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Inzwischen investieren fast alle Unternehmen in Diversity-Programme. Allerdings zeigen diese oft keine sichtbaren Ergebnisse. Lediglich 25 Prozent der Mitarbeiter, die weiblich sind oder einer Minderheit angehören, profitieren nch eigener Einschätzung von solchen Programmen, wie eine internationale Studie zeigt.
Diversity-Programme sind heute nichts Besonderes mehr: 98 Prozent der Arbeitgeber weltweit bieten derartige Programme an. Allerdings erfüllen sie offenbar nicht ihre Funktion, denn drei Viertel der Beschäftigten der unterschiedlichen Gruppen – Frauen, rassische/ethnische Minderheiten sowie Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender (LGBTQ) können nicht sagen, dass sie persönlich einen Nutzen aus den Diversity-Programmen ihres Unternehmens ziehen. Das sind Ergebnisse der kürzlich veröffentlichten Studie „Fixing the Flawed Approach to Diversity“ der Boston Consulting Group (BCG). Dafür wurden weltweit 16 500 Beschäftigte aus Unternehmen verschiedener Branchen befragt.
Die Studienteilnehmer sollten die Wirksamkeit von 31 Diversity-Initiativen bewerten. Die Auswertung zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen den Programmen, die die Unternehmen anbieten, und dem Maß, in dem die Mitarbeiter empfinden, dass sie davon profitieren. Miki Tsusaka, Seniorpartner bei BCG und Mitautor der Studie, gibt Arbeitgebern den Rat, sich die firmeneigenen Diversitätsprogramme noch einmal genau anzuschauen und zu überprüfen, ob sie wirklich für alle Zielgruppen wirksam sind, von Geschlecht, Rasse und ethnischer Zugehörigkeit bis zur sexuellen Orientierung.
Männliche Entscheider ab 45 sehen weniger Hindernisse als andere
Als eines der wesentlichen Hindernisse für mehr Fortschritt in Sachen Diversität führt die Studie an, dass es sich bei den Entscheidern in Unternehmen vor allem um Männer ab 45 Jahren handelt, die die Hürden bei der Einstellung, Bindung und Beförderung von Frauen und Minderheiten um zehn bis 15 Prozent geringer einschätzen als die Betroffenen selbst. Das könne zu einer Fehlallokation von Ressourcen führen und bewirken, dass zu wenig in Programme investiert wird, die tatsächlich effektiv wären, so die Studie.
Sichtbare Indikatoren für Vielfalt im Unternehmen
Die Studie hebt einige Initiativen und Merkmale hervor, die von Mitarbeitern als wertvoll und wirksam eingestuft, von der Unternehmensleitung jedoch unterschätzt werden: Für Frauen sind nach Antidiskriminierungsrichtlinien und Flexibilitätsprogrammen vor allem sichtbare Rollenmodelle, Elternzeit und Unterstützung bei der Kinderbetreuung bedeutende Faktoren. Weibliche Führungskräfte als Vorbild sind aus Sicht weiblicher Mitarbeiter der fünftwichtigste Faktor für Diversität. Auf Platz drei steht für sie die Elternzeit, auf Platz elf Unterstützung bei der Kinderbetreuung. Aus Sicht der Männer nehmen diese Angebote nur den zehnten und 22. Platz ein. Für rassisch und ethnisch unterschiedliche Mitarbeiter ist es unter anderem besonders wichtig, dass am Arbeitsplatz Vorurteilsfreiheit herrscht. Diese Gruppen erwarten vor allem gerechtere Rekrutierungs- und Karriereentscheidungen sowie eine individuelle Förderung ihrer beruflichen Weiterbildung. LGBTQ-Mitarbeiter schätzen ebenfalls eine vorurteilsfreie Arbeitsumgebung, die auch in der Praxis sichtbar ist, so erhoffen sie einen Arbeitsplatz, der auf ihre Bedürfnisse angepasst ist, dazu gehören etwa nicht-binäre Geschlechtsbezeichnungen und geschlechtsneutrale Waschräume.
Voraussetzung für Diversität: Unvoreingenommenheit
Aus den Befragungsergebnissen leitet der Report Ansätze zur Verbesserung von Diversity-Programmen ab. Grundlegende Voraussetzungen für Veränderung sind danach die Fokussierung auf Antidiskriminierungsmaßnahmen, Schulungen zum Abbau von Voreingenommenheit in der Belegschaft und die Beseitigung von Voreingenommenheit bei Personalentwicklungs- und Beförderungsentscheidungen. Um Initiativen zur Förderung der Vielfalt zu entwickeln und effektiv umzusetzen, gelte es für die Unternehmen, sich auf die Implementierung zu fokussieren, so die Studie. Das müsse sich manifestieren in einem starken Engagement der Führungskräfte sowie in maßgeschneiderten zielgerichteten Maßnahmen (sowohl in Form von Top-down- als auch Bottom-up-Initiativen) sowie streng überprüften KPIs.
Mehr Informationen gibt es im englischsprachigen > Report.
Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.