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Fachkräfteeinwanderungs­gesetz: Dritte Stufe in Kraft getreten

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Der Grundsatz des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes aus dem Jahr 2020 – eine qualifikations- und bedarfsorientierte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt – habe sich laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales bewährt. Mit dem überarbeiteten Fachkräfteeinwanderungsgesetz wurde nun eine EU-Richtlinie umgesetzt, damit die Fachkräfteeinwanderung künftig auf drei Säulen beruhen soll: der Fachkräftesäule, der Erfahrungssäule und der Potenzialsäule.

Fachkräftesäule zum 18. November 2023 

Im ersten Schritt wurden die Einwanderungsmöglichkeiten mit der „Blauen Karte EU“ neugestaltet und erweitert. Ab sofort öffnen sich durch niedrigere Gehaltsschwellen damit die Türen für ausländische Fach- und Arbeitskräfte bereits ab einem vereinbarten Bruttojahresgehalt von 43.800 Euro (bislang 58.400 Euro); für Berufsstarterinnen und -starter sowie für Bewerbende in Mangelberufen liegt die untere Gehaltsgrenze nun bei 39.682,80 Euro. 

Hierdurch könnte der Personenkreis wachsen, der die Blaue Karte EU beantragen kann. Ein Pluspunkt für Betriebe, die Fachkräfte suchen. Auch die Inhaberinnen und Inhaber dieser Karte, die in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ausgestellt worden ist, können sich nun hierzulande maximal 90 Tage ohne Visum und ohne Arbeitserlaubnis aufhalten. 

Deutlich erweitert um acht Berufsgruppen wurde die Liste der Engpassberufe, die bislang die Bereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Ingenieurwesen und Humanmedizin enthielt. Aufgenommen in diese Liste wurden beispielsweise Führungskräfte in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie; in der Kinderbetreuung wie im Gesundheitswesen sowie Lehr- und Erziehungskräfte im schulischen und außerschulischen Bereich. 

Neu ist zudem, wie die Bundesanstalt für Arbeit (BA) mitteilt, dass Fachkräfte in nicht reglementierten Berufen, deren Ausbildung hier bereits anerkannt wurde, auch in einem anderen Berufsfeld arbeiten können. Exemplarisch könnte ein Bäcker nach der neuen Regelung nun auch in der Küche eines Restaurants arbeiten. Auch wird es für Berufskraftfahrer aus Drittstaaten vereinfacht, die amtliche Zustimmung für eine Beschäftigung hierzulande zu erhalten. 

Außerdem wird die sogenannte Westbalkanregelung in diesem ersten Schritt entfristet. Diese Regelung ermöglicht Staatsangehörigen aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien den leichteren Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt 

Erfahrungssäule zum 1. März 2024 

Ab März 2024 wird die zweite Stufe des reformierten Gesetzes zur Fachkräfteeinwanderung greifen. So wurde der Aufenthalt für die Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen verlängert: Dafür wurde bislang eine 18-monatige Aufenthaltserlaubnis erteilt. Künftig wird sie erstmals für 24 Monate ausgestellt. Eine weitere Verlängerung um 12 Monate wird möglich sein. 

Zum neuen Portfolio der Regelungen gehört auch eine sogenannte Anerkennungspartnerschaft. Damit werde es interessierten Fachkräften möglich, „einen Aufenthaltstitel zur Ausübung einer qualifizierten Beschäftigung zu erhalten und ein erforderliches Anerkennungsverfahren erst nach der Einreise begleitend durchzuführen“, erklärt das Webportal „Make it in Germany“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Dieses neue Instrument erhöhe zudem die Flexibilität von Arbeitgebern. 

Auch Anerkennungssuchenden, die hierzulande eine Qualifikationsanalyse durchführen sollen, um die Gleichwertigkeit ihrer Berufsausbildung feststellen zu lassen und die Deutschkenntnisse nachweisen können, kann laut Wirtschaftsministerium ein Aufenthaltstitel von bis zu sechs Monaten erteilt werden. 

Potenzialsäule zum 1. Juni 2024 

Nach Deutschland einwandern und hierzulande arbeiten darf jeder Mensch aus Drittstaaten, der mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und in seinem Heimatland einen staatlich anerkannten Berufsabschluss hat oder einen Hochschulabschluss vorweisen kann. Alternativ können sich Talente für die sogenannte Chancenkarte bewerben, die als dritte Ausbaustufe zum 1. Juni 2024 gekommen ist. Dabei handelt es sich um eine neue Form des Aufenthaltstitels für Menschen aus Drittstaaten, die noch keinen Arbeitsvertrag in Deutschland haben, und auf die die oben genannten Kriterien nicht zutreffen. 

Die Chancenkarte gilt für ein Jahr und wird nach einem Punktesystem verteilt. Punkte erhält, wer bestimmte Qualifikationen mitbringt, über gute Deutsch- und Englischkenntnisse verfügt, Berufserfahrungen vorweisen kann oder etwa einen Deutschlandbezug hat. Mit der Karte können Arbeitssuchende einer Beschäftigung im Umfang von bis zu 20 Wochenstunden nachgehen oder bei einer Probebeschäftigung von bis zu zwei Wochen einen Arbeitgeber und dessen Tätigkeiten kennenlernen. Im Gesetz ist auch die Möglichkeit einer Verlängerung der Chancenkarte um bis zu zwei Jahre vorgesehen, wenn ein Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot für eine inländische qualifizierte Beschäftigung vorliegt und die Bundesagentur für Arbeit zustimmt. 

Außerdem werden die Kontingente im Rahmen der Westbalkanregelung, also die Obergrenze für die Arbeitsmarktzustimmungen, von 25.000 auf 50.000 erhöht. 

Info

Dieser Artikel ist in kürzerer Form bereits auf unserem Schwesterportal betriebsratspraxis24.de erschienen.

Gesine Wagner betreut als Chefin vom Dienst Online die digitalen Kanäle der Personalwirtschaft und ist als Redakteurin hauptverantwortlich für die Themen Arbeitsrecht, Politik und Regulatorik. Sie ist weiterhin Ansprechpartnerin für alles, was mit HR-Start-ups zu tun hat. Zudem verantwortet sie das CHRO Panel.