Aktuelle Ausgabe

Newsletter

Abonnieren

HR-Start-up Cobrainer: „Wir wollen ungewöhnliche Karrierepfade ermöglichen“

Internes Recruiting automatisieren – und das auf Basis
der Skills von Mitarbeitenden: Das ist das Ziel des jungen Beratungs- und
Dienstleistungsunternehmens Cobrainer. CEO und Gründer Hanns-Bertin Aderhold erklärt
im Interview, wie Künstliche Intelligenz beim Matching hilft.

Portrait Hanns-Bertin Aderhold.
Hanns-Bertin Aderhold, Cobrainer CEO und Gründer. Foto: Cobrainer

Personalwirtschaft: Herr Aderhold, welche Veränderungen im
Personalbereich haben Sie in den vergangenen eineinhalb Jahren wahrgenommen?
Hanns-Bertin Aderhold:
Zum einen merken wir, dass skillbasierte
Recruiting-Ansätze immer wichtiger werden. Zum anderen sind manche Unternehmen
und Konzerne auf internes Recuiting angewiesen – zumindest, wenn sie neue
Projekte und unbesetzte Stellen trotz eines Einstellungsstopps besetzen wollen.
Über internes Recruiting können Firmen beispielsweise auch schneller Vakanzen füllen,
die Mitarbeiterzufriedenheit steigern und Ressourcen für externes Recruiting
einsparen. Wir sind uns
sicher, dass die Zukunft der HR-Arbeit im Arbeiten mit Skills und weniger im
Arbeiten mit Lebensläufen et cetera liegen wird. Und das merken wir auch in der
Zusammenarbeit mit Konzernen. Das bringt aber auch eigene Dynamiken mit sich.

Wir
sind uns sicher, dass die Zukunft der HR-Arbeit im Arbeiten mit Skills und
weniger im Arbeiten mit Lebensläufen liegen wird.

Welche?
Skills verändern und entwickeln sich kontinuierlich. Wir merken, dass wir
immer wieder auf neue Skills stoßen, die wichtig werden – etwa das Beherrschen
bestimmter Programmiersprachen. Andere Skills wiederum fallen weg. Und hier
bemerken wir auch den Bedarf in HR und die Veränderung in der HR Arbeit.

Bitte erklären Sie das.
Aus dem Business kommen in vielen Unternehmen vermehrt Anfragen nach Mitarbeitenden,
die bestimmte Skills haben. Das Recruiting fokussiert jedoch oftmals noch nicht
primär die Skills. Oder die Rekrutierenden bemerken, dass sie geforderte Skills
gar nicht auf dem Schirm hatten oder gar noch nicht kannten. Kennen Sie die
Skills nicht, die in Zukunft gebraucht werden, können sie nur schwer passende
Mitarbeitende finden. Und hier kommen wir ins Spiel mit unserer Skilldatenbank,
die sich ständig entwickelt.

Woher kommen die Daten in Ihrer Datenbank?
Wir analysieren beispielsweise Mitarbeiterprofile aus beruflichen sozialen
Netzwerken wie Xing oder Linkedin, greifen aber auch auf Mitarbeiterdaten wie Lebensläufe
zurück, die Unternehmen bereits vorliegen, und die der Mitarbeiter hinterlegen
kann. Voraussetzung für das Benutzen der Daten ist selbstverständlich die
Zustimmung der Personen.

Und die werden dann von einer KI verarbeitet?
Genau: Aus den gewonnenen Daten extrahieren wir Schlagwörter. Kann ein
solches Schlagwort als Skill gewertet werden, wird es in eine Datenbank
sortiert und mit anderen Skills in Verbindung gesetzt. Schreibt ein Unternehmen
dann eine Stelle aus, empfehlen wir aufgrund der Jobbeschreibung, welche Skills
dafür benötigt werden. Die KI schlägt dann automatisch Mitarbeitende vor, die
die nötigen Skills mitbringen oder aktuell trainieren.

Ihr Fokus liegt auf dem internen Recruiting, also dem
Verschieben von Personal zwischen Abteilungen. Haben Mitarbeitende daran
überhaupt Interesse?
Das kann ich an einem Beispiel illustrieren: Unser erster Kunde, mit dem
wir nach unserem Produktlaunch zusammengearbeitet haben, hatte 60.000
Mitarbeitende. 20.000 davon waren nach 30 Tagen bei uns angemeldet. Also ja, es
gibt ein Interesse seitens der Mitarbeitenden. Auch bei Telefonica, einem
anderen unserer Kunden, hatten sich nach kurzer Zeit 30 Prozent der
Mitarbeitenden angemeldet.

Wie gewinnen Sie Mitarbeitende dafür, sich anzumelden und
Ihnen Daten zu übermitteln?
Wir arbeiten mit HR-Beratungsunternehmen zusammen, die beispielsweise die
Kommunikation planen und das Rollout in Unternehmen übernehmen.

Sie werben damit, dass Ihre Lösung schnelles Recruiting
ermöglicht. Was heißt das Genau?
Rekrutierende erhalten, nachdem sich Mitarbeitende angemeldet haben, innerhalb
weniger Sekunden eine Longlist an potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten,
die für die ausgeschrieben Stelle in Frage kommen. Mitarbeitende erhalten
ihrerseits eine Liste mit potenziellen Jobs.

Und die Mitarbeitenden können sich dann per Klick sofort
Bewerben?
Nein, um den Bewerbungsprozess kümmern wir uns nicht. Wir schlagen der
Personalabteilung nur passende Kandidaten und den Kandidaten passende Stellen im
Unternehmen vor. Bewerben müssen sich Mitarbeitende dann aber per jeweiligem
Bewerbungsweg des Unternehmens.

Es klingt so, als ob sich Ihr Tool vor allem  für große Umstrukturierungs- und
Transformationsprozesse eignet, wie sie beispielsweise für die
Automobilindustrie vorhergesagt werden.

Absolut. Genau für solche Umstrukturierungsmaßnahmen eignet sich unsere
Technologie, weil in Zukunft ganze Abteilungen eingestellt werden. Und unser
Tool hilft dabei, diese Mitarbeitenden schnell wieder intern an anderer Stelle
einzusetzen. Gleichzeitig bieten wir in dem Zusammenhang an, Mitarbeitenden und
Unternehmen Fortbildungen vorzuschlagen, mit denen diese Mitarbeitenden für
andere Stellen qualifiziert werden. Für die Mitarbeitenden hat das den Vorteil,
dass ihre Karrieremöglichkeiten Transparent sind und gleichzeitig bei Bedarf
passende Fortbildungen vorgeschlagen bekommen. Das aktuelle Haupteinsatzfeld
unserer Lösung ist, wie etwa bei der Telefonica, eine Steigerung der internen
Mobilität und das Aufzeigen neuer Karriereperspektiven.

Wie erfolgreich ist das Matching?
Typischerweise erreichen wir im ersten Monat eines Kundeneinsatzes eine Anmelderate
unter den Mitarbeitern von etwa 30 Prozent der Beschäftigten. Davon bewerben
sich durchschnittlich jeden Monat circa 21 Prozent für einen Job, den sie über
die Cobrainer-Plattform gefunden haben. Und auf 1000 aller in Cobrainer
angelegte Accounts, inklusive derer, die aktuell nicht aktiv eine neue Stelle
suchen, kommen etwa 11 erfolgreich gefüllte Vakanzen pro Monat.

Cobrainer ist ein Technologie-Anbieter und -Dienstleister
mit Sitz in München, dessen Markenkern eine KI ausmacht, die es HR Abteilungen
erleichtern soll, unternehmensintern passende Kandidatinnen und Kandidaten für
Projekt- und Stellenausschreibungen zu finden.

Tim Stakenborg verantwortet die Heftplanung des Magazins Personalwirtschaft. Zudem betreut er das Thema Aus- und Weiterbildung (inklusive MBA und E-Learning) und beschäftigt sich mit dem Bereich Employee Experience und Retention.

Themen