Die zunehmende Globalisierung, einhergehend mit der Art und Weise, wie, wo und wann wir arbeiten, bietet vielfältige Gestaltungsspielräume für Unternehmen und damit auch für HR. Unternehmen müssen neue Strukturen definieren. Es entstehen neue Berufsbilder mit veränderten Schlüsselqualifikationen. Teams müssen anders als bislang zusammengesetzt werden. Ein Unternehmen sollte seine Organisation kontinuierlich an aktuelle Gegebenheiten anpassen, etwa aufgrund eines veränderten Geschäftsmodells, einer Umstrukturierung und agiler Formen der Zusammenarbeit.
Mitarbeiter und Führungskräfte müssen sich diesen Herausforderungen stellen und für lebenslanges Lernen offen sein. Andere Qualifikationen wie etwa Spezialisten für Analytics, KI und Cloud Specialists sind gefragt. Auch Soft Skills wie Kreativität, Zeitmanagement und Anpassungsfähigkeit gewinnen in diesem Zusammenhang an Bedeutung.
Jobarchitektur als Rahmen
Eine Jobarchitektur kann bei der Umstrukturierung und Personalplanung helfen. Sie biete einen personalpolitischen Ordnungsrahmen, wie Maximilian Evers sagt. Mit Hilfe einer Jobarchitektur könne eine Organisation nicht nur seine personellen Ressourcen planen, sondern sie umfasse auch Ressourcenplanung, Workforce Planning, Learning und Development, Succession Planning, Rewards und Career Planning.
HR sollte sich in diesem Wandel folgende Fragen stellen:
- Welche Strukturen brauchen wir in unserer Organisation?
- Wie wollen wir Jobs künftig besser definieren?
- Wie können wir Karrieren in unserem Unternehmen aufzeigen?
Jobarchitektur als Motivationsinstrument
Ein Jobarchitekturmodell kann auf diese Fragen Antworten geben und in einer Arbeitswelt im Umbruch greifen. Mit einer Jobarchitektur können Unternehmen Maßnahmen anstoßen, die die Belegschaft erreichen und eine Employee-Experience bieten, also ein „möglichst inspirierendes Arbeitserlebnis“, wie Evers es nennt.
Gerade während der Pandemie kommt einer Employee-Experience hohe Bedeutung zu: In der Corona-Krise brauchen Mitarbeiter Motivation, da das Stresslevel für sie viel höher ist als in normalen Zeiten. Für manche Mitarbeiter ist es eine neue Erfahrung, remote, also ohne direkten Kontakt zu ihren Führungskräften und Kollegen, zu arbeiten.
Kernziel: Talente im Unternehmen halten
Ein Ziel der Neuausrichtung und der Jobarchitektur ist laut den Deloitte-Experten, Talente im Unternehmen zu halten und gleichzeitig bestehende Mitarbeiter mit neuen Skills und Kompetenzen zu versorgen. Das Thema Jobarchitektur entwickelt sich somit zur „Career Architektur“.
Dabei sollten Vorgesetzte und Mitarbeiter nicht nur vertikale Karriereschritte in Betracht ziehen und wertschätzen, wie Devlin und Evers betonen. Auch horizontale Karriereschritte seien gefragt. HR sollte daher Mitarbeitern immer wieder Möglichkeiten aufzeigen, sich weiterzuentwickeln – egal in welche Richtung –, damit das Unternehmen die Mitarbeiter nicht verliert.
Horizontale wie auch vertikale Karriereschritte lassen sich in der Vergütung abbilden. Dafür braucht ein Unternehmen Vergütungsbänder. Während früher die Gehaltsbänder eher schmal waren und ein Arbeitnehmer einen Karriereschritt nach oben machen musste, um eine höhere Vergütung zu bekommen, bietet ein breites Gehaltsband mehr Möglichkeiten. Dadurch verfügt ein Unternehmen über eine gewisse Bandbreite in der Vergütung, so dass sich auch ein horizontaler Karriereschritt in der Vergütung niederschlagen kann.
Wie gelingt der Aufbau einer Jobarchitektur?
Für den Aufbau einer Jobarchitektur kann sich ein Unternehmen an folgenden fünf Punkten orientieren:
- Wertigkeitsstruktur schaffen, die HR-Konzepte trägt, aber keine enormen Kosten in der Verwaltung erzeugt
Unternehmen sollten die Strukturen funktional betrachten. Sie können beispielsweise Strukturen duplizieren und dadurch die Komplexität verringern. Parallel sollten sie die Ist-Situation abbilden und ein konkretes Zielbild für die Organisation entwickeln. Das Neue daran ist, Kompetenzen mit dieser Jobarchitektur zu verknüpfen.
- Neue Ära der Jobbeschreibung
In manchen Bereichen sind Jobbeschreibungen nützlich. Allerdings geht der Trend dahin, diese nicht zu feingliederig zu erstellen. Aufgabeninhalte wandeln sich stetig,, so dass eine zu detaillierte Beschreibung eine kurze Halbwertzeit hat. Es ist daher ratsam, Jobs prozessorientiert zu beschreiben.
- Einfaches, kundenorientiertes Levelling erstellen
Mitarbeiter verändern sich mit ihren Rollen dynamisch; ein starres System kann mit dieser Entwicklung in einem agilen Umfeld nicht Schritt halten. Das zeigt sich insbesondere bei Projektarbeit. Der Trend geht zu einem Levelling-basierten Ansatz, der viel Gestaltungsspielraum lässt.
- Levelling-basiertes System mit Kompetenzen verzahnen
Das Bewertungsmodell sollten Unternehmen mit den Kompetenzsystemen verknüpfen. Noch bewerten viele Mitarbeiter horizontale Karrierebewegungen nicht als förderlich. Das dürfte sich jedoch in den kommenden Jahren verändern.
- Strukturen unternehmensweit managen
Wichtig ist, Governance-Strukturen zu entwickeln. Seit einigen Jahren gibt es einen Trend hin zu Cloudlösungen wie Workday. Unternehmen sollten prüfen, welche Profile sie gerade innerhalb ihrer Workday-Umgebung haben und für welche ihrer Rollen sie Kompetenzen besitzen.
Kirstin Gründel beschäftigt sich mit den Themen Compensation & Benefits, Vergütung und betriebliche Altersversorgung. Zudem kümmert sie sich als Redakteurin um das F.A.Z.-Personaljournal. Sie ist redaktionelle Ansprechpartnerin für das Praxisforum Total Rewards.