Pensionszahlungen unterliegen in Deutschland der regulären Einkommensbesteuerung. Hingegen erscheint die Besteuerung im benachbarten Ausland, insbesondere in der Schweiz, deutlich attraktiver. Ob sich ein Wegzug aus steuerlichen Gründen tatsächlich lohnt und was hierbei zu beachten ist, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Anhand des nachfolgenden Beispiels soll aufgezeigt werden, was bei einem Wegzug in die Schweiz aus steuerlicher Sicht zu beachten ist.
Ein Fallbeispiel: Herr A, leitender Angestellter, verheiratet und Spitzenverdiener, möchte bei Auszahlung der von seinem Arbeitgeber erteilten Pensionszusage steuerlich profitieren. Seine Renteneinkünfte betragen im Fall a) 500.000 Euro und im Fall b) 1 Million Euro. Herr A überlegt sich daher, seinen Wohnsitz mit dem Beginn der Pensionszahlungen in die Schweiz zu verlegen. Herr A möchte gerne in den Kanton Genf, Gemeinde Genève, ziehen.
Welches Land hat nun das Besteuerungsrecht? Pensionszahlungen fallen bei Auszahlung unter das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland/Schweiz (DBA D/CH). Hieraus resultiert ein Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaats. Das wäre im Fall von Herrn A nach Wegzug also die Schweiz.
Besonderheiten in der Schweiz
In der Schweiz sind Renten aus der beruflichen Altersvorsorge grundsätzlich voll steuerpflichtig. Die Besteuerung kann im Rahmen der ordentlichen Besteuerung, der Besteuerung nach dem Aufwand oder nach der modifizierten Aufwandsbesteuerung erfolgen.
Ordentliche Besteuerung: Bei der ordentlichen Besteuerung werden in der Schweiz Einkommen- und Vermögensteuern auf der Stufe von Gemeinde, Kanton und Bund erhoben. In unserem Beispiel würde Herr A im Kanton Genf im Fall a) rund 180.000 Euro und im Fall b) rund 405.000 Euro an Einkommensteuern zahlen.
Besteuerung nach Aufwand: Alternativ besteht die Möglichkeit einer Besteuerung nach dem Aufwand, auch Pauschalsteuer genannt. Es handelt sich um ein vereinfachtes Veranlagungsverfahren für ausländische Staatsangehörige, die ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, aber dort keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Hierbei erfolgt die Besteuerung anhand der jährlichen Lebenshaltungskosten sowie eines Faktors. Aus Vereinfachungsgründen wird üblicherweise der in der Schweiz bezahlte Mietzins bzw. bei Wohneigentum der amtliche Mietwert angesetzt.
Der Vorteil dieser Besteuerungsmethode liegt nicht in einer Reduktion des Steuersatzes, sondern in der Reduzierung der Steuerbemessungsgrundlage. Zudem kann die Vermögensteuer gegebenenfalls bereits abgegolten sein. Die Pauschalsteuer darf jedoch nicht geringer ausfallen als die Steuer, die sich aus der Besteuerung der schweizerischen Einkommens- und Vermögensfaktoren ergibt. Dazu wird die nach dem Aufwand berechnete Steuer dem Steuerbetrag gegenübergestellt, der sich bei ordentlicher Besteuerung der Schweizer Einkommens- und – in den Kantonen – Vermögenswerte ergeben würde. Wir sprechen hier von der sogenannten Kontrollrechnung.
Um die Akzeptanz der Pauschalsteuer in der Bevölkerung zu erhöhen, hat der Schweizer Bundesrat ab 2016 weitere Verschärfungen für Bund und Kantone beschlossen. Zu den Reformen zählt, dass künftig mindestens das Siebenfache der Schweizer Wohnkosten als Bemessungsgrundlage angesetzt wird (Mindestbemessungsgrundlage von 400.000 CHF). Einige Kantone haben jedoch bereits heute höhere Hürden bei der Pauschalsteuer und der Vermögensteuer eingeführt. So hat der Kanton Schwyz ab 2015 eine Mindestbemessungsgrundlage von 600.000 CHF sowie bei der Vermögensteuer von 12 Millionen CHF eingeführt. Dies würde im obigen Beispiel zu einer Pauschalsteuer von rund 120.000 Euro führen.
Modifizierte Aufwandsbesteuerung: Als dritte Möglichkeit kann eine Besteuerung nach der modifizierten Aufwandsbesteuerung gewählt werden. Hierbei wird zunächst auf Basis der Lebenshaltungskosten die Bemessungsgrundlage für die Aufwandsbesteuerung ermittelt. Anschließend müssen all jene Einkünfte in die Kontrollrechnung miteinbezogen werden, die aufgrund des DBA D/CH der Schweiz zur Besteuerung zugewiesen werden und nach Schweizer Recht steuerbar sind (Kontrollrechnung). Die höhere der beiden Bemessungsgrundlagen kommt zur Anwendung. Die Einkommensteuer wird dann auf alle in die Kontrollrechnung einbezogenen Einkünfte zum Steuersatz für das gesamte Welteinkommen erhoben.
Zu beachten ist, dass in einigen Kantonen die Pauschalbesteuerung erst ab einem bestimmten Einkommen bzw. Vermögen überhaupt zur Anwendung kommen kann. Die Grenzen können je nach Kanton variieren.
Fallstricke des DBA bei einem Wegzug in die Schweiz
Regelung des deutschen Außensteuergesetzes (AStG): Nach § 2 AStG ist eine natürliche Person, die in den vergangenen zehn Jahren vor ihrem Wegzug als Deutscher insgesamt mindestens fünf Jahre unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war – unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Ablauf von zehn Jahren nach ihrem Wegzug –, weiterhin beschränkt einkommensteuerpflichtig. Die deutsche Steuerpflicht betrifft neben den ohnehin schon der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Einkünften aus deutschen Quellen wie zum Beispiel Mieteinnahmen aus deutschen Immobilien zusätzlich die sogenannten erweiterten Inlandseinkünfte. Hierunter fallen neben Zinseinkünften insbesondere auch Pensionszahlungen. Man spricht von der erweitert beschränkten Steuerpflicht. Die Regelung des § 2 AStG kommt unter anderem zur Anwendung, wenn im Ausland eine niedrige Besteuerung vorliegt. Dies ist bei der schweizerischen Pauschalsteuer regelmäßig der Fall.
Die Berechnung des Steuersatzes erfolgt unter Zugrundelegung des relevanten Welteinkommens. Dieser (erhöhte) Steuersatz wird allerdings nur auf die Inlandseinkünfte (hier: Pensionszahlungen) angewendet. Deutschland rechnet die schweizerische Steuer auf die deutsche Steuer an, hierdurch läuft jedoch eine niedrigere Pauschalsteuer in der Schweiz letztlich ins Leere.
Dauer der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach DBA: Nach Art. 4 Abs. 4 DBA D/CH hat sich Deutschland für nichtschweizerische Staatsbürger, die in der Schweiz ansässig sind, ein befristetes Besteuerungsrecht vorbehalten. Hiernach wird Deutschland die aus Deutschland stammenden Einkünfte und die dort belegenen Vermögenswerte im Jahr des vollständigen Wegzugs und in den folgenden fünf Jahren weiterhin besteuern. Dies gilt grundsätzlich nicht, wenn die natürliche Person nach ihrem Wegzug in die Schweiz einer unselbständigen Arbeit bei einem fremden Dritten nachgeht. Dies ist im vorliegenden Sachverhalt gerade nicht der Fall.
Art. 4 Abs. 4 DBA D/CH eröffnet die Anwendung des obengenannten § 2 AStG, dessen Voraussetzungen zusätzlich erfüllt sein müssen, um den Steueranspruch zu begründen. Der Steuerpflichtige wird den deutschen Vorschriften über die erweitert beschränkte Steuerpflicht unterworfen. Die Schweiz besteuert im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht, befreit jedoch die der deutschen Besteuerung unterliegenden Einkünfte. Die Doppelbesteuerung für die nicht befreiten Einkünfte wird dadurch vermieden, dass die schweizerische Steuer angerechnet wird. Der wiederauflebende Besteuerungsanspruch Deutschlands ist auf die aus Deutschland stammenden Einkünfte wie beispielsweise Pensionen, Renten und Zinseinkünfte beschränkt.
Wird jedoch die Pauschalbesteuerung in Anspruch genommen, gelten natürliche Personen nach Art. 4 Abs. 6 DBA D/CH als nicht in der Schweiz ansässig. Es kommt in diesen Fällen § 2 AStG zur Anwendung, so dass sich die Wegzugsfrist von fünf auf zehn Jahre erhöht und die erweitert beschränkte Steuerpflicht für zehn Jahre greift. Zudem kann in Deutschland die in der Schweiz gezahlte Pauschalsteuer nicht angerechnet werden. Dies lässt sich vermeiden, wenn statt der Pauschalbesteuerung die modifizierte Pauschalbesteuerung gewählt wird.
Vergleichsrechnung
Nachfolgend ist die jeweilige steuerliche Auswirkung der möglichen Besteuerungsvarianten dargestellt. Die Höhe der Steuerbelastung hängt zudem vom Kanton ab, in dem Herr A in der Schweiz künftig ansässig sein wird.
Handelt es sich in der Schweiz nicht um eine niedrige Besteuerung, bleibt es bei der Besteuerung in der Schweiz in Höhe von 180.000 Euro/405.000 Euro. Greifen die Voraussetzungen für die erweiterte beschränkte Steuerpflicht nach Art. 4 Abs. 4 DBA i.V.m. § 2 AStG, würde auf die Steuer, die in Deutschland anfällt, die Schweizer Steuer angerechnet. Es bleibt jedoch im Jahr des Wegzugs und in den fünf Folgejahren jeweils bei einer gesamten Steuerbelastung in Höhe von rund 225.000 Euro/462.000 Euro. Wählt man die Pauschalbesteuerung, dann greift § 2 AStG aufgrund des Art. 4 Abs. 6 DBA. Es ergibt sich im Jahr des Wegzugs und in den zehn Folgejahren eine gesamte Steuerbelastung von rund 290.000 Euro/527.000 Euro pro Jahr.
Fazit
Der besondere Vorteil eines Wegzugs in die Schweiz liegt in der Möglichkeit der sogenannten Pauschalbesteuerung. Doch kann bereits der Steuervorteil im Rahmen der ordentlichen Besteuerung viel günstiger sein als in Deutschland. Zu berücksichtigen ist, dass der jeweilige Steuervorteil gegebenenfalls erst dann eintritt, nachdem Deutschland kein Besteuerungsrecht mehr hat. Bis dahin wird die Steuer durch den Wegfall des Ehegattensplittings sogar noch steigen. Daneben ist der gewählte Kanton des Altersruhesitzes maßgeblich, denn je nach Kanton kann es zu erheblichen Abweichungen kommen. Auch ist zu bedenken, dass sich der Steuervorteil durch höhere Lebenshaltungskosten in der Schweiz wieder minimiert. Ob sich ein vollständiger Wegzug in die Schweiz lohnt, sollte gut überlegt und rechtzeitig geplant sein.
Dr. Bob Neubert,
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater sowie Gesellschafter,
BANSBACH GMBH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft
Kerstin Eisenreich,
Steuerberaterin und Prokuristin,
BANSBACH GMBH, Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft