4,31 Millionen Menschen waren im Jahr 2019 in Deutschland im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes pflegebedürftig: Personen, die aufgrund kognitiver, körperlicher oder psychischer Beeinträchtigungen nicht mehr den Anforderungen im Alltag gerecht werden können. Sie bedürfen der Hilfe anderer – von Pflegediensten oder Angehörigen.
Doch Pflegedienst und Pflegeheim kosten viel und sind aus finanziellen, aber auch anderen Gründen nicht immer die passende Option. Die Folge: 80 Prozent der Pflegebedürftigen werden durch Angehörige zu Hause versorgt. Für die Pflegetätigkeit wenden Angehörige bis zu 25 Stunden pro Woche auf – in ihrer Freizeit neben dem Beruf.
Der demografische Wandel und die steigende Lebenserwartung führen dazu, dass die Gesellschaft immer älter wird. Somit werden immer mehr Arbeitnehmer früher oder später Pflegeverantwortung für nahe Angehörige übernehmen müssen. Für sie ist das ein Spagat zwischen Pflege und Beruf, eine große Herausforderung.
Warum geht Pflege auch den Arbeitgeber an?
Pflege ist Privatsache und hat nichts mit dem Beruf zu tun? – Falsch gedacht. Pflegende Arbeitnehmer stehen vor dem Problem, ihre Erwerbstätigkeit zeitlich mit der Pflege zu vereinbaren. Morgens um 8.00 Uhr der Mutter beim Duschen helfen – doch eigentlich ist um diese Uhrzeit das Teammeeting der Abteilung. Da müssen Arbeitnehmer Kompromisse schließen, und diese sind oftmals nachteilig für den Beruf.
Auch klagen 57 Prozent der Pflegenden über starke bis sehr starke körperliche und 78 Prozent über seelische Belastung. Das wirkt sich auf ihre Leistungsfähigkeit aus: Übermüdung, Demotivation, Ängste und Sorgen beeinflussen den Arbeitsalltag. Hinzu kommt, dass im Hinterkopf immer Gedanken abseits des Arbeitsgeschehens kursieren, etwa: Wie geht es weiter mit meinen Liebsten? Was muss ich als nächstes organisieren?
Arbeitgeber müssen tätig werden, um ihre Beschäftigten zu schützen und zu unterstützen, aber auch, um die Belegschaft leistungsstark zu erhalten und somit Unternehmensziele erreichen zu können.
Wie können Unternehmen pflegende Mitarbeiter am besten unterstützen?
Pflegende Arbeitnehmer sind oftmals überwältigt von der Masse an Aufgaben, die eine Pflegetätigkeit mit sich bringt: organisieren, bei Versicherungen nachfragen, Formulare ausfüllen, Begutachtungen anfragen, Krankheitsbilder kennenlernen, die Wohnung pflegegerecht umbauen – die Herausforderungen sind immens. Arbeitgeber können ihre Talente auf vielfache Weise unterstützen:
- Flexible Arbeitszeiten: Durch die freie Gestaltung der Arbeitszeiten, beispielsweise durch Gleitzeit, können pflegende Angehörige geschäftliche und private Termine vereinbaren. So können sie auch am Vormittag wichtige Arzttermine zusammen mit dem Pflegebedürftigen wahrnehmen.
- Flexibler Arbeitsort: Möglichkeiten wie Homeoffice oder die freie Wahl des Arbeitsplatzes erlauben eine unmittelbare Nähe zum Pflegebedürftigen. So ist der Angehörige in Notfällen schnell vor Ort, und zeitraubende Fahrtwege entfallen.
- Beratungsangebote: Unternehmen können Informationen, gerade über die ersten Schritte in der Pflegetätigkeit, zur Verfügung stellen. Dafür bieten sich Flyer und Informationsmaterialien, aber auch Vorträge, Coachings und das Angebot einer Einzelfallberatung an.
- Sensibilisierung von Führungskräften: Direkte Vorgesetzte sollten Verständnis für die Doppelrolle pflegender Arbeitnehmer aufzeigen. Um dies zu fördern, ist Hintergrundwissen über die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf und die Schaffung einer vertrauenswürdigen und offenen Arbeitsatmosphäre relevant.
- Pflegelotsen: Ausgebildete Mitarbeiter können bei Fragen rund um das Thema Pflege und Beruf beraten. Sie wissen, welche Schritte als nächstes durchgeführt werden müssen und haben ein offenes Ohr.
- Offene Kommunikation: Eine offene Unternehmenskultur ist wichtig. Sprechen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erst gar nicht ihre Pflegetätigkeiten an, können Arbeitgeber auch nicht unterstützen. Das kann zu Konflikten führen.
- Finanzielle Unterstützung: Pflegende Beschäftigte haben mit finanziellen Mehraufwendungen zu rechnen. Arbeitgeber können finanziell unterstützen, indem sie Zuschüsse für Betreuung und Leistungen wie Essen auf Rädern oder zinsgünstige Darlehen gewähren.
Innovativ: das Pflegebudget
Eine innovative Möglichkeit, pflegende Beschäftigte zu unterstützen, ist ein Pflegebudget. Durch eine betriebliche Pflegelösung finden Betroffene auf der einen Seite Unterstützung in Beratung, Betreuung und Organisation rund um die Pflege. Auf der anderen Seite erhalten sie ein monatliches Budget, das für anfallende Kosten im Rahmen der Pflegetätigkeit genutzt werden kann. Sie können damit zum Beispiel zusätzliche Hilfsmittel bezahlen oder offene Anteile an Rechnungen begleichen. Das Ergebnis: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden im Pflegealltag unterstützt und können weiterhin leistungsstark im Unternehmen tätig sein.
Pflegelösung, von der alle profitieren
Führt ein Unternehmen eine betriebliche Pflegelösung ein, entlastet es dadurch nicht nur seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den emotional herausfordernden Zeiten zeitlich, finanziell, körperlich und emotional, sondern es profitiert auch selbst, da es sich qualifizierte Arbeitskräfte erhält.
Die Vorteile im Überblick:
Unternehmen, die pflegende Mitarbeiter unterstützen, werden als gesundheitsbewusste und familienfreundliche Arbeitgeber wahrgenommen.
- Durch sinnvolle Zusatzleistungen für das Personal steigt die Arbeitgeberattraktivität – ein starkes Argument im Kampf um neue Fachkräfte.
- Kümmern sich Arbeitgeber um Angelegenheiten ihrer Belegschaft, steigert das die Zufriedenheit und Loyalität der Arbeitskräfte. Das Resultat: Sie identifizieren sich mit dem Unternehmen.
- Durch einen offenen Umgang mit Pflegethemen wird eine sensibilisierte Unternehmenskultur gefördert.
- Eine betriebliche Pflegelösung zahlt auch auf die Nachhaltigkeitsstrategie ein.
- Nicht nur für pflegende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch für aktuell nicht betroffene Arbeitskräfte gibt eine Pflegelösung Sicherheit.