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Arbeitszeugnis: Arbeitgeber muss unterdurchschnittliche Bewertung beweisen

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Bescheinigt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter im Arbeitszeugnis eine nur unterdurchschnittliche Arbeitsleistung, trifft den Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast, dass die Leistung tatsächlich unterdurchschnittlich war. Gelingt ihm dieser Nachweis nicht, kann der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Zeugnisberichtigung durchsetzen. Das zeigt ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG Köln, Urteil vom 12.09.2023, Aktenzeichen 4 Sa 12/23).

Mitarbeiter störte sich an Formulierungen

Im konkreten Fall verlangte ein Arbeitnehmer eine Korrektur seines Arbeitszeugnisses. Er störte sich zum einen an einer Formulierung, die wie folgt lautete: „Er hat sich engagiert in den ihm gestellten Aufgabenbereich eingearbeitet und verfolgte die vereinbarten Ziele nachhaltig.“ Der Mitarbeiter war der Meinung, ihm müsse attestiert werden, dass er die vereinbarten Ziele „nachhaltig und erfolgreich“ verfolgte. Ließe man die Formulierung „erfolgreich“ weg, so indiziere dies, er habe die ihm gesetzte Ziele nicht erreicht. Dies treffe nicht zu und erhalte zudem eine derart negative Bewertung, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, eine solche Schlechtleistung durch ihn zu beweisen.

Außerdem bemängelte der Arbeitnehmer die Formulierung „Herr F galt als Führungskraft, die es verstand, seine Mitarbeiter zu fördern, zu informieren und Aufgaben und Verantwortung zu delegieren.“ Hier sei zwingend zu ergänzen, dass er dies „in angemessenem Umfang“ getan habe, so der Arbeitnehmer. Die Bewertung könne sonst den Eindruck erwecken, er sei faul gewesen und habe Aufgaben in unangemessener Weise delegiert.

Der Arbeitgeber verteidigte seine Bewertung im Arbeitszeugnis. Die dort aufgeführte gute Gesamtbeurteilung sei bereits ein gewichtiges Entgegenkommen gewesen, da der Mitarbeiter keinesfalls vollumfänglich gute Arbeitsleistungen erbracht habe. Der Arbeitgeber war der Meinung, die Beurteilung im Arbeitszeugnis sei insgesamt gut. Deshalb obliege dem Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, wenn er eine bessere Benotung erreichen wolle.

Arbeitgeber trägt Darlegungs- und Beweislast für unterdurchschnittliche Leistungen

Das LAG Köln gab dem Kläger Recht. Demnach gilt hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast, dass der Arbeitgeber darlegen – und notfalls beweisen – muss, wenn er dem Arbeitnehmer nur eine unterdurchschnittliche Leistung bescheinigen möchte. Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber zumindest in den Passagen des Arbeitszeugnisses, die der Mitarbeiter korrigiert haben wollte, eine nur unterdurchschnittliche Leistung bescheinigt.

Nach Ansicht des LAG konnte der Arbeitgeber nicht schlüssig darlegen, dass der Mitarbeiter seine Aufgaben nicht erfolgreich absolviert habe. Das Gericht berief sich dabei auf ein Zwischenzeugnis aus dem Jahr 2019. Darin wurde dem Mitarbeiter bescheinigt, die vereinbarten Ziele nachhaltig und mit höchstem Erfolg verfolgt zu haben. Zwar sei es möglich, eine Abweichung vom Zwischenzeugnis vorzunehmen, wenn die spätere Leistung dies rechtfertigt, so das LAG Köln. Die vom Arbeitgeber vorgetragenen Umstände, aus denen sich eine Berechtigung zur Änderung der Formulierung ergeben könnte, überzeugten das Gericht jedoch nicht. Insofern sprach es dem Kläger einen Anspruch darauf zu, dass der Arbeitgeber ihm im Zeugnis attestiert, die von ihm erfüllten Aufgaben „erfolgreich“ absolviert zu haben.

Außerdem urteilte das LAG Köln, der Kläger habe einen Anspruch darauf, dass im Zeugnis formuliert wird, dass er Aufgaben in „angemessenem Umfang“ delegierte. Die Leistungsbewertung, man habe als Führungskraft Aufgaben und Verantwortung delegiert, sei als besonders unterdurchschnittlich zu bewerten, weil sie bescheinigt, dass der Mitarbeiter offenbar faul war. Dass dies den Tatsachen entspricht, konnte der Arbeitgeber nach Auffassung des Gerichts aber nicht ansatzweise darlegen.

ist freier Journalist aus Biberach/Baden und schreibt regelmäßig News und Artikel aus dem Bereich Arbeitsrecht.