Aktuelle Ausgabe neu

Newsletter

Abonnieren

Ist Ihre Vertriebsvergütung effizient?

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken

Unerwartete Wendungen in der Zollpolitik, geo­politische Konflikte, die heimische Wirtschaftsflaute – deutsche Unternehmen sehen sich zurzeit vielen Herausforderungen und Unsicherheiten ausgesetzt. Hinzu kommt der steigende Kostendruck.

Vor dem Hintergrund der vielen Herausforderungen müssen Unternehmen ihre Ausgabeposten ständig überprüfen und optimieren. Personalkosten spielen dabei eine Schlüsselrolle, da sie einen Großteil der Kosten ausmachen. Somit rückt auch die Effizienz von Vergütungssystemen in den Fokus.

Je nach Größe des Vertriebsteams können Sales-Incentive-Pläne (SIP) einen wesentlichen Anteil an den Personalkosten ausmachen. Daher ist es wichtig, typische Schwachstellen im Design dieser Pläne, die das Verhältnis von Kosten zu Performance beeinträchtigen, frühzeitig zu erkennen und ihnen gegenzusteuern.

Wir beleuchten im Folgenden drei dafür nütz­liche Analysemetriken:

  • Performance-Verteilung,
  • Performance-to-Cost-Sensitivität und
  • Performance-Konsistenz.

Alles zum Thema

COMP & BEN

Dieser Beitrag ist zuerst im Vergütungsmagazin Comp & Ben erschienen. Das Onlinemagazin berichtet in sechs Ausgaben pro Jahr über aktuelle Themen rund um Compensation & Benefits und betriebliche Altersversorgung. Hier können Sie das Magazin kostenlos herunterladen – und hier können Sie den COMP-&-BENNewsletter abonnieren.

  1. Performance-Verteilung

    Um die SIP-Effizienz zu beurteilen, ist ein üblicher Ausgangspunkt, die Verteilung der Vertriebs-Performance über die Mitarbeitenden zu betrachten. Zur Analyse bietet sich hier eine Visualisierung der Häufigkeiten an, mit denen bestimmte Performance-Korridore erreicht werden. Dabei ist ins­besondere auf strukturelle Muster zu achten.
    Eine gesunde Performance-Verteilung liegt in der Regel dann vor, wenn – wie in Abbildung 1 dar­gestellt – insgesamt eine leicht rechtsschiefe Normalverteilung zu erkennen ist und diese auch bei der Betrachtung einzelner (Unter-)Gruppen bestehen bleibt (siehe Abbildung 1: „Gesunde Verteilung“).

    Auf ein klares strukturelles Problem deutet dagegen hin, wenn es zwei große Performance Cluster von „High Performern“ einerseits und „Low Performern“ andererseits gibt (siehe Abbildung 1: „Kamelrücken“). In diesem Fall sind die Verdienstchancen zumeist ungleich verteilt, sodass der individuelle Erfolg stärker vom zugewiesenen Vertriebsgebiet als von der persönlichen Verkaufsleistung abhängt.

    Weitere alarmierende Muster sind zudem ein­seitige Häufungen: eine ungewöhnlich hohe Anzahl an Ausreißern im Top-Performance-Bereich oder die Häufung auf einem bestimmten Low-Performance-Niveau (siehe Abbildung 1: „Low-Performer-Cluster“).

    Im Falle der Häufung im High-Performance-Bereich können unzureichend gemanagte oder antizipierte „Windfalls“ oder „Big Deals“ ursächlich sein. Das zweite Szenario der gehäuften Low Perfomance ist hingegen oft auf zu hoch gesetzte Performance-Grenzen („Thresholds“) zurückzuführen. Diese schränken die Motivation der Mitarbeitenden ein, weitere Leistung unterhalb des kritischen Niveaus zu erbringen.

    Beide Fälle stellen Ineffizienzen dar: Entweder wird für relativ niedrige Performance relativ viel ausgezahlt, oder mögliches Mehrgeschäft wird nicht ­realisiert. Daher sollten Unternehmen diese Probleme im Rahmen einer SIP-Neugestaltung aktiv beseitigen.
  2. Performance-to-Cost-Sensitivität

    Eine Performance-to-Cost-Analyse kann als weiterer Indikator für die Effizienz eines Vergütungsplans dienen. Die übergeordnete Frage hierbei lautet: Wie viel zahlen wir für welche Leistung?

    Dies lässt sich auf den ersten Blick vermeintlich leicht herausfinden. Betrachtet man die Auszahlungsmechanik beziehungsweise -kurve des jewei­ligen KPI, sieht man beispielsweise, dass 110 Prozent Zielerreichung zu einer Auszahlung der variablen Vergütung in Höhe von 130 Prozent führen.

    Die Realität zeigt jedoch, dass das Verhältnis von Performance zu Kosten auf aggregierter Ebene nur selten in dieser Reinform vorliegt. Dies ist auf die bereits angesprochene typischerweise anzufindende Leistungsstreuung innerhalb des Vertriebspersonals zurückzuführen. So wird auch bei gesamtheitlicher Übererfüllung der Vertriebsziele nicht von jedem einzelnen Vertriebler diese „Over Performance“ erbracht. Die besagte Streuung verschiebt die tatsächlich ausgezahlte Summe je nach Auszahlungsmechanik weiter nach oben oder unten. In der Praxis kann dabei häufig eine Tendenz zum Mittelwert (100 Prozent) beobachtet werden.

    Um also eine aussagekräftige Analyse von Performance und Vergütung abzubilden, sollten ­Unternehmen diese Leistungsstreuung mit in der Kalkulation berücksichtigen. Liegen schließlich die Ergebnisse der Analyse vor, stellt sich die Frage, wie eine gesunde Performance-to-Cost-Ratio aussieht. Die Antwort hängt stark von Branche und Art des Unternehmens ab. Als Faustformel gilt: Je stabiler das Geschäftsmodell und die Marktbedingungen ausfallen, desto höher sollte das Verhältnis von Performance zu Auszahlung sein.

    Entscheidender als die einseitige Betrachtung dieser Kennzahl ist indes die Wahl der Szenarien. Werden etwa im kritischsten angenommenen Businessszenario weiterhin 80 Prozent oder gar 90 Prozent der variablen Zielvergütung ausgezahlt, sollten die Gründe hierfür eingehend geprüft und Möglichkeiten gesucht werden, die Auszahlung bei unterdurchschnittlicher Zielerreichung stärker einzuschränken.

    Umgekehrt besteht bei einer Auszahlung von 110 Prozent bis 120 Prozent im bestmöglichen angenommenen Szenario das Risiko, dass nicht genügend Anreize für Zielübererfüllung gesetzt sind. Bei etwaigen strukturellen Anpassungen der Vertriebsvergütung ist jedoch Balance gefragt. Sollten nach einer Anpassung die Auszahlungen im Worst-Case-Szenario unter 20 Prozent liegen oder im Best-Case-Szenario deutlich über die 200-Prozent-Marke steigen, deutet dies auf zu aggressive Auszahlungsmechaniken hin. Erhöhter Stress und steigende Fluktuation in der Vertriebsbelegschaft sind dann häufig die unerwünschten Konsequenzen.
  3. Performance-Konsistenz

    Eine weitere Analyse, die Aufschluss über die SIP-Effizienz gibt, widmet sich der Frage, inwieweit konsistente Performance auf individueller Ebene möglich ist. Dabei können grundsätzlich zwei verschiedene Perspektiven eingenommen werden.

    Zum einen kann die Performance eines Vertriebsmitarbeiters oder einer Vertriebsmitarbeiterin über alle KPIs, die für die Incentivepläne relevant sind, hinweg betrachtet werden. Zum anderen kann die Performance pro KPI über mehrere Jahre für dasselbe Individuum angeschaut werden. Ein geeignetes Mittel hierfür ist die Korrelationsanalyse mit dem Korrelationskoeffizienten als entscheidende Kennzahl.

    Im ersten Betrachtungsfall etwa sollte bei einer sichtbar negativen Korrelation (Korrelationskoeffizient < -0,3) geprüft werden, ob eine Substitution der verglichenen KPIs durch den Beschäftigten stattfindet. Typische Beispiele sind KPIs, deren Ziel­erfüllung klassischerweise in gegenseitigem Konflikt stehen wie etwa Umsatz und prozentuale Marge oder die unabhängig gemessenen Umsätze zweier Produktgruppen. Sollte sich bei der Analyse dagegen eine ungewöhnlich hohe Korrelation zeigen (Korrelations­koeffizient > 0,8), deutet dies darauf hin, dass sich die KPIs nicht ausreichend unterscheiden und weitgehend redundant sind. Idealerweise liegt also grundsätzlich keine oder nur eine leichte bis mittlere Korrelation zwischen den KPIs vor.

    Ähnliches gilt bei der Betrachtung der Performance über mehrere Jahre hinweg, wobei hier zumindest eine leichte Korrelation gegeben sein sollte. Keine oder gar eine negative Korrelation legen nahe, dass individuelle Vertriebsziele zu stark an die Performance des Vorjahres angepasst wurden (Eins-zu-eins-Übersetzung von Performance in Zieldefinition) oder dass die individuelle Zielerreichung nicht oder nur marginal vom Individuum beeinflusst werden kann. In letzterem Fall sollte nach einer anderen Messgröße oder einer Verbesserung der Messpräzision gesucht werden. Sehr hohe Korrelationen dagegen können ein Indikator für unzureichende Zielanpassungen im Zeitverlauf sein. Hier sollten Unternehmen prüfen, ob die Vertriebsziele gleichmäßig verteilt werden.

Fazit

Effiziente Anreizsysteme im Vertrieb und darüber hinaus zu entwickeln, ist und bleibt ein komplexes Thema mit vielen Herausforderungen. Ob ein ­bestimmter Plan die gewünschten Ergebnisse liefert, lässt sich zunächst häufig nur konzeptionell herleiten. Sobald jedoch eine Basis mit historischen Daten vorhanden ist, ergeben sich viele Möglich­keiten zur quantitativen Prüfung.

Autor