Vor allem in kleinen Betrieben ist der Anteil von Minijobbern unverhältnismäßig hoch. Offenbar sehen viele Arbeitgeber diese geringfügigen Arbeitsverhältnisse, die von Anfang an umstritten waren, als Dauerlösung, denn klassische Stellen werden dadurch immer mehr verdrängt, wie eine aktuelle Studie belegt.
Anstieg geringfügig Beschäftigter auf sieben Millionen
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hat auf Basis der Daten des Betriebshistorikpanels und der Statistik der Bundesagentur für Arbeit unter die Lupe genommen, wie stark sich Minijobs in Deutschland verbreitet haben und welche Folgen das mit sich bringt. Die Analyse zeigt, dass die geringfügige Beschäftigung im Jahr 2003 deutlich zunahm: Die Zahl der Minijobber in Haupt- und Nebenbeschäftigung stieg von rund vier auf mehr als sechs Millionen an, laut Studie bedingt durch die Hartz-Reformen, die es ermöglichten, Minijobs als Nebenbeschäftigung auszuüben. 2019 gab es mehr als sieben Millionen geringfügig Beschäftigte mit einem maximalen Bruttolohn von 450 Euro monatlich. Matthias Collischon, einer der Autoren der Studie, weist darauf hin, dass der Anstieg noch stärker gewesen wäre, wenn es nicht eine Erhöhung der Abgabenlast für Minijobs gegeben hätte, das gelte insbesondere für Kleinbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern. Zuletzt ist die Zahl auf etwa sechs Millionen zurückgegangen, was aber durch die Corona-Krise bedingt ist.
Kleinbetriebe: Fast 40 Prozent der Belegschaften sind Minijobber
Aus den Zahlen von 2014 geht hervor, dass jedes fünfte Unternehmen (20 Prozent) Minijobber beschäftigte. Allerdings gibt es erhebliche Unterschiede je nach Firmengröße. So arbeiteten in kleinen Betrieben fast 40 Prozent der Belegschaften in Minijobs gegenüber lediglich zehn Prozent in großen Unternehmen. Insgesamt entfallen auf kleine Betriebe 15 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen und 36 Prozent aller geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse.
Minijobs verdrängen bis zu 500.000 reguläre Arbeitsplätze
Die Studie kommt zu dem Schluss, dass Minijobs nur selten ein Sprungbrett in reguläre Arbeitsverhältnisse sind. Diese Beschäftigten blieben oft im Niedriglohnbereich und arbeiteten häufig unterhalb ihres Qualifikationsniveaus. Dazu kommt, dass ein zusätzlicher Minijob in einem Kleinbetrieb mit weniger als zehn Mitarbeitern im Schnitt etwa eine halbe durchschnittliche sozialversicherungspflichtige Stelle ersetzt. Das heißt, dass bis zu eine halbe Million sozialversicherungspflichtige Jobs verdrängt werden.
Minijobs sind demnach – zumindest in kleinen Betrieben – keine Ergänzung zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung,
folgert Collischon.
Ausfälle bei Sozialversicherungsbeiträgen
Minijobs verursachen darüber hinaus nicht unerhebliche Ausfälle bei den Sozialversicherungsbeiträgen. So beträgt deren Anteil am Bruttolohn bei sozialversicherungspflichtig Beschäftigten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen rund 40 Prozent und bei Minijobs lediglich 28 Prozent, sofern die Minijobber nicht freiwillig in die Rentenversicherung einzahlen, was nur selten der Fall ist.
Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) belegen die Studienergebnisse, dass Minijobs eher eine Falle auf dem Arbeitsmarkt darstellen als eine Brücke in reguläre Beschäftigung.
Die nächste Koalition muss die Minijobs reformieren: Geringfügige Beschäftigung muss von Anfang an sozialversichert sein, und es darf keine weitere Dynamisierung bei den Einkommensgrenzen geben,
fordert DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel angesichts der Studienergebnisse. Stattdessen müssten Minijobs so gestaltet sein, dass es sich lohne, mehr zu arbeiten.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.