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Ohne Selbsterkenntnis keine Authentizität

Foto: kuprevich/Adobe Stock
Foto: kuprevich/Adobe Stock

Dass die Frage nach dem Sinn und Zweck der eigenen Tätigkeit heute öfter gestellt wird als früher, mag unter anderem damit zu tun haben, dass Büroarbeiter das Ergebnis ihrer Tätigkeit meist nicht physisch greifen können. Früher war das anders. Hinzu kommen neue Kommunikationsmöglichkeiten, die es jedem Mitarbeiter ermöglichen, über seinen Arbeitgeber zu schwärmen – oder eben nicht. Ein Grund mehr für Unternehmen, ihre DNA kennenzulernen, entsprechend zu handeln und auch, über sie zu sprechen.

Um damit einen Schritt vorwärts zu kommen, ist nicht immer das Drehen eines großen Rades nötig: Emotionen können auch in kleinen Gruppen geweckt und weitergetragen werden, befanden die Fachexperten am Round Table. Nichtsdestotrotz sei Employer Branding aber doch im Gesamten eine so komplexe Angelegenheit, dass sie genügend Zeit braucht – zumal es auch um strategische Aspekte geht.

Individuellere Ansprachen

An der Börse sagt man: „The trend is your friend.“ Nun sollte mit Arbeitgebermarken keinesfalls gezockt werden, aber der Trend der fortschreitenden technologischen Entwicklung, kann HR tatsächlich viel Gutes bringen. Ein Blick auf den Bewerbermarkt zeigt, dass das alte Konzept von klassischen Zielgruppen vielleicht nicht ausgedient hat, aber zumindest überdacht werden muss. Der Weg zum 1:1-Marketing scheint in vielen Bereichen des Recruitings vorgezeichnet: Es zählt die individuelle Ansprache, das Zuschneiden von Kampagnen auf einzelne Personen oder zumindest Personas. Bewerbermanagement-Systeme und andere HR-Software erleichtern die Arbeit, die idealerweise keine Arbeit ist. Am überzeugendsten wirken die Botschafter, die von ihrer Botschaft überzeugt sind. Und Botschafter ist jeder Mitarbeiter ohnehin qua Amt.

Wichtig ist, dass die Tools als Mittel zum Zweck, nicht als Selbstzweck angesehen werden. Parallel zur Digitalisierung steht das Persönliche nämlich wieder hoch im Kurs – wenn es jemals anders war. Statt Buzzwords zu zelebrieren ist es ratsamer, den aktuellen und künftigen Bedarf an Personal und Know-how im Unternehmen zu analysieren. Auf dieser Basis sollte aufgebaut werden, nicht auf klassischen Stellenbeschreibungen. Der Grund: Keiner weiß, ob es die ausgeschriebene Stelle in ein, zwei Jahren noch gibt und welche Jobs an ihre Stelle getreten sind. In diesem Zusammenhang brachen die Experten auch eine Lanze für das Onboarding, das vielerorts immer noch stiefmütterlich behandelt wird oder schlagartig und ohne Folgeprozesse aufhört.

Auf Du und Du mit den Daten

Vieles geht besser mit fundierten Zahlen. An sie trauen sich zahlreiche Personaler aber offensichtlich nur ungern heran. Diesen Respekt würden die Fachexperten beim Round Table ihnen gerne nehmen: Niemand muss ein Statistikstudium abschließen und Zahlenwüsten durchkämmen, um sie für sich nutzen zu können. Es genügen wenige, aber aussagekräftige Daten, mit denen viel gewonnen ist. Nicht nur, dass sie die Prozesse optimieren und den Unternehmenserfolg befeuern können. Sie verbessern gleichzeitig auch das Standing von HR innerhalb des Unternehmens. Kein schlechtes Argument, wenn es etwa um die nächste Budgeterhöhung geht. Fehlt das Know-how oder die Unterstützung der Vorgesetzten, kann das Unterfangen jedoch schwierig werden.

Bei alledem sollte eines nicht aus den Augen verloren werden: die eigenen Mitarbeiter. Wenn der Markt keine Fachkräfte hergibt, muss man sie selbst entwickeln – eine Maßnahme, die in vielen Unternehmen bisher offenbar vernachlässigt wurde. Dabei ist es günstiger und hebt obendrein die Motivation, wenn Unternehmen den Mut haben, ihren eigenen Mitarbeitern etwas zuzutrauen. Hier schließt sich der Bogen zur eingangs erwähnten DNA eines Unternehmens – und warum Employer Branding immer von innen nach außen stattfinden sollte: Dann kommen neue interessierte Bewerber zwar vielleicht immer noch nicht ganz von selbst, aber doch viel eher, als wenn mit „Vielfalt“ und „Leidenschaft“ geworben wird.

Bilderstrecke zum Round Table:


Dieser Round Table erschien im Sonderheft „Employer Branding“  der Personalwirtschaft im August 2019. Das gesamte Heft können Sie sich › hier kostenlos herunterladen.

David Schahinian arbeitet als freier Journalist und schreibt regelmäßig arbeitsrechtliche Urteilsbesprechungen, Interviews und Fachbeiträge für die Personalwirtschaft.