Im Jahr 2022 gab es im Jahresschnitt mehr als 1,3 Millionen offen Stellen für qualifizierte Fachkräfte, während nur knapp eine Million Fachkräfte arbeitslos gemeldet waren. Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage war damit nach Angaben des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) im vergangenen Jahr größer als je zuvor.
„Die Zahl der formal qualifizierten Arbeitslosen hat sich nahezu spiegelbildlich zur Zahl der offenen Stellen entwickelt und ist in den vergangenen zehn Jahren fast durchgehend gesunken“, heißt es dazu im jetzt veröffentlichten Jahresrückblick des Kofa. Diese Entwicklung gelte nicht nur für das vergangene Jahr, sondern für die gesamte Dekade. Während die Zahl der qualifizierten Arbeitslosen im Jahr 2010 noch bei knapp 1,8 Millionen und die Zahl der korrespondierenden offenen Stellen bei nicht einmal 600.000 lag, näherten sich die beiden Linien bis 2018 an. 2019 gab es dann erstmals mehr offene Stellen als Arbeitslose, bevor Corona noch einmal für mehr Fachkräfteangebot und weniger -nachfrage sorgte.
Ein Krankenpflegehelfer, kein Chirurg
Die Zahl der aufgrund des Fachkräftemangels nicht zu besetzenden Stellen setzt das Kofa mit mehr als 630.000 noch einmal höher an, selbst wenn man geografische Einschränkungen außer Acht lässt. Schließlich muss ja auch die berufliche Passung stimmen. Demnach stieg die Fachkräftelücke binnen Jahresfrist um über 80 Prozent.
Während laut Kofa die Fachkräfteengpässe in allen Wirtschaftsbereichen zugenommen haben, verneinen die Expertinnen und Experten einen allgemeinen Arbeitskräftemangel. „Theoretisch gibt es genug Köpfe in Deutschland“, heißt es dazu bei der zum arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft gehörenden Kompetenzzentrum. „Aber ein Krankenpflegehelfer kann nicht als Chirurg eingesetzt werden und die Erzieherin nicht als IT-Ingenieurin.“
Matthias Schmidt-Stein koordiniert die Onlineaktivitäten der Personalwirtschaft und leitet gemeinsam mit Catrin Behlau die HR-Redaktionen bei F.A.Z. Business Media. Thematisch beschäftigt er sich insbesondere mit dem Berufsbild HR und Karrieren in der Personalabteilung sowie mit Personalberatungen. Auch zu Vergütungsthemen schreibt und recherchiert er.