Journalisten und Personalern sagt man gern nach, sie könnten nicht viel mit Zahlen anfangen – und zumindest im Fall unserer Redaktion ist das nicht völlig aus der Luft gegriffen. Dass für so manchen HRler Ähnliches gilt, hat vor einem Jahr unsere Studie „Recruiting-Trends 2016“ gezeigt: Nur vier von zehn befragten Unternehmen betreiben ein nennenswertes Recruiting-Controlling, und nur jeder neunte Personaler konnte differenzierte Aussagen über die Kosten einer Bewerbung je Recruiting-Kanal treffen. Das ist mau.
Doch ist es wirklich ein Hexenwerk, ein grundlegendes Kennzahlensystem im Recruiting aufzubauen? Das haben wir 40 Top-Recruiting-Experten aus HR-Wissenschaft, -Beratung und -Praxis gefragt und sie gebeten, aus einer Liste von 20 vorrecherchierten Kennzahlen die aus ihrer Sicht fünf wichtigsten zu nennen – im ersten Schritt ohne, im zweiten Schritt mit Kosten-Nutzen-Betrachtung.
Natürlich wissen wir, dass jedes Unternehmen sein Recruiting und ein entsprechendes Controlling individuell aufsetzen muss und es keine pauschalen Antworten aus der Dose gibt. Genau deswegen haben wir die Experten auch nach ihrer ganz persönlichen Perspektive gefragt. Jeder von ihnen hat einen durch die jeweilige Tätigkeit etwas anders gerichteten Fokus. In der Summe, so glauben wir, entsteht ein belastbares Set an KPIs, für deren Erhebung man hiermit gute Argumente hat und mit denen man wenig falsch macht.
Das Beste daran: Die meisten Kennzahlen sind – wir haben das in der Redaktion ob unserer vermeintlich ähnlichen Disposition präventiv für Sie durchgespielt – unter Zuhilfenahme von gesundem Menschenverstand und unter halbwegs souveräner Anwendung der Grundrechenarten ermittelbar. Keine Raketenwissenschaft, und auch kein Hexenwerk.
In diesem Sinne viel Erfolg beim Rechnen!
Cliff Lehnen, Chefredakteur
PS: Unser Partner Indeed hat zum Thema Recruiting-KPIs soeben ein empfehlenswertes E-Book veröffentlicht, das die Schritte zu einem gesteigerten Return on Investment im Recruiting detailliert erläutert.
Unsere 40 befragten Experten
Wissenschaft:
Prof. Dr. Christoph Beck, Professor für Allg. BWL, insb. HRM, Hochschule Koblenz | Prof. Dr. Andreas Eckhardt, Professor für Personalmanagement, German Graduate School of Management & Law |
Prof. Dr. Wolfgang Jäger, Lehrstuhl für BWL, Hochschule RheinMain | Prof. Dr. Thorsten Petry, Professor für Organisation und Personalmanagement, Hochschule RheinMain |
Prof. Dr. Alfred Quenzler, Professor, Unternehmensberater, Kompetenzzentrum HR-Controlling | Prof. Dr. Klaus Stulle, Hochschullehrer, Hochschule Fresenius |
Prof. Dr. Armin Trost, Professor für Human Resources Management, Hochschule Furtwangen | Prof. Dr. Peter M. Wald, Professor für Personalmanagement, HTWK Leipzig |
Prof. Dr. Stephan Weinert, Professor für BWL, insb. Personalmanagement, Hochschule Düsseldorf |
Praxis:
Tim A. Ackermann, Global Head Talent, Acquisition & Experience, Lidl | Paul-Bernhard Dölle, Head of Human Resources, Detecon International |
Marcus Fischer, Head of Global Talent, Acquisition & Employer Branding, Straumann Group | Sören Frickenschmidt, Leiter Recruiting Services, Boehringer Ingelheim Pharma |
Dominik Hahn, Lead Recruitment Hubs, Allianz | Christina Kremer, Head of Recruiting & Employer Branding, EY (Ernst & Young) |
Jens Plinke, Head of Employer Branding, Deloitte | Marcus K. Reif, Chief People Officer, Kienbaum Consultants International |
Ingo Steinicke, Personalleiter, Mercedes-Benz Consulting | Jannis Tsalikis, HR Director, Vice Media |
Tim Verhoeven, Leiter Recruiting und Personalmarketing, Bearingpoint | Stefanie Winkelmann, Head of Recruiting, Territory CTR |
Beratung:
Dr. Wolfgang Achilles, Geschäftsführer, Jobware | Christoph Athanas, Geschäftsführer, Meta HR |
Wolfgang Brickwedde, Director, Institute for Competitive Recruiting | Jörg Buckmann, Geschäftsführer, Buckmann gewinnt |
Ralph Dannhäuser, Geschäftsführer, On-connect.de | Jo Diercks, geschäftsführender Gesellschafter und Gründer, Cyquest |
Michael Eger, Partner, Promerit | Volker Frey, Consulting Manager, HRM Consulting |
Maren Freyberg, Geschäftsführerin, Dwight Cribb Personalberatung | Christian Hagedorn, Geschäftsführer, Westpress |
Dr. Thomas K. Heiden, Geschäftsführer, Heiden Associates | Moritz Heiermann, Partner, Inhaber Mannroth |
Rudolf Kast, Inhaber, Kast.diepersonalmanufaktur | Henner Knabenreich, HR-Blogger, Geschäftsführer, Knabenreich Consult |
Reiner Kriegler, Geschäftsführer, DEBA | Alexander Roß, Geschäftsführer, Kimeta |
Robindro Ullah, Blogger, Berater, HR in Mind! | Martina Weiner, Geschäftsführerin, I-Potentials |
Henrik Zaborowski, Recruiting-Coach, HZaborowski |
Time-to-Fill und Cost-per-Hire sind nach Einschätzung der Experten die wichtigsten KPIs im Recruiting – mit Abstand. Jeder der 40 Experten konnte aus 20 Kennzahlen die aus seiner individuellen Sicht fünf wichtigsten auswählen. Mehrfachnennungen waren nicht möglich. Insofern wurden insgesamt 200 Punkte auf 20 KPIs verteilt. Die mögliche Höchstbewertung einer einzelnen Kennzahl lag damit bei 40 Einzelstimmen.
Besonders wichtig ist nach Meinung unserer Experten der Indikator „Time-to-fill“ – also die Zeit, die von der Stellenausschreibung bis zur Besetzung vergeht. Wird ein Bewerbermanagementsystem angewendet, lassen sich Zeitstempel zur Analyse der einzelnen Phasen setzen. Genaueres zur Anwendung von Bewerbermanagementsystemem und dem Umgang mit den gewonnenen Daten erfahren Sie im kostenlosen › E-Book.
Als Indikator mit dem besten Kosten-Nutzen-Verhältnis schnitt „Cost-per-hire“ ab. Hier geht es um den gesamten ökonomischen Aufwand einer Neueinstellung. Es werden sowohl interne, als auch externe Kosten erfasst. Wie am Ende mit den ermittelten Werten umzugehen ist, kann im kostenlosen › E-Book nachgelesen werden.
Im zweiten Schritt wurde nach den Top-KPIs unter Berücksichtigung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses gefragt. Auch hier machten Cost-per-Hire und time-to-Fill das Rennen.
Die dritte Frage lautete, woran es den meisten Recruiting-Abteilungen im Controlling mangelt. Am Geld hapert es den meisten Recruitern für ein ordentliches Controlling nicht, sind die Experten überzeugt. Vielmehr fehlten entsprechendes Know-how, passende Technik oder schlichtweg Zeit.
Die wichtigsten Recruiting-KPIs