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Die Zahl der offenen Stellen für IT-Fachkräfte erreicht eine neue Rekordmarke. In Deutschland gibt es aktuell 124.000 offene Stellen für IT-Spezialisten. Das entspricht einem Anstieg um 51 Prozent verglichen mit dem Vorjahr. Innerhalb von zwei Jahren hat sich damit die Zahl der unbesetzten IT-Stellen mehr als verdoppelt.
Das ist das Ergebnis einer Studie zum Arbeitsmarkt für
IT-Fachkräfte, die der Digitalverband Bitkom aktuell in Berlin vorgestellt
hat. Grundlage ist eine repräsentative Befragung von mehr als 850
Geschäftsführern und Personalverantwortlichen in Unternehmen ab drei
Mitarbeitern aus allen Branchen. 83 Prozent geben an, dass sie einen
Mangel an IT-Spezialisten auf dem Arbeitsmarkt erleben, vor zwei Jahren
waren es erst 67 Prozent. Zugleich erwarten zwei Drittel (65 Prozent),
dass sich die Situation in den kommenden Jahren weiter verschärfen wird.
IT-Stellen im Schnitt sechs Monate vakant
IT-Jobs sind für die Unternehmen deutlich schwerer zu besetzen
als andere Stellen. So geben vier von zehn Unternehmen (40 Prozent) an, dass
die Besetzung von IT-Stellen länger dauert als die anderer Positionen,
vor einem Jahr waren es mit 31 Prozent noch deutlich weniger. Auch die
Zeit, wie lange eine offene IT-Stelle im Schnitt unbesetzt bleibt, ist
von fünf auf sechs Monate gestiegen. In 18 Prozent der
Unternehmen bleiben IT-Stellen in der Regel länger als ein halbes Jahr
unbesetzt, vor einem Jahr war das nur in 10 Prozent der Unternehmen der
Fall.
Software-Entwickler besonders stark gesucht
Besonders begehrt sind Software-Entwickler. Jedes dritte
Unternehmen mit mindestens einer offenen IT-Stelle (32 Prozent) sucht
Programmierer. Dahinter folgen IT-Anwendungsbetreuer (18 Prozent), Data
Scientists (13 Prozent), IT-Projektmanager (12 Prozent) sowie IT-Berater
und IT-Service-Manager (je 10 Prozent).
Gehaltsvorstellungen und Qualifikation passen nicht zusammen
Die Schwierigkeiten, die Unternehmen bei der Besetzung von
IT-Stellen haben, sind vielfältig. Am häufigsten werden zu hohe (72
Prozent) und nicht den Qualifikationen entsprechende (52 Prozent)
Gehaltsforderungen der Bewerber beklagt. 4 von 10 Unternehmen (41
Prozent) berichten von allgemein fehlender fachlicher Qualifikation der
Bewerber und mangelhaften Testergebnissen im Auswahlverfahren (27
Prozent), oder aber es fehlt an notwendigen Kenntnissen neuer
Technologien wie KI oder Blockchain (9 Prozent). Jedes dritte
Unternehmen (32 Prozent) vermisst bei Bewerbern die notwendigen
Soft-Skills wie Teamfähigkeit, jedes fünfte (20 Prozent) hat Bewerber,
die nicht bereit sind, Dienstreisen oder einen Umzug zu machen. Jedes
achte Unternehmen (12 Prozent) erhält auf ausgeschriebene Vakanzen
praktisch überhaupt keine Bewerbungen.
Ansprache oft auf den falschen Kanälen
Die Unternehmen wären oft gut beraten, die
Ansprache von potenziellen Bewerbern zu verändern. So gibt eine breite
Mehrheit an, dass Kandidaten sich bei ihnen per E-Mail (97 Prozent) oder
schriftlich per Bewerbungsmappe (83 Prozent) bewerben können. Nur eine
Minderheit setzt dagegen auf Online-Bewerbungs-Tools (26 Prozent) oder
ermöglicht die Bewerbung mit einem Mausklick aus Business-Netzwerken
heraus (6 Prozent). Gerade einmal 1 Prozent nutzt Bewerbungs-Apps.
Unternehmen suchen online nach Kandidaten
Die Personalsuche wird sich in den kommenden Jahren stark
verändern. So gehen sieben von zehn Unternehmen (70 Prozent) davon aus, dass
das sogenannte Active Sourcing in den nächsten fünf Jahren deutlich an
Bedeutung gewinnen wird. Dabei suchen die Unternehmen gezielt zum
Beispiel in Business-Netzwerken oder auf Online-Plattformen nach
geeigneten Kandidaten und schreiben diese an. Ebenfalls wichtiger werden
Kooperationen mit Hochschulen, Headhunter und
Personalvermittlungen, Karrieremessen,
Online-Stellenbörsen sowie Business-Netzwerke.
Dagegen werden klassische Kanäle zur Mitarbeitersuche wie die
Printausgabe von Zeitungen oder Fachmagazinen ebenso an Bedeutung verlieren wie die Arbeitsagentur und
die Online-Ausgaben von Tages- und Wochenzeitungen.
Maßnahmen gegen IT-Fachkräftemangel
Bitkom fordert ein rasches und entschiedenes Handeln gegen den
Mangel an IT-Spezialisten. Dazu gehört, deutlich mehr junge Menschen und
vor allem Frauen für ein Informatik-Studium oder eine IT-Ausbildung zu
gewinnen und die Abbrecherquote an den Hochschulen zu senken. Zugleich sollten neue Bildungsangebote ausgebaut werden, die
schnell aktuelles Wissen vermitteln und zum Beispiel zu Nanodegrees oder
Mikrozertifikaten führen. Und die IT-Weiterbildung in den Unternehmen
muss forciert werden, etwa durch steuerliche Anreize.
Als kurzfristige Maßnahme empfiehlt Bitkom Flexibilisierungen
im Arbeitsrecht zu erlauben, etwa indem die Möglichkeit geschaffen wird,
dass IT-Spezialisten im Rahmen einer wöchentlichen Höchstarbeitszeit
ihre Arbeitszeit frei einteilen können. Zudem sollte die Digitalbranche
dringend von den Neuregelungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
ausgenommen werden. Dieses Gesetz hat dazu geführt, dass Unternehmen
weniger auf externe Spezialisten zurückgreifen können oder externe Teams
in laufenden Projekten austauschen müssen. Jedes sechste Unternehmen
(17 Prozent) sagt, dass die Novelle der Arbeitnehmerüberlassung das
eigene Fachkräfteproblem weiter verschärft hat. Und 16 Prozent geben an,
dass es ihnen nicht gelungen ist, Freelancer oder freie Mitarbeiter
fest anzustellen.