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So äußern Sie zielgerichtet Manöverkritik

Frage an die HR-Werkstatt: Ein junger Mitarbeiter erhält auf eigenen Wunsch hin mehr Projektverantwortung. Trotz einiger Anfängerfehler zeigt er sich gegenüber Ratschlägen und Tipps aber beratungsresistent. Wie kommen wir an ihn heran – auch um Schwierigkeiten aufzulösen?

Es antwortet: Dr. Tobias Heisig, Experte für Leadership und Change-Management sowie Geschäftsführer von Ceveyconsulting

Arbeiten verschiedene Generationen in einem Unternehmen, kann das sehr bereichernd sein – aber nicht immer funktioniert die Kommunikation zwischen den Altersklassen reibungslos. Junge und engagierte Mitarbeiter formulieren ihre Ziele oftmals sehr konkret und setzen ihre Interessen mit Nachdruck durch. Bei Ausführung der Aufgaben oder einer Projektverantwortung kommt es aber schon mal zu Reibereien. Zeigen sich Mitarbeiter gegenüber Ratschlägen und Tipps beratungsresistent, ist ein Eingreifen erforderlich. Für Führungskräfte gilt es, das Gespräch zu suchen und den Grat zwischen Korrektur, Kritik und Motivation zu finden. Schließlich soll niemand die Motivation verlieren, sondern gestärkt aus der Manöverkritik herausgehen.

Schritt 1: Geben Sie ein differenziertes Feedback

Der Mitarbeiter aus der Fragestellung traut sich – aufgrund seiner Forderung nach mehr Verantwortung – die Rolle des Projektverantwortlichen vollumfänglich zu. Zu dieser Rolle gehört eine autonome und selbstbestimmte Arbeitsweise, die regelmäßige und differenzierte Feedbackrunden vorsieht. Es geht daher darum, im Bedarfsfall eine Korrektur des Verhaltens anzuregen. Begegnen Sie dem Mitarbeiter mit Wertschätzung für sein Engagement. Erkennen Sie seinen Einsatz an. Konfrontieren Sie ihn aber ebenso mit seinem eigenen Denksystem – also damit, dass Ratschläge und Tipps anderer unberücksichtigt bleiben und es dadurch zu Fehlern gekommen ist. Machen Sie an dieser Stelle deutlich, dass sein persönlicher Erfolg langfristig davon abhängt, ob und wie er sein Verhalten ändert.

Schritt 2: Stärken Sie die Eigenverantwortung des Mitarbeiters

Verdeutlichen Sie die Verantwortung des Projekts. Der Weg zum Ziel eines Projektes ist oft steinig und nicht an jedem Meilenstein steht gleich ein Erfolg. Übernimmt der Projektverantwortliche für Misserfolge keine Verantwortung, spiegeln Sie dieses Verhalten. Zeigen Sie auf, dass sinnvolle Korrekturen notwendig sind. Weisen Sie zudem auf die Teamleistung hin, die vom Team und insbesondere vom Verantwortlichen zu tragen ist. Formulieren Sie klar und deutlich, wenn das eigene Scheitern nicht im Umfeld, sondern mitunter bei sich selbst zu suchen ist. Besprechen Sie gemeinsam konstruktiv die Handlungsweise und welche Richtungsänderung Sie sich vorstellen.

Schritt 3: Treffen Sie klare Ergebnisvereinbarungen

Ein Projekt entwickelt sich Schritt für Schritt. Sogenannte Meilensteine oder Ergebnisvereinbarungen helfen allen Beteiligten, den Fortgang des Projekts einzuschätzen und das Ziel im Auge zu behalten. Kommen bei der Prüfung der ersten Ergebnisse Diskrepanzen zwischen Erwartungen und Realität zu Tage, ist es höchste Zeit, einzugreifen.

Schritt 4: Richten Sie den Fokus auf die Gesamtzielerreichung

Ein moderner oder agiler Arbeitsstil zeichnet sich durch viel Freiraum in der Gestaltung und Umsetzung der Aufgaben aus. Besonders jüngeren Generationen sagt man nach, dass sie diese Freiheiten einfordern und sich nicht mit starren Abläufen beschäftigen möchten. Die vorhin genannten Ergebnisvereinbarungen helfen dem Projekt eine Struktur zu geben. Sie geben dem Projektverantwortlichen einen Rahmen, innerhalb dessen er seine eigene Arbeitsweise erproben kann. Gleichzeitig kann die Führungskraft den Überblick behalten. Das gesamte Team legt den Fokus auf die Zielerreichung.

Schritt 5: Schaffen Sie ein hohes Maß an Transparenz

Bieten Sie ein hohes Maß an Transparenz an. So werden die nicht verhandelbaren Eckpunkte sichtbar, ohne sich hierfür auf die eigene Autorität berufen zu müssen. Der Mitarbeiter legt regelmäßig den Projektstatus offen – dies sollte für die Führungskraft genauso gelten. Hintergrundinformationen, die nur dem oberen Führungskreis bekannt sind, geben auch den Projektverantwortlichen oft wichtige Hinweise zum weiteren Vorgehen.

Schritt 6: Bieten Sie Unterstützung an

Führungskräfte tun sich oft schwer, der Fülle von Ansprüchen gerecht zu werden. Sie befinden sich selbst in einem organisatorischen Umfeld, das ihnen täglich eine Vielzahl von Kompromissen abverlangt. So entsteht leicht ein Gefühl der Überforderung, das dazu führen kann, dass gerade erfahrene Führungskräfte fordernde Mitarbeiter als anmaßend erleben. Erfüllt jemand die an ihn gestellten Erwartungen nicht, so hat die Führungskraft das Spannungsfeld zwischen Nähe und Distanz, Unterstützung und Eigenverantwortung sowie Wertschätzung und Klartext auszubalancieren.

Würdigen Sie den Einsatz, zeigen Sie Empathie für etwaige Misserfolge, aber bringen Sie das Gespräch zielgerichtet auf die Stärken und Schwächen des Mitarbeiters. Zeigen Sie konkrete Perspektiven für den Lernprozess auf und bieten Sie Unterstützung an. Diese Unterstützung sollte – besonders nach vorheriger Ablehnung – sehr spezifisch abgestimmt sein.

Schritt 7: Äußern Sie Kritik auf Augenhöhe

Nur auf Augenhöhe findet eine gleichberechtigte Kommunikation zwischen Mitarbeiter und Führungskraft statt. Nehmen Sie sich Zeit für Austausch und Diskussionen mit dem Projektverantwortlichen. Bleiben Sie bei Kritik freundlich und ohne Anklage. Führung muss nicht komplett neu erfunden werden, aber in die Kommunikation fließen heute mehr Aspekte als früher ein. Die Zeit der reinen Anweisung ist vorbei.

Schritt 8: Seien Sie nicht erpressbar

Kommt es wirklich zum Äußersten, weil Ihr Projektverantwortlicher kein Einsehen zeigt oder mit Kündigung droht: Bleiben Sie gelassen und reagieren Sie souverän. Respektieren Sie eine etwaige Kündigung als selbstbestimmte Entscheidung. Ziehen Sie in Betracht – falls möglich – ein anderes Projekt anzubieten. Unter Umständen entwickelt sich die Zusammenarbeit ganz anders, wenn die neue Aufgabenstellung besser zu den Fähigkeiten des Mitarbeitenden passt.

✓ Werkstatt-Check: Ratschläge, die beim Mitarbeiter ankommen  
Begegnen Sie Ihre Mitarbeiter stets mit Wertschätzung, auch bei Feedback.  
Stärken Sie die Eigenverantwortung des Mitarbeiters.  
Kommunizieren Sie Ihre Erwartungen klar und präzise.  
Behalten Sie das Gesamtziel im Blick, nicht die zahlreichen Projektschritte dazwischen.  
Schaffen Sie Transparenz auch von Ihrer Seite.  
Zeigen Sie konkrete Perspektiven für den Lernprozess auf.  
Weisen Sie den Mitarbeiter nicht zurecht, sondern bleiben Sie bei Kritik stets freundlich.  
Bieten Sie gegebenenfalls andere Projekte an, die besser zum Mitarbeiter passen.  

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