Das Wendemanöver in der bAV 2016 war für den Technologiekonzern Bosch überfällig, denn der fortdauernde Niedrigzins und die Bindung an starre Anlagevorschriften ließen die Erstrenten der Bosch-Rentner zuvor immer weiter sinken. Eine Wende zum Besseren brachte erst die Einführung der fondsförmigen Verrentung im Pensionsfonds, die Bosch als erstes und bisher einziges Unternehmen in Deutschland nutzt.
Doch der Reihe nach! Seit 2006 bietet Bosch den eigenen Mitarbeitern Altersvorsorge über den „Bosch Vorsorge Plan“ an – ein Modell, das bis heute existiert. Bereits 1999 führte die Bosch-Gruppe über 70 betriebliche Vorsorgepläne und die Vorsorge von 80.000 Mitarbeitern im damaligen „Kapital Vorsorge Plan“ zusammen. 2002 gründete Bosch schließlich als erstes deutsches Industrieunternehmen einen Pensionsfonds.
Pensionsfonds als Kernelement der Vorsorgearchitektur
Dieser Bosch-Pensionsfonds steht bis heute im Mittelpunkt des „Bosch Vorsorge Plans“. Im Bosch-Pensionsfonds werden Unternehmensbeiträge, Zusatzbeiträge („Beiträge Plus“) und Mitarbeiterbeiträge für die Altersversorgung verzinst. Da der Gesetzgeber für Beiträge zum Pensionsfonds steuerliche Grenzen vorsieht, wandern alle Beiträge oberhalb dieser Grenzwerte in den alten Durchführungsweg des Technologiekonzerns, in die Direktzusage. Sie läuft nach wie vor im Hintergrund mit, auch wenn der Fokus der Vorsorge auf dem Pensionsfonds liegt.
Vor allem angesichts des Niedrigzinses hat Bosch das Versorgungssystem in den vergangenen Jahren mehrfach umgestellt, um die bAV auf eine stärkere Basis zu stellen, um Risiken aus Garantien zu minimieren und um Chancen zu realisieren. Zugleich hat das Unternehmen immer wieder Mitarbeiter von akquirierten Firmen, die bereits Anwartschaften erworben hatten, in den neuen Plan überführt.
Der „Bosch Vorsorge Plan“ sieht eine Beitragszusage mit Mindestleistung vor. Das heißt, er garantiert lediglich den Beitragserhalt. Das Kapital, das der Arbeitgeber in die Beitragszusage einbringt, wird im Vorsorgeplan so entwickelt, wie der Plan am Kapitalmarkt performt. Die Gewinne, die sich aus der Kapitalanlage des Pensionsfonds ergeben, leitet Bosch ohne einen Abschlag eins zu eins auf die Vorsorgekonten der Mitarbeiter weiter. Diese haben später in der Leistungsphase die Wahl zwischen diversen Auszahlungsvarianten.
Einführung der fondsförmigen Verrentung im Pensionsfonds ab 2016
Der Jahreswechsel 2015/2016 war für Bosch der Wendepunkt zum Besseren. Mit der Einführung der Möglichkeit der fondsförmigen Verrentung bekamen auch deutsche Pensionsfonds einen größeren Spielraum. Die Vorteile der Beitragszusage mit Mindestleistung, zum Beispiel die freieren Gestaltungsmöglichkeiten in der Kapitalanlage, entfalten nun auch in der Rentenphase ihre Wirkung. Bosch nutzt als erstes und bisher einziges Unternehmen die fondsförmige Verrentung.
In der Vergangenheit bekamen die Bosch-Pensionäre, die in die Leistungsphase starten, die Niedrigzinsphase stark zu spüren. „Aus dem angesammelten Kapital errechnen wir seit vielen Jahren die monatliche Rente unserer Pensionäre“, erläutert Dirk Jargstorff, Senior Vice President Corporate Pensions and Related Benefits bei Bosch. „Dafür mussten wir den Höchstrechnungssatz der Versicherungswirtschaft heranziehen, doch der wurde infolge des Niedrigzinses kontinuierlich abgesenkt, so dass wir gezwungen waren, die Startrenten der Begünstigten im Zeitraum von 2004 bis 2015 um 19 Prozent abzusenken.“ Dadurch hätten die Startrenten zu Jahresbeginn 2017 bei weiter bestehender Versicherungsförmigkeit infolge der Absenkung des Höchstrechnungszinses auf 0,9 Prozent automatisch um weitere 12 Prozent abgesenkt werden müssen.
Mit der Einführung der Fondsrente, verankert im neuen § 236 des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), gelten für Pensionsfonds seit 2016 erweiterte Gestaltungsmöglichkeiten. Die Gesetzesänderung „Fondsförmige Verrentung“ war Teil eines Gesetzes „Veränderung im VAG“, eines sogenannten Omnibusgesetzes, das an die Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie angehängt wurde. Jetzt kann Bosch als Betreiber des Fonds den Verrentungszins, unabhängig von der Situation am Kapitalmarkt, selbst festlegen. „Wir leiten den Verrentungszins aus der erwarteten Rendite der Kapitalanlage ab“, so Jargstorff. „Die Kapitalanlage lässt sich freier gestalten, so dass wir höhere Renten für unsere Mitarbeiter erzielen können.“
Mehr Steuerungsmechanismen dank der Fondsrente
Bei der Fondsrente stehen alle Erträge den Begünstigten zu. Die Rechnungszinsen für Verrentung und Reservierung werden aus der erwarteten Rendite abgeleitet. Die Steuerung der Fondsrente erfolgt hauptsächlich mittels eines Kapitaldeckungsgrades, der sich zwischen 100 und 125 Prozent entwickeln soll und maßgeblich für die Bestimmung möglicher Rentenanpassungen herangezogen wird.
Für Dirk Jargstorff ergeben sich aus der Neuregelung mehrere Vorteile. Der wichtigste sind attraktive und stabile Startrenten, abgeleitet aus einer ertragsreicheren Kapitalanlage in der Rentenphase. „Wir leiten unterschiedliche Rechnungszinsen für Reservierung und Verrentung aus der einrichtungsspezifischen Kapitalanlage ab. So haben wir von Beginn an einen Puffer zum Ausgleich von Wertschwankungen“, erläutert Jargstorff. Zudem lasse sich das Modell gezielter steuern und sei einfacher zu administrieren. So verweist er auf die sichtbaren Resultate der Neugestaltung der Rentenphase. Im Vergleich zu Lebensversicherungsprodukten kann der „Bosch Vorsorge Plan“ um 20 Prozent höhere Startrenten anbieten.
Insgesamt weist der Bosch-Pensionsfonds ein Anlagevermögen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro auf. Die Zahl der aktiven Einzahler beträgt rund 120.000, die der Rentner etwa 40.000. Im Jahr 2016 erzielte der Pensionsfonds eine Rendite von 6,6 Prozent. Er ermöglicht Auszahlungen als Raten, als monatliche Rente sowie als vollständige oder teilweise Kapitalauszahlung.
Alle Erträge kommen bei geringen Verwaltungskosten ausschließlich den Mitarbeitern zugute. Während eine langfristige Anlagestrategie und eine breite Streuung Sicherheit schaffen, erlaubt der höhere Aktienanteil des Bosch-Pensionsfonds gegenüber konservativeren Anlagen attraktivere Investments und bessere Renditen. Bis zum 55. Lebensjahr der Beschäftigten werden die Firmen- und Mitarbeiterbeiträge chancenorientiert investiert und anschließend auf sicherere Rententitel umgestellt. Risiken werden durch eine Beitragsgarantie und ein umfassendes Risikomanagement nachhaltig gemindert.
Dr. Guido Birkner,
verantwortlicher Redakteur Human Resources
FRANKFURT BUSINESS MEDIA – Der F.A.Z.-Fachverlag