: Sie sind überfrachtet mit Anforderungen an die potenziellen Azubis. Diese werden dadurch oft abgeschreckt: Aus Angst zu versagen, bewerben sie sich erst gar nicht.