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Entgeltransparenzgesetz – magere Bilanz nach einem Jahr

Lohn-/Gehaltsabrechnung, Hand mit Taschenrechner
Wieviel wohl der Kollege verdient? Viele glauben, unfair bezahlt zu werden, doch nur wenige fordern einen Gehaltsvergleich vom Arbeitgeber.
Foto: © Stockfotos-MG/StockAdobe

Auch wenn das Entgelttransparenz seit über einem Jahr besteht, haben weniger als drei Viertel der Arbeitnehmer (72 Prozent) davon gehört. Ein Viertel (25 Prozent) kennt das Gesetz nicht und die restlichen drei Prozent sind sich nicht sicher. Lediglich neun Prozent der Beschäftigten geben an, vom Arbeitgeber über das ETG informiert worden zu sein. Von den Unternehmen sagt dagegen jedes zweite (51 Prozent), die Belegschaft informiert zu haben. Das sind Ergebnisse einer Umfrage, die > Compensation Partner vom 21. Februar bis zum 4. März dieses Jahres unter 716 Beschäftigten und 94 Unternehmen durchgeführt hat. Von den Beschäftigten sind 35 Prozent Frauen und 65 Prozent Männer.

Nur sieben Prozent der Arbeitnehmer haben einen Gehaltsvergleich gefordert

Laut Befragung haben bisher erst sieben Prozent der Beschäftigten einen Gehaltsvergleich im Betrieb eingefordert. 22 Prozent wollen noch von ihrem Recht Gebrauch machen, 55 Prozent haben es vielleicht vor und 23 Prozent wollen nicht aktiv werden. Gefragt danach, was aus ihrer Sicht dagegen spricht, geben 42 Prozent der Mitarbeiter an, dass sie sich nicht trauen, einen Antrag einzureichen. 29 Prozent sagen, dass sie die Gehälter ihrer Kollegen ohnehin kennen, und 13 Prozent haben keine Lust auf Papierkram.

Drei von vier Beschäftigten mit Erfolg von Auskunftsersuchen unzufrieden

Von den Mitarbeitern, die aktiv geworden sind und vom Auskunftsersuch Gebrauch gemacht haben, waren gut drei Viertel (78 Prozent) mit dem Ergebnis unzufrieden. Als Grund gaben 28 Prozent an, dass der Vergleich gar nicht zustande kam, da ähnliche Vergleichswerte fehlten. Bei 20 Prozent fand keine Anpassung statt. 16 Prozent sagen, ihre Stelle sei mit einem ganz anderen Stellenprofil verglichen worden. Ebensoviele beklagen, dass sie nun in einem schlechten Licht stehen. Tim Böger, Geschäftsführer von Compensation Partner , vermutet, dass viele Arbeitnehmer gar nicht erst ein Auskunftsersuch einreichen, obwohl sie an einem Gehaltsvergleich interessiert sind, weil sie befürchten, das Verhältnis zum Arbeitgeber könne sich verschlechtern.

Jeder dritte Mitarbeiter glaubt nicht an Verringerung der Entgeltlücke durch ETG

Viele Mitarbeiter sind ohnehin skeptisch, ob ihnen das Gesetz etwas bringen wird. Nur zehn Prozent glauben, dass es bestehende Entgeltlücken zwischen Frauen und Männern reduzieren wird. 53 Prozent sind sich unsicher oder denken, dass es sich zeigen wird, und 32 glauben nicht an den Erfolg. Von den Arbeitgebern sind sogar 72 Prozent der Meinung, dass das ETG zu keiner Änderung führen wird. 22 Prozent sind unsicher und lediglich sechs Prozent sind zuversichtlich, dass durch das Gesetz die ungleiche Bezahlung von Männern und Frauen abgeschafft wird. Rund 51 Prozent der Arbeitnehmer und 26 Prozent der Arbeitgeber sind der Ansicht, dass es durch fehlende rechtliche Konsequenzen unwirksam bleibt.

Trotz Zurückhaltung fühlt sich fast jeder Zweite unfair bezahlt

Auch wenn Arbeitnehmer bisher nur sehr selten Gehaltsvergleiche angefordert haben, denkt fast jeder zweite (47 Prozent), nicht gerecht bezahlt zu werden. Gegenüber dem letzten Jahr ist dieser Anteil sogar noch angestiegen; 2018 sagten noch 39 Prozent, sie würden nicht fair entlohnt. Von den Frauen gaben aktuell 58 Prozent an, unfair vergütet zu werden, von den Männern 40 Prozent. Als häufigsten Grund nannten geschlechtsübergreifend 39 Prozent der Befragten eine fehlende leistungsgerechte Vergütung aufgrund von unbezahlter Überstunden, viel Verantwortung und wenig Wertschätzung. 33 Prozent sagen, dass andere Mitarbeiter für gleiche arbeit und gleiche Leistung mehr Geld bekommen. 19 Prozent monieren, dass ihr Arbeitgeber trotz wirtschaftlichen Erfolgs keine Gehaltsanpassungen vornimmt.

Ute Wolter ist freie Mitarbeiterin der Personalwirtschaft in Freiburg und verfasst regelmäßig News, Artikel und Interviews für die Webseite.