Personalwirtschaft: Frau Kronenberg, sind Frauen die besseren Chefs?
Christine Kronenberg: Sie führen anders als Männer. Nicht besser, nicht schlechter. Meine Beobachtung ist allerdings, dass ihnen Führungsfehler weniger verziehen werden. Frauen werden kritischer beobachtet und strenger benotet.
Worin unterscheiden sich Männer und Frauen in ihrem Führungs- und Arbeitsstil?
Ich erlebe Männer zielorientierter und Frauen verlaufsorientierter. Weiblichen Führungskräften ist neben einem guten Ergebnis auch wichtig, dass der Prozess zum Ziel gut läuft, dass alle motiviert sind und dabeibleiben. Ich beobachte zudem oft, dass Frauen ganzheitlicher führen und beispielsweise die aktuelle Lebenssituation oder Verfassung ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Blick haben. Was ihre Arbeitsweise angeht, stelle ich fest, dass Frauen viel detail- und qualitätsorientierter sind. Bei ausgeprägtem Perfektionismus verlieren sie dann oft den strategischen Blick auf die eigene Karriere.
… was der Grund war, dass Sie Female Resources ins Leben gerufen haben – Sie wollen mehr Frauen in Führung bringen.
Wir haben Female Resources 2016 in Köln gegründet und bieten Top-Unternehmen professionelle Beratung und Unterstützung zur Frauenförderung und zum Gender Management an. Das heißt, wir entwickeln gemeinsam mit den Unternehmen Maßnahmen, um die Potenziale ihrer Mitarbeiterinnen gewinnbringend zu nutzen und um für Bewerberinnen und Kundinnen attraktiv zu sein. Und wir ermutigen die Mitarbeiterinnen, Architektinnen ihrer Karriere zu werden.
Ist es mit mehr Mut getan? In der öffentlichen Wahrnehmung scheint es immer noch so, dass insgesamt weniger Frauen in Führungspositionen streben als Männer.
Es gibt genauso viele Männer wie Frauen, die nicht Karriere machen wollen. Fakt ist allerdings, dass es genug Frauen für jede Führungsposition gibt, die es wollen und können. Wir unterstützen Unternehmen dabei, dass sie es dürfen und schaffen.
Woran hapert es? Inwiefern gehen Unternehmen zu wenig auf die Bedürfnisse von Frauen – und auch Männern – ein?
Viele Unternehmen agieren in dem Glauben, mit dem Label „Familienfreundlichkeit“ sei das Thema Frauenförderung ausreichend bedient. Sie bieten Teilzeitbeschäftigung und eine schnelle Rückkehr an den Arbeitsplatz an und lassen sich dafür zertifizieren. Das ist auch gut so! Die Plakette „Familienfreundlichkeit“ steckt Frauen allerdings stets in die Schublade „Erwerbstätigkeit und Mutterschaft“– ihre Potenziale und ihr Karrierewille werden nicht erkannt und damit auch nicht gefördert. Außerdem lässt das reine Etikett „familienfreundlich“ die Männer, besser: die Väter, meist außen vor.
Wie geht es besser, welche Konzepte helfen weiter?
Es braucht einen ganzheitlichen Ansatz. Unsere Gender-Management-Konzepte beziehen grundlegende Ansätze wie Unternehmenskultur und -struktur ein. Konkret eben auch eine gendergerechte Sprache, geschlechterdifferenzierte Daten, Parität in allen Führungsebenen, aber auch Bilder im Personalmarketing und in der Außenwerbung der Unternehmen.
Sie sprechen auf Ihrer Website von „genderbasierten Unternehmen“. Was muss man sich darunter vorstellen?
Im Gegensatz zu genderblinden haben genderbasierte Unternehmen den Blick auf die Stärken von Frauen und Männern in der Organisation, auf ihre Rollen, Lebensphasen und ihre Potenziale. Sie haben den sogenannten Genderblick. Bei der Ausrichtung auf die individuellen Merkmale und auf die spezifischen Verhaltensregeln von männlichen und weiblichen Beschäftigten verfügen alle Führungskräfte über Genderkompetenz. Dieses Wissen führt zum Wandel in der Unternehmenskultur, in der Struktur und zeigt sich in allen Aktivitäten. Nicht nur in der Personalentwicklung, sondern auch in operativen Prozessen.
Wie lautet Ihr Tipp für Personaler, die einen Schritt in diese Richtung machen wollen?
Machen Sie die Vorzüge Ihres Unternehmens für alle Frauen – nicht nur für Mütter – sichtbar. Entwickeln Sie ein passgenaues Gender-Management-Konzept und begeistern Sie Ihren Vorstand für eine Aktion, die sein persönliches Commitment zur Förderung und Sichtbarkeit von Frauen deutlich macht.
Zur Person:
Christine Kronenberg ist geschäftsführende
Inhaberin von › Female Resources. Zuvor verantwortete sie als
leitende Verwaltungsdirektorin und Amtsleiterin die
Gleichstellungs- und Personalarbeit bei der Stadt Köln. In ihrer
Amtszeit hat sich der Anteil der Frauen im Management von 24 auf 42
Prozent erhöht. Im vergangenen Jahr wurde Female Resources mit dem › Chefsache-Award ausgezeichnet, der Unternehmen prämiert, die sich mit
innovativen Ansätzen für mehr Chancengerechtigkeit in der Arbeitswelt
einsetzen.